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Glockengeläut

Glockengeläut

Titel: Glockengeläut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Aickman
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Bannards Bemerkung zu antworten.
    »Ziehen Sie Ihre Sachen möglichst leise aus, alter Junge«, wies ihn Bannard milde an. »Wenn man einmal Leute geweckt hat, die schon richtig schliefen, kann man nie genau wissen ... Das ist eine ganz üble Sache.«
    Es war ein großer, quadratischer Raum, und die Betten standen zu Mayburys Erleichterung in genau gegenüberliegenden Ecken. Das Licht hatte gebrannt, als sie eintraten. Wahrscheinlich versuchte man auf diese Weise sogar das Klickgeräusch der Schalter zu vermeiden.
    »Das ist Ihr Bett«, flüsterte Bannard und deutete gutgelaunt in die eine Ecke.
    Maybury hatte gerade seine Schuhe ausgezogen. Bannards Glotzen und sein dümmliches Grinsen wären ihm durchaus entbehrlich gewesen.
    »Vielleicht möchten Sie, daß wir noch etwas unternehmen, bevor wir uns hinlegen?« flüsterte Bannard.
    »Nein, danke«, erwiderte Maybury. »Es war ein anstrengender Tag.« Er versuchte, seine Stimme zu dämpfen, weigerte sich jedoch entschieden zu flüstern.
    »Sicherlich«, sagte Bannard in eben der Lautstärke, die Maybury angeschlagen hatte. »Gute Nacht dann. Das Beste ist, schnell einzuschlafen.« Sein Ton ähnelte dem, den Falkner an den Tag zu legen pflegte.
    Bannard kletterte behende in sein Bett, legte sich auf den Rücken und starrte Maybury über die Laken hinweg an.
    »Hängen Sie Ihren Anzug ruhig in den Schrank«, sagte Bannard, der diesen Handgriff schon erledigt hatte. »Es ist Platz genug.«
    »Danke«, entgegnete Maybury. »Wo finde ich die Pyjamas?«
    »In der obersten Schublade«, erläuterte Bannard. »Bedienen Sie sich. Sie sind ohnehin alle gleich.«
    Und in der Tat schien die Schublade bis zum Rand mit exakt den gleichen Schlafanzügen vollgestopft zu sein.
    »Genau zwischen den Jahreszeiten«, bemerkte Bannard. »Noch nicht Sommer, nicht mehr Winter.«
    »Danke für die Leihgabe«, sagte Maybury, obwohl die Pyjamas bei weitem zu klein für ihn waren.
    »Das Bad ist dort«, beschied ihn Bannard noch.
    Als Maybury aus dem Bad zurückkam, öffnete er die Kleiderschranktür. Es war wirklich ein sehr geräumiger Schrank, und doch füllte ihn die lange Reihe von Anzügen, vermutlich Bannards, fast komplett aus.
    »Es ist noch Platz«, wiederholte Bannard. »Suchen Sie sich ruhig einen leeren Bügel. Fühlen Sie sich wie zu Hause.«
    Während er den Bügel von der Stange nahm und seine Hose darüber faltete, erinnerte sich Maybury an seine Beinverletzung. Er war so hastig in Bannards Schlafanzughose gestiegen, daß er sich die Schramme gar nicht angesehen hatte.
    »Was ist los?« fragte Bannard sofort. »Haben Sie sich verletzt?«
    »Eine verdammte Katze hat mich erwischt«, antwortete Maybury ohne nachzudenken.
    Diesmal jedoch entschloß er sich hinzusehen. Er rollte die enge Schlafanzughose hoch, was ihm sowohl Schwierigkeiten als auch Schmerzen bereitete. Die Wunde klaffte recht häßlich auf, an seinem Bein klebte getrocknetes Blut. Ihm wurde klar, daß er noch nicht einmal daran gedacht hatte, die Wunde auszuwaschen. Sein einziger Gedanke hatte dem Telefonat mit Angela gegolten.
    »Zeigen Sie es mir bloß nicht«, rief Bannard schrill, das Nachtruhegebot außer acht lassend. Nichtsdestotrotz saß er steil aufgerichtet in seinem Bett und glotzte, als würden ihm im nächsten Moment die Augen aus dem Kopf springen. »Es ist schlecht für mich, solche Dinge zu sehen. So etwas regt mich auf.«
    »Keine Angst«, beruhigte ihn Maybury. »Ich bin sicher, es ist nicht so schlimm, wie es aussieht.« Doch war er dessen nicht im geringsten sicher; allerdings war er sich bewußt, daß es nicht sein Gesundheitszustand war, um den Bannard sich Sorgen machte.
    »Ich will nichts davon wissen«, erklärte Bannard.
    Maybury entgegnete nichts, sondern krempelte die Pyjamahose wieder herunter. Seine Verletzung konnte er im Augenblick sowieso nicht verarzten. Sogar die Bitte nach einem Pflaster mochte einen hysterischen Anfall auslösen. Maybury suchte Trost in dem Gedanken, daß, wenn die Wunde bis jetzt keine weiteren Folgen gehabt hatte, dies auch in Zukunft ausbleiben würde.
    Bannard saß immer noch aufrecht im Bett. Er sah bleich aus. »Ich komme hierher, um derartige Dinge zu vergessen«, sagte er. »Wir alle tun das.« Seine Stimme zitterte.
    »Soll ich das Licht ausmachen?« fragte Maybury. »Da ich ja sozusagen noch auf den Beinen bin ...«
    »Das tu’ ich normalerweise nicht«, erwiderte Bannard, rutschte jedoch trotzdem in eine waagerechte Position. »Es kann die Dinge

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