Glitzerbarbie
antworten, was aber auch gar nicht nötig ist, denn Friederike reißt sofort das Wort an sich.
» JAAAAAAAAAA !«, jubelt sie und setzt sich so, dass man die Halter ihrer Strapse besser sehen kann. »Wir sind heute das erste Mal hier, aber ich sage euch, ich für meinen Teil möchte überhaupt nicht mehr WEG !«
Hilf Himmel. Das hat mir gerade noch gefehlt. Ingo, oder ist es Rainer, rückt dichter zu mir heran. »Hat die dunkle Schöne mit den großen braunen Augen denn auch einen Namen?«, fragt er.
Ich könnte jetzt diverse Dinge tun: 1 . Ich könnte so tun, als sei ich ein Flüchtling aus dem Iran und sagen: »Han isch kein Nam. Han isch Pilzinfääääkzion uberall an Korper. Han isch mig aug lang nigt gewasch. Un Koppläus wolle net gähn weg.« 2 . Ich könnte antworten: »Ja, du Flachwichser. Ich habe einen Namen. Aber den werde ich dir bestimmt nicht sagen. Und machen werde ich’s auch nicht mit dir. Weil ich nämlich gern was davon mitbekomme, und bei deinen fünf Zentimetern – entschuldige, wenn ich gerade immens übertreibe – wäre das ein schwieriges Unterfangen!« Oder 3 .: »Klar, Süßer. Nenn mich Cinderella. Und die Stunde kostet bei mir zweitausend Euro … « Ich könnte mir auf die Zunge beißen, als ich merke, dass ich Möglichkeit Nummer drei soeben laut ausgesprochen habe. Zum Glück habe ich zweitausend Euro gesagt. Das bezahlt nämlich kein Mensch.
»Zweitausend?«, fragt Ingo, und Rainer horcht auf. Selbst Friederike sagt nichts mehr. »Zweitausend? Bei dir ist es wahrscheinlich so günstig, weil du neu bist, Cinderella?«
Zum Glück, ZUM GLÜCK kommt da Tamara und wedelt wichtig
mit einem Zettel herum. »Tut mir Leid, mein Bester, aber mit dieser Dame hier kann ich heute nicht dienen. Aber ansonsten hast du freie Wahl. Und Maren schaut schon so traurig.« Dann zieht sie mich mit sich die Treppe hoch. Als ich mich noch einmal umdrehe, sehe ich Friederike mit Ingo und Rainer gleichzeitig knutschen. Das kann ja noch was geben.
Wir gehen in einen Raum, der aussieht wie ein Untersuchungsraum beim Arzt. Ich bin etwas verwirrt, als ich sogar einen Gynäkologiestuhl entdecke. »Für Doktorspiele«, klärt mich Tamara auf. »Ich könnte dir Sachen erzählen, sag ich dir, welche Wünsche manche Gäste haben. Einer wollte doch tatsächlich, dass wir ihm die Gallenblase entfernen. Die Vorstellung hat ihn richtig geil gemacht. Aber so was geht natürlich nicht. Ich habe ihm dann vorgeschlagen, dass Elisa ihm eine Akupunkturbehandlung am Unterleib verpasst, das fand er auch gut.«
»Ah ja«, sage ich. Was sollte ich denn sonst sagen?
Tamara wertet meine Aussage als Interesse und schwabbelt weiter: »Ich sage dir – hier kommen ja auch Politiker und Prominente hin und so. Das sind die Schlimmsten. Da könnte ich Bücher drüber schreiben. Einer, ein Moderator, die Namen kann ich leider nicht nennen, der kommt einmal die Woche und lässt sich in einen Gummisack stecken und schwitzt dann für drei Stunden. Und Paulina muss währenddessen auf ihm herumhüpfen mit Ballettschuhen. Das macht den unheimlich an. Und dann haben wir einen Politiker, der verkleidet sich wie ein Hilfspolizist, und die Marion muss dann so tun, als ob sie ihn dazu überreden wollte, ihr keinen Strafzettel wegen Falschparkens zu verpassen, und als Gegenleistung kriegt er dann eine Behandlung auf dem Stuhl da!« Sie deutet in die Richtung des Gynäkologiestuhls.
Ich nicke. Mir ist ja, seitdem wir den Swingerclub haben, fast nichts mehr fremd, so dachte ich zumindest, aber was ich hier höre, ist schon heftig. Finde ich zumindest.
»Aber nun genug davon. Sicher willst du wissen, ob meine Anrufe von Erfolg gekrönt waren«, schwafelt Tamara. »Setz dich doch!«
Da sie bereits auf einer Operationsliege sitzt, muss ich wohl oder übel auf dem Frauenarztteil Platz nehmen, was gar nicht so einfach ist. Wohin soll ich bloß mit meinen Beinen? Ich kann sie ja schlecht rechts und links auf die Fußstützen legen. »Es könnte sein, dass wir im ›Fantasy Dream‹ Glück haben.
Die hatten nämlich heute eine Anzeige aufgegeben, dass sie eine reifere Mitarbeiterin suchen, gut möglich, dass eure Angela da angerufen hat. Jedenfalls stellt sich heute Abend jemand da vor. So gegen acht. Die Besitzer vom ›Fantasy‹ heißen Jochen und Pia und sind informiert. Ich habe denen vorsorglich schon mal deine Handynummer gegeben, aber die meinten, es wäre besser, wenn du selbst vorbeikommst. Hier ist die Adresse.« Sie schiebt mir
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