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Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Titel: Gletscherkalt - Alpen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan König
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Sie nicht
möglich machen, dass ich ihn erreiche noch heute, irgendwie? Oder morgen? Wohin
ist er denn überhaupt? Ich könnte entgegenkommen.«
    Sie überlegte einen Augenblick. Der Mann war komisch. Andererseits …
Ein guter Auftrag vielleicht, und viele Bilder hat er ja, müsste gar nicht
losziehen, sondern nur im Archiv suchen. Leicht zu machen …
    »Er wollte zur Kasseler Hütte in den Zillertalern«, sagte sie. »Doch
sie werden ihn dort nicht treffen. Er treibt sich irgendwo oberhalb herum, um
Gletscher zu fotografieren. Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass Sie ihn
treffen. Aber wenn es doch so brisant ist …«
    »Oh«, sagt der Mann. »Das ist große Hilfe, wirklich. Da bin ich sehr
dankbar.«
    »Werden Sie ihn überhaupt erkennen?«, fragte sie.
    »Ich kenne ihn«, sagte der Anrufer.
    Als sie dann noch etwas sagen wollte, war es zu spät. Er hatte
bereits aufgelegt.
    Es war für ihn nicht schwierig gewesen, alles herauszufinden,
was er über Tinhofer wissen musste. Er fuhr ins Lohbach-Viertel nahe dem
Innsbrucker Flughafen, stellte den geraubten Polo ab, lief herum. Er musste
nicht lange suchen, bis er einen Internet-Shop fand. Für zwei Euro konnte er
eine Stunde lang herumsurfen, doch so viel Zeit war gar nicht nötig. Nach
fünfundzwanzig Minuten wusste er alles, was er wissen musste.
    Die eigene Website wies Tinhofer als renommierten
Landschaftsfotografen aus. Es gab eine Vita (die allerdings nichts von seinem
fotojournalistischen Vorleben berichtete), eine Fotogalerie, eine
Zusammenstellung seiner wichtigsten Publikationen und seine vollständige
Adresse samt Telefonnummer. Er war bekannt, aber er war bei Weitem nicht
prominent genug, um seinen Wohnsitz verschweigen zu müssen.
    Er war sich natürlich nicht völlig sicher, ob er es mit dem
Richtigen zu tun hatte. Ob Tinhofer wirklich der Mann war, den er finden
musste. Und den er töten sollte. Es bedurfte aber lediglich einer kurzen Google-Recherche,
um diese Zweifel auszuräumen. Es gab Treffer, die Tinhofer als Pressefotografen
auswiesen, es ließ sich problemlos die Verbindung zum »Tiroler Stern«
herstellen, und auf Fotos, die ihn in jüngeren Jahren zeigten, war er
zweifelsfrei als jener Tinhofer zu erkennen, der sich später einen Namen mit
Landschafts-und Bergfotografie gemacht hatte.
    Nach dem Telefonat mit Tinhofers Frau, das er in einer Kneipe unweit
des Internet-Shops hatte führen können, überlegte er kurz, ob er noch einmal in
den Internet-Shop fahren sollte. Er hatte keine Ahnung, wo diese Kasseler Hütte
stand. Er wusste nicht einmal, wo das Zillertal zu suchen wäre. Doch er verwarf
diese Idee: Er ließ sich im Augenblick nicht allzu gern zweimal an derselben
Stelle sehen.
    Dieses Problem löste sich allerdings beinahe von selbst. Im
Handschuhfach des Wagens fand er einen Autoatlas. Er wusste zwar nicht, nach
welchem Ort er suchen sollte, und »Zillertal« stand nicht im Register. Er
blätterte durch die Seiten, die der Region zwischen Landeck im Westen und
Kufstein im Osten gewidmet waren. Es war eine Straßenkarte, keine Karte für
Bergsteiger. Nichts zu sehen von der Kasseler Hütte, vom Zillertal, von alldem.
Doch dann hatte er Glück: Gelb unterlegt und damit als Sehenswürdigkeit ausgewiesen,
stand da: »Zillertalbahn«. Mehr musste er nicht wissen. Alles Weitere würde er
in Fügen oder Zell erfahren, bestimmt würde er dort Tourist-Infos finden und
sich ohne aufzufallen nach seinem Ziel erkundigen können.
    Als er den aufgeschlagenen Atlas auf den Beifahrersitz legte, fiel
ihm ein Blatt Papier auf, das aus dem Handschuhfach gefallen sein musste und
nun auf der Fußmatte lag. Er bückte sich, hob es auf und las: » ICE . In Case of Emergency – Im Falle, dass mir etwas
zustößt, sollen die folgenden Personen verständigt werden …« Handschriftlich
waren Namen und Verwandtschaftsverhältnisse in den vorgesehenen Feldern
eingesetzt worden – Sohn, Schwester –, außerdem Telefonnummern und Adressen.
    Er las den Namen des Sohnes, Heinrich, und den der Schwester,
Renate. Dann knüllte er das Blatt zusammen und warf es hinaus.
    Viel Zeit hatte er nicht, wollte er am selben Tag noch in dieses
Zillertal. Wer weiß, wie lange man zu dieser Hütte braucht, dachte er.
    Er hätte gern irgendwo etwas gegessen und in Ruhe Kaffee getrunken.
Stattdessen besorgte er sich an einer Tankstelle Kaffee im Plastikbecher und
eine Semmel mit Wiener Schnitzel drauf. Außerdem kaufte er eine Literflasche
Cola, ein Fläschchen Asbach und zwei

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