Glitzerbarbie
ist in der Mecklenburger Straße. Die haben durchgehend auf. Du kannst gleich hinfahren, sie kann dir bestimmt helfen.«
Ich bedanke mich tausendmal, und dann kommt Friederike. Ich traue meinen Augen nicht. Sie hat ein viel zu enges, blutrotes Kleid an, ihre Brüste sind mit einem Push-up- BH nach oben gedrückt, als hätten sie Angst, dass sie sonst was verpassen, und die Schuhe, die Friederike trägt, haben Absätze, so hoch wie Essstäbchen beim Chinesen. Sie strahlt. Wahrscheinlich hat sie jahrelang davon geträumt, das Ensemble auszuführen, und jetzt nimmt sie die Gelegenheit wahr.
Ich sage besser nichts und steige mit Friederike in ihren Porsche. Fahren muss ich, wegen ihrer hohen Absätze. Zum Glück hat das Ding ein Navigationssystem.
Dem »Fanny Hill« sieht man schon von außen an, was drinsteckt. Verdunkelte Fenster und eine knallrote Markise mit Goldschrift über dem Eingangsbereich. Man muss klingeln und warten, bis jemand durch ein Fensterchen schaut. Zum Glück sind wir hier in Berlin und nicht in Frankfurt, nicht auszudenken, wenn mich ein Bekannter vor einem Bordell stehen sehen würde und dann noch in dieser Begleitung.
Eine Frau Mitte vierzig öffnet uns schließlich. Ihre Brüste sind ungefähr viermal so groß wie die aufgepushten von Friederike.
Ihre Lippen sind silikongespritzt. Wahrscheinlich wollten sie den Brüsten nicht hinterherhinken. Sie führt uns durch den Eingangsbereich an die Bar. Verstohlen schaue ich mich um.
Rote Wände, Ölgemälde in Goldrahmen, dunkelgrüne Clubsessel vor niedrigen Tischen und dezente Wandbeleuchtung. Ungefähr zehn leicht gekleidete Frauen sitzen gelangweilt herum oder spielen Karten. Auf dem Bartresen liegt eine Getränkekarte. Mich trifft fast der Schlag. Die wollen für ein Bier vierzehn Euro! Und für eine Flasche Sekt 220 Euro!!! Tamara fragt uns, ob wir was trinken wollen, und ich schüttele schnell den Kopf.
Ich habe noch nicht mal genug Geld für ein Glas Wasser dabei. Aber Friederike meint, sie hätte gern ein Glas Champagner. Sie scheint sich sichtlich wohl zu fühlen.
»Wie kann ich dir denn helfen? Wir sagen am besten gleich du … «, meint Tamara. Am besten? Wie meint sie das? Hofft sie, dass wir bei ihr anfangen? Ich bin etwas überfordert mit der Situation und erkläre stammelnd, was passiert ist. »Hm«, Tamara überlegt. »Also, ich kann dir anbieten, dass ich die Besitzer der mir bekannten Etablissements anrufe, und dann sehen wir weiter.
Das kann ich gleich machen, ist ja noch ruhig hier im Moment, der Berufsverkehr fängt hier erst am frühen Nachmittag an!« Sie lacht mit rauchiger Stimme über ihren Witz. Aber so könnte ich hier nicht sitzen bleiben, sagt sie dann. Ich müsste entweder bei ihr im Büro warten, das sei ihr aber gar nicht recht, wo das doch so unaufgeräumt ist wegen der Steuer im Moment, oder ein paar Klamotten von »ihren Mädels« überziehen, dann würde ich nicht so auffallen, wenn ich hier an der Bar sitze. Ist mir auch recht. »Und übrigens – ihr seid meine Gäste –, trinkt, was ihr wollt.« Wie auf Befehl bekomme ich Lust auf Champagner. Tamara scheint Gedanken lesen zu können und holt einen Sektkübel mit Eis und legt eine Flasche hinein. Dann stellt sie uns zwei Gläser hin. »Ich geh dann mal telefonieren«, meint sie.
»Ich finde es großartig hier«, schwelgt Friederike. »Diese Atmosphäre … «
Ich persönlich kann das nicht ganz nachvollziehen und trinke ein Glas Champagner auf ex. Da kommt ein »Mädel« mit Klamotten. »Du kannst dich da hinter dem Vorhang umziehen«, sagt sie. Fünf Minuten später sitze ich in einem mehr als durchsichtigen Chiffonteil und einem Rock, der so lang und breit ist wie eine Briefmarke, wieder am Tresen. Der goldglänzende BH passt wie angegossen. Die haben halt einen Blick für so was, die Mädels. Noch ein Glas Champagner. Was soll’s.
Als es klingelt, erschrecke ich mich fürchterlich. Eine hoch gewachsene Blondine geht auf Stöckelschuhen zur Tür und begrüßt zwei Männer mit Küsschen: »Ingo, Rainer, na, ihr habt’s ja nicht lange ausgehalten, hihihi. Ihr wart doch erst letzte Woche hier. Maren und Bine sind auch da. Wollt ihr was trinken? Wie läuft’s zu Hause? Was machen die Kinder?«
Bei Ingo und Rainer scheint es sich um Stammgäste zu handeln.
Sie kennen jedes Mädel hier und begrüßen alle mit Namen. Dann setzen sie sich neben uns auf Barhocker.
»Na, zwei neue Gesichter?«, fragt Ingo. Oder ist es Rainer? Ich kann nicht
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