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Gletschergrab

Gletschergrab

Titel: Gletschergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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amerikanischen Streitkräfte in Keflavík und an seiner Seite der kommissarische Geschäftsträger in der amerikanischen Botschaft, General Immanuel Wesson.
    Es war neun Uhr abends. Der Premierminister war um die Abendbrotzeit von der Polizei und der Flugleitzentrale benachrichtigt worden. Eine Mannschaft der Bergnotrettungsgesellschaft, die sich auf dem Vatnajökull befand, hatte gemeldet, dass auf dem Gletscher bewaffnete amerikanische Soldaten gesichtet worden seien. Zwei Mitglieder der Mannschaft waren wahrscheinlich mit ihnen in Berührung gekommen. Diese beiden Männer wurden später in einer Gletscherspalte aufgefunden, der eine tot, der andere schwer verletzt mit geringen Überlebenschancen. Der Überlebende hieß Elías und war der Bruder einer gewissen Kristín, die spurlos verschwunden war und in ihrer Wohnung die Leiche eines Mannes hinterlassen hatte, Randolf Zophóníasson. Die Suchmeldung war in allen isländischen Zeitungen veröffentlicht worden. Kristín war wahrscheinlich in die Schießerei im Zentrum von Reykjavik verwickelt gewesen. Es hieß, dass zwei oder mehr Amerikaner ebenfalls daran beteiligt waren, von denen einer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert worden war.
    Der andere hatte das Weite gesucht. Es war nicht bekannt, wo Kristín sich zurzeit aufhielt.
    Außerdem erhielten die Regierungsstellen die 224

    Benachrichtigung, dass zwei Hubschrauber der amerikanischen Streitkräfte aufgestiegen waren und an der Südküste entlang Richtung Osten flogen. Weder Anlass noch Ziel des Einsatzes waren bekannt gegeben worden, und man hatte nicht um die Genehmigung ersucht, mit den Hubschraubern isländisches Hoheitsgebiet überfliegen zu dürfen, wie es in solchen Fällen erforderlich war. Der Premierminister war ebenfalls informiert worden, dass der Hubschrauber der isländischen Küstenwache unterwegs war, um die beiden Männer zu bergen, die man in der Gletscherspalte gefunden hatte; es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die amerikanischen Verteidigungstruppen nicht auf den Notruf der Rettungsmannschaft auf dem Gletscher reagiert hatten, was als unerhörter Zwischenfall eingestuft wurde. Auf dem Gletscher hatte ein Schneesturm getobt, der sich jetzt aber zu legen schien, und die Teilnehmer an der Rettungsübung waren unterwegs zu dem Teil des Gletschers, wo das Militär operierte. Die Vorfälle auf dem Vatnajökull sprachen sich schnell herum. In den Abendnachrichten des Rundfunks wurde bereits darüber berichtet, dass es einen Unfall auf dem Gletscher gegeben habe und dass amerikanische Truppeneinheiten ganz in der Nähe des Gebiets gesichtet worden wären, wo eine isländische Rettungsmannschaft eine Übung abhielt.
    Nachdem dem Premierminister abends diese Informationen unterbreitet worden waren, beabsichtigte er, den Admiral zu einer Unterredung zu bitten, aber der kam ihm zuvor. Er rief den Premierminister an und bat um ein Treffen, das keinen Aufschub duldete. Dem Premierminister wurde klar gemacht, dass das Treffen unter allen Umständen geheim bleiben und außerhalb von Reykjavik stattfinden müsse. Der amerikanische Verteidigungsminister sei bereit, sich per Telefon in das Gespräch einzuschalten, falls gewünscht. Der Premierminister war einigermaßen überrascht. Obwohl ihm bereits beim ersten Meeting klar geworden war, dass die Angelegenheit sehr heikel 225

    für die Amerikaner war, schien es ihm zum gegenwärtigen Zeitpunkt aussichtslos, die Vorgänge auf dem Gletscher noch länger geheim zu halten. Er machte die beiden Amerikaner mit seinem Justizminister bekannt und erklärte, dass er über die Sache informiert sei. Anschließend ging er die Informationen durch, die ihm in Bezug auf die Vorfälle auf dem Gletscher und in Reykjavik vorlagen. Die Amerikaner hörten sich das schweigend an.
    »Befinden sich bewaffnete amerikanische Soldaten auf dem Gletscher?«, fragte der Premierminister, nachdem er mit seinen Ausführungen zu Ende war. Es hatte eine kühle Begrüßung gegeben, als die Amerikaner eintrafen. Der Admiral schien wie auf Nadeln zu sitzen, der General hingegen zeigte keinerlei Regung. Im Gegensatz zu dem Admiral trug er seine Uniform.
    Die Isländer waren leger in Jeans und Pullover gekleidet.
    »Sie wissen, weshalb die Soldaten auf dem Gletscher sind«, antwortete der Admiral. »Sie kennen unsere Statements. Es handelt sich um ein kurzfristig anberaumtes Manöver, gemeinsam mit belgischen und holländischen Truppen, und wir haben einen Flugzeugabsturz

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