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Glenraven

Glenraven

Titel: Glenraven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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hatte.
    Trotz seiner Furcht war Matthiall nicht imstande, sich ausschließlich auf seine Flucht zu konzentrieren.
    Diese Jayjay faszinierte ihn. Sie zog ihn beinahe magisch an. Als er ihr zum ersten Mal in die Augen geblickt hatte, da war es ihm beinahe so vorgekommen, als würde er sie kennen - obwohl das natürlich unmöglich war. Er hatte nur selten Kontakt zu Machnan gehabt, und zu Jayjay ganz bestimmt nicht. Doch sie brachte eine Saite in ihm zum Schwingen. Ihre lebhafte Stimme, ihre aufrechte Haltung, als sie mit dem Stein in der Hand überlegt hatte, ob er Freund oder Feind war, ihre leuchtenden Augen… Matthiall kannte… kannte … jedes dieser Merkmale, als wäre es ein Teil von ihm.
    Obwohl er Jay im Augenblick nicht ansah, spürte Matthiall ihre Anwesenheit… wie die Berührung einer Geliebten.
    Wer war sie? Wie war sie zu ihm gekommen?
    Und was bedeutete ihr Erscheinen?

KAPITEL SIEBENUNDDREISSIG
     
    Eine Welle magischer Energie durchflutete Yemus. Er lag auf seiner kleinen Pritsche und beobachtete die letzten Sonnenstrahlen durch das kleine Fenster, das die Maurer für ihn offengelassen hatten. Yemus setzte sich auf, während die Energie immer stärker wurde - sie drang durch ihn hindurch, ließ sein Herz schneller schlagen und seinen Mund austrocknen. Irgend etwas war geschehen. Irgend etwas hatte sich verändert… zum Guten hin. Yemus konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal gespürt hatte, wie Glenravens Magie zunahm, statt zu schwinden.
    »Was geschieht hier?« flüsterte er und trat an das kleine Fenster. Yemus stellte sich auf die Zehenspitzen und blickte hinaus. Vielleicht konnte er einen Grund für diese Veränderung erkennen.
    Die Vorderseite der Aptogurria lag an einer ruhigen Straße, weit weg vom Zentrum der Stadt. Seit den Zeiten, als Zearn noch in den Händen der Kin war, hatten alle Zauberer die ruhige Umgebung als inspirierend empfunden. Yemus verfluchte die Ruhe. Sie hielt ihn davon ab, am Leben teilzunehmen. Yemus konnte nicht einmal anderen dabei zusehen… und er hatte keine Möglichkeit mehr, Neuigkeiten aus der Welt zu erfahren, die ihn hier eingesperrt hatte.
    Die Straße war menschenleer. Ein hagerer Gassenköter lag mitten auf den Pflastersteinen. Ein ganzes Stück weiter saß ein Kind auf der steinernen Treppe seines Elternhauses und bastelte an einer Holzpuppe.
    Nichts - nichts, nichts, nichts, nichts. Von Yemus’ Standpunkt aus betrachtet hätten er und das Kind die letzten lebenden Machnan sein können. Trotzdem verzweifelte er nicht. Yemus konnte zwar nichts sehen , aber er konnte noch immer fühlen - und er hatte gefühlt, wie sich Glenravens todkrankes Herz wieder gerührt hatte. Das war zwar noch kein Beweis dafür, daß seine Welt überleben würde, aber Yemus schöpfte neue Hoffnung.
    Es gibt Zeiten, dachte er, da ist die Hoffnung mehr wert als Wasser, Nahrung oder der beste Freund. Dies hier war so eine Zeit.

KAPITEL ACHTUNDDREISSIG
     
    Jayjay bildete die Nachhut der kleinen Karawane, die von Matthiall angeführt wurde. Der Kin führte die beiden Frauen durch längst vergessene Tunnel, wo das Gras weder lebte noch starb. Eine dicke Staubschicht lag auf den Felsen, und die künstlichen Sterne waren schon seit Ewigkeiten erloschen, weil sich niemand mehr um sie gekümmert hatte. Jayjay ging etwas langsamer und nahm ihre Taschenlampe aus dem Rucksack. Der Korridor, durch den sie gerade eilten, wurde von wunderbar gearbeiteten Wänden und Torbögen eingerahmt. Jay fühlte beinahe, wie der Ort unter der Verwahrlosung litt. Der Geruch von Staub und Dreck stieg ihr in die Nase, und das schwankende Licht der Taschenlampe warf tanzende Schatten an die Wand, die auf beängstigende Weise lebendig wirkten. Sie rannten; und nur hin und wieder, wenn die Stimmen ihrer Verfolger durch die langen Korridore hallten, legten sie eine kurze Pause ein. Schließlich blieb Matthiall bei einem der steinernen Büsche stehen. »Hier entlang.« Er steckte die Hand in einen der steinernen Bäume, und Jay hörte ein leises Klicken. Ein schmaler, dunkler Riß erschien in der Wand. Die kleine Öffnung verbreiterte sich schnell, als die Steinwand zur Seite glitt und einen Durchgang freigab - alles geschah vollkommen lautlos. Jayjay fragte sich, welche Handwerkskunst imstande war, ein solches Wunder zu vollbringen. Man hatte hier eine unsichtbare Tür gebaut, die noch nach Jahrhunderten der Verwahrlosung leise und fehlerlos funktionierte. Aber vielleicht war es gar nicht so

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