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Gletschergrab

Gletschergrab

Titel: Gletschergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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Basis. Pilot. 1921
    geboren. Ist seit den sechziger Jahren hier auf der Basis in Keflavík stationiert. Er wohnt ganz in der Nähe. Komm«, sagte Steve und sprang vom Stuhl auf. »Wir müssen den armen Kerl aufwecken. Vielleicht hat er ein paar Antworten für uns.«
    Sie gingen denselben Weg zurück, den sie gekommen waren.
    Arnold war nirgendwo zu sehen. Es schneite immer noch ununterbrochen, und die Dunkelheit diente ihnen als Schutz. Der Weg führte sie in das älteste Viertel der Basis. Die Basis in Island war sehr klein und im Vergleich zu anderen Stützpunkten, die die Amerikaner rund um die Welt errichtet hatten, gering bemannt. Hier waren nie mehr als 4.000 bis 5.000
    Soldaten stationiert gewesen, und seit Ende des Kalten Kriegs hatte sich ihre Zahl stark verringert. Viele Wohnhäuser standen leer und wurden nicht mehr in Stand gehalten, besonders im ältesten Viertel. Sie wateten bis zum Knie durch den Schnee abseits der öffentlichen Wege und sahen sich besorgt um, bis sie 124

    nach kurzer Zeit ihr Ziel erreichten. Auf dem Weg sprachen sie nur ein einziges Mal miteinander, als Steve seiner Verwunderung Ausdruck verlieh, dass Michael Thompson immer noch auf der Basis lebte. Die meisten, die nach Island geschickt wurden, leisteten ihren Dienst dort ab – drei Jahre im Höchstfall – und waren dann über alle Maßen glücklich, wenn sie auf einen anderen Stützpunkt versetzt wurden, mit Vorliebe in südlichere Breiten.
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    An der Türklingel stand Thompsons Name. Steve klingelte.
    Thompson wohnte in einem Häuserblock ähnlich dem von Steve, nur wirkte er mehr heruntergekommen. Er war seit Jahren nicht mehr in Stand gesetzt worden. Der Putz blätterte großflächig ab, sodass darunter der nackte Beton zum Vorschein kam. Die Lampe über der Eingangstür war kaputt. In dem Block schienen nur noch wenige Wohnungen bewohnt zu sein.
    Steve drückte noch einmal auf den Klingelknopf. Sie warteten und sahen sich wieder besorgt um. Er klingelte noch einmal und ließ dieses Mal seinen Finger so lange auf der Klingel, bis Kristín ihm auf die Hand schlug. Kurz darauf ertönte ein Knarzen in der Gegensprechanlage, und eine dünne, brüchige Stimme sagte zögernd hallo.
    »Michael Thompson?«, fragte Steve.
    »Ja«, kam es aus der Gegensprechanlage.
    »Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie mitten in der Nacht aus dem Bett klingele, aber ich muss dringend mit Ihnen sprechen.
    Darf ich reinkommen?«, fragte Steve so leise wie möglich.
    »Was?«
    »Darf ich reinkommen?«
    »Was ist los?«
    »Bitte lassen Sie mich rein.«
    »Was möchten Sie denn? Ich versteh das nicht ganz.«
    »Es geht um den Vatnajökull.«
    »Was?«
    »Vatnajökull«, sagte Steve. »Ich möchte Sie etwas über die Flugbewegungen über dem Vatnajökull fragen. Ich weiß, dass das jetzt sehr unerwartet kommt und ganz idiot…«
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    »Flugbewegungen?«
    »Es geht um Menschenleben. Bitte machen Sie doch auf.«
    Nach einer kurzen Stille und ein paar kratzenden Geräuschen in der Sprechanlage summte der Türöffner. Steve drückte die Tür auf und ließ Kristín herein. Sie machten kein Licht im Treppenhaus und tasteten sich am Treppengeländer entlang nach oben. Michael Thompson wohnte im zweiten Stock. Sie klopften leicht gegen seine Tür, worauf Thompson sofort öffnete und sie zu sich hineinließ. Er war in einen Bademantel und Pantoffeln geschlüpft. Seine Beine lugten leichenblass und knochig unter dem Bademantel hervor. Er war dürr und ging gebeugt. Sein Clark-Gable-Oberlippenbart war schon vor langer Zeit schlohweiß geworden und hob sich kaum von dem bleichen Gesicht ab.
    »Es muss sich ja um eine dringliche Angelegenheit handeln, wenn Sie mitten in der Nacht so bei mir hereinplatzen«, sagte Thompson und ging vor ihnen ins Wohnzimmer. Sie setzten sich auf ein schmales schwarzes Ledersofa, während er sich einen Stuhl heranzog und sie abwechselnd ansah.
    »Mein Bruder hat mich heute Abend angerufen«, begann Kristín und hatte dabei das Gefühl, das alles könne genauso gut schon einen Monat zurückliegen. »Er nahm gerade an einer Übung auf dem Vatnajökull teil, als er dort Soldaten und ein Flugzeug gesehen hat. Daraufhin ist die Verbindung abgebrochen, und seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört.
    Kurz darauf haben zwei Amerikaner versucht, mich in meiner Wohnung in Reykjavik umzubringen. Ich konnte entkommen und habe bei Steve Hilfe gesucht, weil sie von einer Verschwörung in Reykjavik gesprochen haben. Und wenn Soldaten auf

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