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Glockengeläut

Glockengeläut

Titel: Glockengeläut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Aickman
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immer wieder, und das Letzte, was sie hier hören wollen, ist ein Telefon, das sie durch sein dauerndes Klingeln an die damit verbundene Aufregung erinnert.«
    »Die können doch nicht mehr ganz beisammen sein«, entfuhr es Maybury giftig.
    »Mr. Maybury«, setzte Falkner bestimmt an, »ich muß Ihnen wohl zwei Dinge ins Gedächtnis rufen: Erstens habe ich Sie im wahrsten Sinn des Wortes dazu eingeladen, unser Gast zu sein, und zweitens sind Sie es gewesen, der sich, obwohl er so viel von Effektivität zu halten scheint, kurz vor Anbruch der Nacht mit einem fast leeren Tank auf eine lange Reise begeben hat. Sie sollten sich glücklich schätzen, daß Sie die Nacht nicht einsam im Straßengraben verbringen müssen.«
    »Tut mir leid«, lenkte Maybury ein, »aber ich muß meine Frau anrufen. Sie wird vor Sorgen bald ganz außer sich sein.«
    »Das möchte ich nicht meinen, Mr. Maybury«, widersprach Falkner mit sanftem Lächeln. »Besorgt schon. Aber außer sich wohl kaum.«
    Maybury hätte ihn ins Gesicht schlagen können, doch in diesem Augenblick betrat ein Fremder den Raum.
    »Ah, Mr. Bannard«, begrüßte Falkner den Neuankömmling und machte sie miteinander bekannt. Sie schüttelten sich sogar die Hand. »Sie haben doch nichts dagegen, Mr. Bannard, wenn Mr. Maybury das Zimmer mit Ihnen teilt?«
    Bannard war ein hagerer, knochiger, kleiner Mann, ungefähr in Mayburys Alter. Er hatte eine Glatze, die ein dünner Kranz roter Restlocken umstand, und leicht trübe Augen von jenem graugrünlichen Farbton, den man oft in Verbindung mit roten Haaren antrifft. Unter den gegebenen Umständen wirkte er recht munter, doch Maybury fragte sich, wie er sich wohl in der Welt draußen ausnehmen mochte. Vielleicht resultierte dieser Zweifel an Bannards Welttüchtigkeit jedoch auch einfach aus der Tatsache, daß er in seinem Pyjama zu sehr einer gekochten Krabbe ähnelte, um noch eine passable Figur abgeben zu können.
    »Ich freue mich über jede Gesellschaft«, erwiderte Bannard. »Wenn ich alleine bin, fühle ich mich einsam.«
    »Großartig«, stellte Falkner kühl fest. »Vielleicht zeigen Sie Mr. Maybury jetzt den Weg nach oben und leihen ihm einen Ihrer Schlafanzüge? Bitte denken Sie immer daran, daß er hier fremd ist und unsere Sitten und Gebräuche noch nicht genau kennt.«
    »Erfreut, höchst erfreut«, rief Bannard aufgeräumt.
    »Gut«, sagte Falkner. »Gibt es noch irgend etwas, was Sie gerne hätten, bevor Sie nach oben gehen, Mr. Maybury?«
    »Nichts als ein Telefon«, insistierte Maybury trotzig. Er glaubte Falkner einfach nicht. Niemand in dieser modernen Welt konnte ohne Telefon leben, geschweige denn ein Unternehmen führen. Mit Unbehagen begann er zu erwägen, daß Falkner ihm auch in bezug auf Diesel und Benzin nicht die Wahrheit gesagt hatte.
    »Irgend etwas, womit wir dienen können, Mr. Maybury?« präzisierte Falkner mit schneidender Höflichkeit.
    »Es gibt hier kein Telefon«, warf Bannard mit seiner hohen, ja piepsigen Stimme ein.
    »Unter diesen Umständen nichts«, sagte Maybury. »Obwohl ich nicht weiß, wie meine Frau damit fertigwerden soll.«
    »Niemand von uns kann das wissen«, bemerkte Bannard überflüssigerweise und ließ ein kurzes Kichern hören.
    »Gute Nacht, Mr. Maybury. Danke, Mr. Bannard.«
    Als Maybury Bannard nach oben folgte, nahm er ein wenig überrascht wahr, daß es sich, einmal abgesehen davon, daß es überheizt und überladen war, offensichtlich um ein ganz normales Hotel handelte. Auf dem ersten Treppenabsatz hing eine Reproduktion von einem Raeburn in Originalgröße, die einen Stammeshäuptling in scharlachrotem Tartan zeigte. Maybury kannte das Bild, da es einmal -obwohl sie sonst immer Mädchen genommen hatten - für ihren Firmenkalender ausgewählt worden war. Bannard wohnte im zweiten Stock, wo das entsprechende Etagenbild weniger groß war und eine Gruppe von Damen und Herren in Jagdkostümen zeigte, die Erfrischungen zu sich nahmen.
    »Bitte recht leise«, flüsterte Bannard, »einige von uns haben einen leichten Schlaf.«
    Die Korridore waren bereits auf Nachtbeleuchtung umgestellt und ausgesprochen düster. Maybury stolperte ungeschickt durch die Gänge und stahl sich beinahe in Bannards Raum.
    »Jaja«, flüsterte Bannard mit einem unterdrückten Kichern. »Keine Nummer 13, noch nicht einmal eine Nummer 12A.«
    Doch Maybury hatte nicht auf die Nummer der Zimmertür geachtet, die Bannard nun vorsichtig zuzog, und er fühlte sich auch kaum dazu ermuntert, auf

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