Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glitzerbarbie

Glitzerbarbie

Titel: Glitzerbarbie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi Wolff
Vom Netzwerk:
Kaffee trinken gehen? Ich habe noch nicht mal ein Rätselheft dabei. Über mir bröckeln Steine.
    Als ich hochblicke, sehe ich Roland mit schweißnassem Gesicht in einem Klettergurt hängen. Einen zweiten Klettergurt hält er in der Hand. »Zieh ihn vorsichtig an und klink dich dann bei mir ein. Ich traue mich nicht auf den Felsen zu steigen, er könnte runterkrachen«, ruft er. Wir werden dann gemeinsam hochgezogen und dabei von aufgeregten Touristen und einem Mitarbeiter des Helgoländer Anzeigers gefilmt und fotografiert. Ich habe Abenteuerurlaube schon immer gehasst. Jetzt weiß ich auch, warum.
     
    Abends essen wir Knieper. Das sind die Scheren von Taschenkrebsen. Ich bin fix und fertig und traue mich nicht richtig zu essen, weil ich Angst habe, aus Versehen eine ganze Schere herunterzuschlucken und das nächste Malheur zu verursachen, diesmal Atemnot im Restaurant mit eventuellem Erstickungstod im Anschluss.
    Wir reden lange über unsere Zukunft und ich erzähle Roland alles aus Watzelborn. Auch von dem Streit mit Pitbull und Gero, von der Trennung von Marius und überhaupt alles. »Findest du, dass ich mich verändert habe?«, frage ich Roland.
    »Das ist schon möglich«, meint er. »Man merkt das ja selbst oft nicht. Aber ich finde es nicht gut von deinen Freunden, dass sie dir gleich das Messer an die Kehle gesetzt haben. Jeder Mensch hat doch erst mal das Recht, sich zu verteidigen, und man muss jemandem auch die Chance geben, sein Verhalten zu ändern. Ich finde, dass sie überreagieren. Vielleicht sind sie auch einfach nur neidisch.«
    Das glaube ich nicht. Pitbull ist Neid fremd, der hat schon zu viel mitgemacht. Und Gero? Neid? Nein. Gero gönnt jedem alles. Gero würde jederzeit sein letztes Hemd hergeben. Gero würde sofort einen Barscheck ausstellen, wenn eine Spielsüchtige vor ihm stünde und flennend riefe: »Bitte, nur noch eine Runde!« Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe.
    »Was ich allerdings wirklich nicht verstehe, ist, warum dein Ex jetzt gleich heiraten muss«, überlegt Roland. »Das ist ja eine richtige Rachehandlung!«
    »Oder Torschlusspanik«, werfe ich ein. »Vielleicht hat er gedacht, wenn er es jetzt nicht tut, kriegt er nie wieder mehr eine ab. Du müsstest diese Uschi mal sehen. Furchtbar.«
    »Dann sei doch froh«, meint Roland. »Stell dir vor, wenn du ihn geheiratet hättest und erst danach sein wahres Gesicht erkannt hättest. Das wäre doch auch nicht das Gelbe vom Ei gewesen.«
    Da hat er auch wieder Recht. Vor meinem inneren Auge sehe ich mich schon verheiratet mit Marius gramgebeugt Kartoffeln schälen, um mir dann anzuhören, dass es nicht gut ist, Kartoffeln zu schälen, weil die meisten Vitamine ja in der Schale stecken. Neben uns unterhalten sich zwei Ehepaare Ende fünfzig über ihren Urlaub. Dass solche Gespräche immer gleich ablaufen müssen.
    Da haben wir ja Glück mit dem Wetter gehabt.
Das Essen ist wirklich gut. Aber man will ja für sein Geld auch was geboten bekommen!
Letztes Jahr war es noch nicht so teuer!
Das Wasser ist herrlich. Wenn man erst mal drin ist, ist es richtig angenehm!
Sie sind aber schon ganz schön braun geworden!
Wir sind jetzt zwei Wochen da. Herrlich – aber zu Hause ist es doch immer noch am schönsten!
Die Einheimischen sind aber wirklich freundlich.
Geben Sie uns doch mal Ihre Adresse! Wenn wir in der Nähe von Bad Nauheim sind, kommen wir mal auf einen Kaffee vorbei.
    Ja, ja, und im Landesinneren hat Mallorca wirklich schöne Seiten. So wäre ich mit Marius wahrscheinlich auch irgendwann geworden.
    Nach dem Essen gehen wir nochmal ans Wasser. Verlaufen kann man sich auf Helgoland wirklich nicht, die ganze Insel ist nur einen Quadratkilometer groß.
    Nach einer Minute hören wir ohrenbetäubenden Lärm. Ich habe die Befürchtung, dass Piraten an Land stürmen, um die Insel einzunehmen, aber der Lärm kommt aus der Kurmuschel.
    Ein Barde im schwarzen Anzug hält ein Mikrophon in der Hand und brüllt unverständliche Laute hinein. Das Ganze in einer Lautstärke, als ob der Barde eben erst entdeckt hätte, dass er eine Stimme hat. Würde jetzt noch eine Krankenschwester hinter ihm stehen, könnte man annehmen, er sei soeben auf die Welt gekommen und hätte von ihr den ersten Klaps auf den Po gekriegt. Der Schweiß läuft ihm in Strömen übers Gesicht, während er sich im Kreis dreht und die Hüften schwingt. Einige Sekunden später höre ich aus seinem Gebrüll heraus, dass er
verzweifelt versucht, ein Lied der Beatles zu

Weitere Kostenlose Bücher