Glitzerbarbie
Lust mehr, mit dir zu reden.«
Sollen sie sich doch alle auf Marius’ Seite schlagen. Die sind ja nur neidisch. Weil ich jetzt ein Promi bin.
Evi schläft bei mir im Zimmer auf einer Chaiselongue. Mit mir im Bett will sie nicht liegen. Vielleicht hat sie Angst, dass ich sie in meinem Unglück anbaggere. Aber so verzweifelt bin ich nun auch wieder nicht.
Evi trägt halterlose Strümpfe. Also keine Strapse, sondern die, die von selbst durch einen Gummibund am Oberschenkel kleben. Evi hat so durchtrainierte Beine, dass oben am Ende der Halterlosen noch nicht mal ein winziges Stück Haut überquillt.
Ich habe einmal in meinem Leben halterlose Strümpfe getragen. Genau zwei Minuten lang. Die Dinger haben sich nämlich fröhlich nach unten gerollt, weil meine Oberschenkel zu viel an Masse waren. Und so stand ich mit meiner damaligen Eroberung an einer Kinokasse und hatte die Strümpfe bis zu den Kniekehlen hängen. Ich glaube, der Typ hat sich damals sogar schon im Kino drei Reihen hinter mich gesetzt.
Es ist halb fünf, als ich einschlafe. Und weil keiner von uns einen Wecker gestellt hat, schlafen wir bis zwölf Uhr am nächsten Mittag. Ich bin gerädert, unglücklich und habe Kopfschmerzen.
Mein Handy, das ich angelassen habe, zeigt noch nicht mal eine Kurzmitteilung an.
Wir wollen nach dem Frühstück gemeinsam zu Strawberry fahren und Felix beim Zahnarzt absetzen wegen einer Nachuntersuchung. Er sagt, er glaube nicht, dass er jemals wieder arbeiten kann. Diese Schmerzen. Weil er diese Schmerzen in der Nacht mit reichlich Whiskey betäubt hat, nehme ich an, dass er eher einen Kater hat. Sylvester redet während des Frühstücks kaum. Er sieht mich nur ständig an wie ein verendender Rehbock. Wir sind eine ziemlich traurige Truppe, wie wir da so sitzen.
Sämtliche Angestellten werden beauftragt, sofort unter allen verfügbaren Telefonnummern anzurufen, sollte Angela auftauchen.
Als wir die Redaktion betreten, sausen die bereits Anwesenden auf uns zu und wedeln mit Zeitungen vor unserer Nase herum.
Wegen des ganzen Trubels haben wir alle total vergessen, dass ja heute eventuell etwas in den Tageszeitungen über die erste Ausstrahlung
steht. Um ehrlich zu sein, interessiert mich das nicht wirklich, weil ich ja wieder Single bin. Einsam. Allein. Ohne die Aussicht, irgendwann einmal geheiratet zu werden.
Sylvester schaut die Presse durch und ist dann wieder der Geschäftsmann, den wir alle kennen: »In zehn Minuten im großen Sitzungssaal, das ist der Saal neben den Damenklos, Caro, der Saal hat eine große Holztür, da steht eine Drei dran, an der Tür von dem Saal, wir besprechen uns dann gleich alle im Saal.
Franka, organisierst du bitte Getränke und Gebäck für den Saal? Also, wir sehen uns gleich im Saal!«
Ich sitze mit den anderen zehn Minuten später in dem Saal, und Sylvester fängt an zu schwadronieren, von irgendwoher hat er auch schon die Einschaltquoten bekommen.
Um es kurz zu machen: Wir hatten gestern einen Marktanteil von 73 Prozent. Ja, 73 Prozent. »Das ist mehr, als der Gottschalk bei ›Wetten dass‹ die letzten Jahre hatte!«, brüllt Sylvester. »Und das unter der Woche! Carolin, das lag an dir und wie du mit den Gästen umgegangen bist!!! Glückwunsch! Und hier – die Zeitungen, alles voll mit Lobeshymnen auf dich und die Sendung.
Hier, schau: ›A star is born‹, oder hier: ›Endlich Licht am trüben Fernsehhimmel!‹ Also das ist so großartig, wirklich, wirklich enorm großartig. Ich bin begeistert!«
Alle gratulieren und klopfen mir auf die Schulter, und dann kommen belegte Brötchen und Champagner, als ob wir nicht alle noch Restalkohol in uns hätten.
Ich habe keine Zeit, Trübsal zu blasen, die nächste Aufzeichnung steht an. Ich bin völlig unkonzentriert. Dann ruft auch noch Richard an und nervt: »Wenn das nächste Mal jemand auf dem Esstisch einen Zahn gezogen bekommen soll und kein Betäubungsmittel zur Verfügung steht, dann könnte man doch zum Festbinden rechts und links unter der Tischplatte kleine Ringe anbringen, durch die die Seile gezogen werden können zur Fixierung.
Gibt es günstig im Baumarkt. Wenn dein Chef will, dass ich mich darum kümmere, dann … «
Ich sage, dass das im Moment für mich nicht das Wichtigste ist auf der Welt, und lege auf.
Trotz all der Aufregung läuft die Aufzeichnung gut. Meine Gäste: ein Pärchen, das sich seit sieben Jahren nicht mehr getrennt hat, weil es sich nicht mehr trennen kann – Sekundenkleber, das
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