Glitzerbarbie
lesen.
»Einen schönen guten Tag, schön dass Sie eingeschaltet ha … «
»Stopp!« Das war doch die zwei! »Deine Nase wirft Schatten!«
Das ist Hubsi. »Wir müssen da was reinsetzen!« Zwei Frauen kommen zu mir und reißen mir den Kopf hoch, um mir zwei metallige Teile in die Nasenlöcher zu schieben. »Das reflektiert das Licht nach innen, nicht mehr nach außen«, meint eine. Hoffentlich sehe ich jetzt nicht so aus, als ob mich eine Glühbirne von innen anleuchtet. » OK . Weiter im Text.«
Ich schwadroniere also in die hoffentlich richtigen Kameras und sage dann: »Herzlich willkommen, Sigrid Palm aus Bergisch-Gladbach.«
Eingeblendeter Applaus. Ich stehe auf, um meinen Gast persönlich zu begrüßen, und verheddere mich prompt in einem Kabel, das auf der Erde herumliegt. Das Malheur wird behoben, und eine Frau kommt in Riesenschritten auf mich zu. Ich gebe ihr die Hand, um sie im nächsten Moment angeekelt zurückzuziehen. Die Hand ist klebrig, und Haare befinden sich daran, Hunde- und Katzenhaare. Die ganze gedrungene Gestalt stinkt nach Hund und Katze. Widerlich. Da, der Aufnahmeleiter rümpft auch schon die Nase.
»Sigrid«, beginne ich. »Mit wie vielen Tieren lebst du denn zusammen?«
Sigrid holt Luft. »Na, mit gut vierhundert. So genau lässt sich das nicht zählen, weil ja immer Welpen und Katzenbabys dazukommen, nicht?, und es ist jeden Tag wieder eine Freude mit meinen Tieren, nicht?, und … «
»Schön«, unterbreche ich sie. »Aber sag mal, wie groß ist denn die Wohnung?«
»Na, 45 Quadratmeter«, sagt Sigrid. Auf meine Frage, ob das nicht ein wenig eng sei, schüttelt sie den Kopf und behauptet, es herrlich zu finden, eine solch enge Bindung zu ihren Tieren zu haben. Und wenn eins stirbt, wird es in der Wohnung begraben.
Hä? Wie kann man ein Tier denn in der Wohnung begraben? Ist da ein Garten dabei? »Aber nein, aber nein«, Sigrid ist entrüstet. »Ich habe doch einen Bettkasten.« Ach du liebe Güte. So erfahren wir noch, dass die Nachbarn von Sigrid alle böse zu ihr sind und auch das Tierheim schon gedroht hat, ihre Wohngemeinschaft aufzulösen, aber Sigrid hat eine gute Rechtsschutzversicherung und wird den Kampf aufnehmen. Ich sage: »Na ja, es sind ja wirklich eine Menge Tiere, und sicher ist die Wohnung auch nicht immer sauber«, aber Sigrid sagt, dass sie selbst gern lebt wie ein Hund. Sie säubert sich auch selbst mit ihrer Zunge.
Ich lasse das dann so stehen und begrüße meinen nächsten Gast (in die drei, dann in die vier, dann die sieben), den Messie, der Georg heißt und aussieht wie Christopher Lee in »Dracula«. Er hat so lange Zähne, dass mich das ganz wahnsinnig macht. Georg berichtet von seiner Sammelwut. Er ist besonders stolz darauf, dass er sich aus den ganzen Tetrapak-Milchtüten ein Hochhaus bauen könnte, wenn er wollte. Und er hat so viele Zeitungen gesammelt, dass man Düsseldorf flächendeckend damit auslegen könnte. Aber nicht, dass er zwischen seinen Sachen nichts finden würde. Ein Handgriff, und alles ist parat. »Wenn jemand zu mir sagt: ›Hol mal die Schale von der Mandarine, die
du 1985 bei einer Folge von Aktenzeichen XY ungelöst gegessen hast, ist das kein Problem«, erzählt er stolz. Und
danndieganzen-Joghurtbecher
. Da sind Marken dabei, die gibt’s heute schon gar nicht mehr. Das waren die, bei denen, wenn man den Deckel abgemacht hat, ein lustiges Männchen rausgesprungen ist. OK , es stinkt natürlich ein wenig, wenn sich die leeren, unausgewaschenen Joghurtbecher stapeln, aber an den Geruch gewöhnt man sich. Man gewöhnt sich schließlich an alles. Nur mit der Liebe klappt es so gar nicht. Meistens gehen die Frauen sofort, wenn sie kurz in seiner Wohnung waren, eine hat es eine Woche ausgehalten, ist dann aber auch geflüchtet, weil sie in einem Wandschrank Reste von Cornedbeef gefunden hatte, das in den späten siebziger Jahren von Georg gekauft wurde. Georg kann es bis heute nicht verstehen, dass Birgit damals Hals über Kopf von ihm weggelaufen ist. Er jedenfalls steht zu seinem Messietum, da kann kommen, was will. Nun gut. Jeder ist seines Glückes Schmied.
Dann gibt es eine kurze Pause, ich werde erneut abgepudert und von Hubsi daran erinnert, doch bitte gerade zu sitzen. Ich würde ständig mit den Schultern nach vorn fallen. Ich gelobe Besserung und bereite mich auf den Münchner Macho vor.
»Und nun begrüßen wir unseren letzten Gast für heute. Er findet Frauen Scheiße und meint, die gefallen ihm am
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