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Glenraven

Glenraven

Titel: Glenraven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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auf englisch, was Jay vorher auf galti gesagt hatte.
    Wieder hob der kleine Mann die Augenbrauen und schürzte die Lippen. »Ihr sucht eine Unterkunft für die Nacht? Hier? Habt Ihr denn kein Zimmer?«
    »Nein. Das haben wir nicht«, erwiderte Sophie. »Und unser Reiseführer behauptet, daß dies hier der beste Gasthof in ganz Zearn sei.«
    Sein Nicken deutete an, daß daran kein Zweifel bestand. »Wenn Ihr schon einmal hier seid, dann sollt Ihr auch ein Zimmer bekommen. Zum Glück ist der Herr vor kurzem eingetroffen. Ich nehme an, es hat ein Mißverständnis gegeben; aber er wird sich darum kümmern. Da bin ich ganz sicher.«
    Wenn er sprach, wirkte der Portier, als hätte man ihn schlecht synchronisiert. Sein Englisch war absolut fehlerfrei und vollkommen ohne Akzent. Seine Aussprache besaß noch nicht einmal diese eigentümliche Steifheit, die Sophie bei Menschen bemerkt hatte, die eine Sprache zwar gut, aber erst sehr spät in ihrem Leben gelernt hatten. Sie vermißte die übertriebene Perfektion und Präzision eines Nicht-Muttersprachlers. Der Mann klang wie ein typischer Amerikaner. Aber Sophie konnte nicht erkennen, wie er das machte. Seine Lippen formten Worte, die nichts mit den Klängen zu tun hatten, die aus seinem Mund kamen.
    Der Mann trat aus der Tür und pfiff. Einen Augenblick später rannte ein Junge herbei. Das Kind war zwischen neun und zehn Jahre alt.
    Der Portier gab ihm rasch ein paar Anweisungen - auf englisch, wie Sophie bemerkte. Der Junge nickte, grinste und antwortete auf galti. Er blickte mit leuchtenden Augen zu den Pferden und streckte die Hand aus.
    Der Portier wandte sich wieder zu den Frauen. »Er wird Euch die Pferde abnehmen.«
    Ohne zu zögern, übergab Jay dem Stallburschen ihr Reittier. Sophie hielt ihre Zügel weiter fest in der Hand und blickte das Kind abschätzend an. Das Reiten war kein Vergnügen für sie gewesen. Es hatte Erinnerungen geweckt, die kaum zu ertragen waren. Sophie hatte es nur getan, weil ihr nichts Besseres eingefallen war, nachdem man ihr das Fahrrad weggenommen hatte. Obwohl seitdem nur ein einziger Tag vergangen war, hatte Sophie bereits eine Beziehung zu ihren Tieren aufgebaut. Sie mochte das wohlerzogene Reitpferd und das ebenso gute Packtier. Sophie war der Meinung, daß die Pferde etwas mehr Fürsorge verdienten, als ihnen ein kleiner, geschäftiger Junge bieten konnte. Sie lächelte den Portier entschuldigend an. »Ich bin sicher, daß er seine Arbeit gut macht«, log sie, »aber ich würde mich doch lieber selbst um meine Pferde kümmern. Ich bin da etwas empfindlich.«
    Der Portier lachte leise vor sich hin. Er schien Sophie für unglaublich exzentrisch zu halten. »Ich bin sicher, daß die Besitzer der Tiere Eure Fürsorge zu schätzen wissen, Madam, aber diese vier Pferde gehören uns. Seht Ihr das Brandzeichen?« Sophie nickte. Sie hatte sich schon die ganze Zeit gefragt, was es bedeuten mochte. »Das ist das Zeichen der Sarijann. Sie kommen zwar aus dem Gestüt in Reikstor… aber sie sind und bleiben Eigentum der Sarijann. Ich kann Euch versichern, daß man sie gut behandeln wird.«
    Sophie spürte, wie sie errötete. »Tut mir leid«, murmelte sie. »Das habe ich nicht gewußt.« Was hatten sie und Jay mit Pferden zu tun, die der königlichen Familie gehörten, oder wie immer man das hier auch nennen mochte? Sophies Unsicherheit verstärkte sich noch.
    Während der Junge die Pferde wegführte, bat der Portier die beiden Frauen einzutreten. »Hier entlang.«
    Sie folgten ihm in ein sehr geräumiges Foyer. Das ist keine durchschnittliche Pension, dachte Sophie. Licht fiel durch bunte Fensterscheiben und auf wunderschöne Gobelins, auf denen Jäger bei der Hirsch- und Bärenjagd sowie Schlachtszenen festgehalten waren. Zwischen den Wandteppichen und dem Balkon, der die gesamte Halle umlief, baumelten Lanzen und Schilde an den Wänden. Oberhalb des Balkons hingen ausgestopfte Tierköpfe.
    Das war kein Raum - das war ein Abenteuer.
    »Sehr nett dekoriert«, sagte Jayjay und schniefte.
    Sophie nickte. Der Anblick hatte ihr die Sprache verschlagen. Ihr Blick blieb an den ausgestopften Köpfen hängen. Sophie erkannte Wölfe, Hirsche, Bären und eine Art riesigen Elch; aber dazwischen erblickte sie merkwürdige Köpfe von hundeartigen Tieren mit buschigen Ohren und engstehenden, fast menschlichen Augen, die ihr unbekannt waren.
    Sophie hielt an, um in die Gesichter dieser Tiere zu blicken. Ihr wurde schlecht. Sie würgte, schluckte kurz und wandte

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