Gletschergrab
welchen Zweck die Flüge im Einzelnen verfolgten. Vielleicht waren es nur reguläre Aufklärungsflüge. Vielleicht hat man nach etwas gesucht.
Vielleicht sollten Bilder vom Gletscher aufgenommen werden.
Nichts Besonderes, wie ich sagte. Nichts Gefährliches. Nichts, was die amerikanische Nation bedroht.«
»Aufklärungsflüge? Flüge, um Fotos zu machen?«, sagte Arnold, der seine schlechte Laune nicht verbergen konnte. »Du 121
hast sie nicht mehr alle.«
»Oder Bruchlandungen. Abstürze auf dem Gletscher. Etwas in der Art. Piloten, die etwas von Flügen über den Gletscher wissen könnten. Du verstehst, alles, was damit zu tun haben könnte.«
Arnold schüttelte den Kopf, und sie folgten ihm die Treppe hinunter in die zweite Etage. Er ging an einer Schrankreihe entlang, wurde langsamer und blieb stehen. Er drehte sich um, ging in die unterste Etage und verschwand dort zwischen den Schrankreihen. Er holte eine Sammelbox herunter und öffnete sie. Schloss sie wieder. Sie kamen zu einem großen Aktenschrank, und Arnold zog ein Register heraus.
»Hier ist etwas«, sagte er zu Steve. »Eine Dokumentation über die Aufklärungsflüge vor 1965. Über die alten U-2-Aufklärungsflugzeuge. Später sind Satelliten benutzt worden.«
Arnold wich zurück, als wolle er nicht tiefer in die Sache hineingezogen werden als unbedingt nötig. Er erklärte, oben am Eingang auf sie warten zu wollen, und verschwand. Steve beugte sich über das Register.
»Mal sehen … hier haben wir … nichts. Nur irgendeinen Quatsch über die regulären Aufklärungsflüge über den Norden des Landes. Nichts über den Vatnajökull. Nichts über fotografische Dokumentationen.« Steve vertiefte sich genauer in die Mappen.
»Protokolle über Reparaturen!«, stöhnte er. »Technikquatsch.
Moment, hier stehen aber die Namen von ein paar Piloten«, sagte er. Es war eine ganze Liste. Steve nahm Stift und Zettel heraus und notierte sich die Namen.
»Arnold ist ja eine richtige Stimmungskanone«, warf Kristín ein.
»Ich kenne keinen, der so viel Dope hier in die Basis schmuggelt wie er«, sagte Steve direkt.
»Oh«, sagte Kristín. »Der Bibliothekar höchstpersönlich?«
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»Ein Wolf im Schafspelz.«
»Was hast du ihm erzählt?«
»Irgendeine Lüge darüber, dass du ein, wie nennt ihr das?
Amikind? Ein Amikind bist. Dass du auf der Suche nach deinem Vater bist.«
»Einem Piloten?«
»Genau.«
»Erschien ihm die Uhrzeit nicht etwas ungewöhnlich für so eine Suchaktion?«
»Sie sind bestimmt alle längst tot, diese Kerle«, sagt Steve und gab ihr keine Antwort. Er war immer noch damit beschäftigt, die Namen der Piloten zu notieren.
»Was steht in den Akten?«
»Daraus geht gar nichts hervor. Sie berichten nur über die regulären Aufklärungsflüge. Sehr beschränkte Informationen.
Sie bewahren natürlich nichts von Bedeutung hier im Keller auf.«
»Nichts über den Vatnajökull? Oder Fotos?«
»Hier nicht.«
»Könnte Arnold mehr wissen?«
»Es schadet nicht, ihn zu fragen. Ich will wissen, ob wir irgendetwas über diese Piloten haben.« Er schloss seine Notizen ab.
Arnold trat an der Tür von einem Bein auf das andere, als sie wieder nach oben kamen. Steve bat sie, einen Moment zu warten, ging zu ihm hinüber und redete unter vier Augen mit ihm. Arnold war inzwischen überaus nervös und sah alles andere als vergnügt aus. Sie stritten eine Weile, dann kam Steve wieder zu ihr hinüber.
»Er weiß nichts über den Vatnajökull, und ich glaube ihm. Wir haben fünf Minuten, um bei ihm im Computer die Namen dieser 123
Piloten zu suchen.«
Arnold ging fluchend vor ihnen einen langen Gang entlang, öffnete die Tür zu seinem Büro, tastete sich voran und schaltete den Rechner ein. Er ließ das Licht ausgeschaltet. Das blaue Licht des Bildschirms tauchte das Zimmer in ein dumpfes Schummern. In kürzester Zeit waren sie im Verzeichnis über die Angehörigen des Militärs und tippten einen Namen nach dem anderen ein. Kristín bezog wieder Posten am Fenster. Sie fürchtete sich zu Tode, dass irgendjemand den Schein des Computers bemerken würde.
»Sie sind entweder tot und begraben oder schon lange in die USA zurückgekehrt«, sagte Steve am Computer und tippte noch einen Namen ein. Arnold war aus dem Zimmer gegangen.
»Was zum Teufel ist da oben auf dem Gletscher?«, sagte Kristín wie zu sich selbst. »Was hat Elías gesehen?«
»Warte mal, hier haben wir was. Michael Thompson.
Pensioniert. Lebt immer noch hier auf der
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