Glitzerbarbie
arabischen Ölscheichs, dann eine Frau, die ohne Geld lebt und so weiter. Eine andere Gästekategorie: Nymphomaninnen, Transvestiten, Fetischisten aller Art und und und oder oder oder. »Da bietet sich ein breites Spektrum an Möglichkeiten, wir müssen die ganze Bandbreite durchackern«, das ist der Redakteur, der jetzt spricht. Er sieht aus wie ein »Kreativer« aus einer Werbeagentur. Sein schwarzer Anzug ist ihm vier Nummern zu groß, er trägt dazu auch noch ein schwarzes
Hemd und eine anthrazitfarbene Krawatte mit Golfbällen und -schlägern drauf. Und er hat einen Karl-Lagerfeld-Zopf. Furchtbar. Er ist aber ganz nett und meint, wir sollten uns am besten duzen. Er hieße Felix. Der Glückliche.
Der Ablauf soll so sein, erklärt Felix, dass die Gäste nacheinander drankommen und dann nebeneinander auf Stühlen Platz nehmen. Geplant ist auch die Beteiligung von Experten und Psychologen.
Na, das ist ja mal ein
ganz
neues Konzept für eine Talkshow.
»So was hält den Zuschauer am Apparat«, Felix kennt sich aus.
Wir würden das aber dann gleich, nachdem ich in der Maske war, mal im OFF ausprobieren.
Sylvester nickt bei allem, was Felix sagt, und meint, wir müssten jetzt aber auch gleich mal los. Ich soll ja noch in die Maske, Maske, Maske.
Sylvester zahlt, und wir fahren zurück zu Strawberry. Das ist ein Riesenkomplex, im Erdgeschoss befinden sich die Aufzeichnungsstudios. Huch, sind das viele große Lampen. Eine Schar von Mitarbeitern kommt uns entgegen. »Das ist das Team«, sagt Sylvester und stellt uns vor. »Das ist Frau Schatz, meine Entdeckung des Jahres!« Wie peinlich. Aber alle sind sehr nett und motiviert. Sylvester gibt mir schon mal mein Manuskript in die Hand.
Dann muss ich aber erst mal in die Maske. Eine dralle Maskenbildnerin, die sich als Hilde vorstellt, macht mir ein Band ins Haar und reinigt mir die Gesichtshaut. Dann kleistert sie mich von oben bis unten mit Theaterschminke voll und pudert das Ganze zum Schluss noch ab. Meine Haut fängt sofort an zu jucken. Ich habe noch nie, noch nie Schminke vertragen. Hilde wickelt meine Haare auf Heißwickler und fängt dann an, mir Wimperntusche, Rouge und Lippenstift aufzutragen. Nach einer
Viertelstunde nimmt sie die Wickler raus. »Fertig!«, ruft sie stolz. Ich blicke in den Spiegel und erkenne mich nicht wieder.
Das soll ich sein? Verwundert beuge ich mich weiter nach vorn. Ich sehe ja richtig gut aus. Schmale Wangen, strahlende Augen und eine wahre Löwenmähne. Wenn die Schminke nur nicht so jucken würde.
Wir gehen zu Sylvester und dem Team, und alle sind begeistert.
Ich muss mich zum Einleuchten auf einen Stuhl setzen. Niemand hat mir gesagt, dass ich mich in eine Sauna setzen muss. Die Scheinwerfer brennen so heiß, dass ich unter der Schminke anfange zu schwitzen. »Abpudern!« Sofort kommt eine Praktikantin angerannt. Nach zehn Minuten frage ich mich, ob das wirklich alles so das Richtige ist für mich. Mir läuft in Strömen der Schweiß den Rücken runter, und unter meinen Armen bilden sich nasse Flecken.
Endlich ist die Einleuchtung vorbei. Für die Aufzeichnung hat das Team schon mal drei »Andere« gefunden, die meine Probegäste sind. Gast 1 : Eine Steuerfachgehilfin aus Bergisch-Gladbach, 56 Jahre alt, die mit ihren vierhundert Hunden und Katzen in einer Zweizimmerwohnung lebt und das prima findet. Gast 2 : Ein Messie aus Borken/Hessen, der nichts wegwerfen kann und seit 1991 nicht mehr beim Glas- oder Altpapiercontainer war, geschweige denn jemals einen Gelben Sack mit irgendetwas gefüllt hat. Gast 3 : Ein Macho aus München, der Frauen als überflüssigen Ballast ansieht und von sich selbst behauptet, alle Frauen, die es wagen, ihn anzusprechen, verbal fix und fertig zu machen.
»Wir fangen ganz locker an«, der Aufnahmeleiter, ein Mann in meinem Alter mit einem Bleistift hinter dem Ohr, versucht mich zu beruhigen. »Das ist ja nicht live. Wenn was nicht klappt, können wir es immer wiederholen.«
Also konzentriere ich mich auf meine Anmoderation. Wird schon klappen. Steht ja alles im Skript. Dann geht es los. Der Aufnahmeleiter (»Ich bin übrigens Hubsi!«) sagt: » OK . Mach die ersten beiden Sätze in die fünf, dann dass du dich freust, in die zwei, dass der erste Studiogast jetzt kommt, in die sieben, und was der Studiogast so macht, in die eins.« O Gott. Wie soll ich mir das denn merken? An den Kameras befinden sich zwar Zahlen, aber das gleißende Scheinwerferlicht macht es quasi unmöglich, sie zu
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