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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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kam, sie zu küssen. Ein Grunzen für Dee, ein Lächeln für Quire, und er ließ sich in Antwort auf das Zeichen der Königin auf einen mit weißer Seide bespannten Stuhl nieder. »Guten Morgen, Euer Majestät. Meine Herren. Dann ist Perian Montfallcons grausige Arbeit getan?«
    »Ich komme gerade von dort«, antwortete Dr. Dee.
»Und kein Gift?«
»Nichts.«
    Tom Ffynne zeigte sich befriedigt. »Sein kleiner Page ist fortgelaufen, Ihr kennt ihn, Patch. Rannte davon, als er die Nachricht erfuhr, ohne Zweifel, oder als er seinen Herrn tot sah. Er ist nicht zu finden.«
    »Er wird schon zum Vorschein kommen, ganz gewiß«, sagte Kapitän Quire.
    »Es wird der Kummer sein. Patch hing sehr an Lisuarte. Aber der arme Kerl litt zu viel Schmerzen. Für diesen geplagten Körper war der Tod eine Erlösung. Und der Mensch, der er war, lebt hier drinnen weiter.« Ffynne klopfte sich an die Stirn. »Der Beste von uns allen. Der edelste von Herns alten Männern. Was soll aus seinen Gütern und seinem Besitz werden, da es keinen direkten Erben gibt?«

»Ein Neffe in der Grafschaft Dale«, antwortete Gloriana, »der seit vielen Jahren als sein Verwalter tätig ist.« »Ein wahrer Neffe, oder …?«
    »Es gibt Dokumente, welche die Blutsverwandtschaft hinlänglich beweisen«, sagte die Königin lächelnd. »Solange es keine anderen Bewerber gibt, kann die Frage der Geburt in Ansehung bestimmter diplomatischer Erfordernisse geregelt werden. Sein Neffe ist der neue Lord Ingleborough.«
    »Und wo ist Perian«, fragte Tom Ffynne den Hofastrologen. Unterdessen tauschten Gloriana und Kapitän Quire einen wissenden und vertrauten Blick aus, ohne zu hören, was gesagt wurde.
    »In seine Amtsräume zurückgekehrt, denke ich«, sagte Dr. Dee. »Ich stehe nicht in Montfallcons Vertrauen, Sir Thomasin.«
    »Freilich. Er ist ein schwieriger alter Bursche geworden. Ich erinnere mich an die Zeit, als er jünger war und seine Familie noch am Leben: Damals war er heiterer, liebenswürdiger in seinen Empfindungen. Aber im Dienst an Albion ist sein Geist nach und nach so versteinert und unbeweglich geworden wie die Gliedmaßen des armen Lisuarte – und ich fürchte, er bereitet ihm genausoviel Schmerz. Ihr dürft nicht zu schlecht von ihm denken, Dr. Dee.«
    »Das sei ferne von mir, Sir Thomasin. Lord Montfallcon ist es, der schlecht von mir denkt. Er sieht mich als einen Zaube rer, der die Königin mit seinem Blendwerk umgarnt.« Sir Thomasin Ffynne lächelte. »Seid unbesorgt. Ihr seid in seinen Augen nicht der Abenteurer, der Ihr einst wart. Es gibt jetzt größere Bedrohungen. Kapitän Quire, um ein Beispiel zu nennen.« Sein schlauer Blick wanderte zu der Couch unter dem Fenster.
    Quire lachte sorglos. »Was sagt er von mir, Sir Thomasin?«
    »Oh, vieles. Ihr seid die Ursache allen Haders in Albion.«
    »Das dachte ich mir. Hat er Einzelheiten genannt?« Sir Thomasin zwinkerte belustigt, Quire wußte von dem Vertrauensverhältnis, das zwischen ihm und Montfallcon bestand, und er forderte ihn heraus, zu enthüllen, was nicht einmal Montfallcon der Königin zu enthüllen wagte. Bewundernd vor soviel Kaltblütigkeit schüttelte er den Kopf. »Er sagt, er brandmarke Euch als einen Mörder, einen Spion, einen Entführer, einen Verworfenen, einen Notzüchtiger, einen Dieb. Die Liste ist beinahe endlos.«
    Die Königin lachte. »Wie kann er soviel Kenntnis von Euch haben, Quire? Seid Ihr ein Liebhaber, der ihn abgewiesen hat? Aber nein – wir müssen dieses Thema verlassen. Lord Montfallcon ist der treueste Edle im Reich und dient uns gut. Ich will nicht, daß er zum Gespött gemacht werde.«
    »Ich denke nicht, daß wir ihn verspotten, Majestät«, sagte Sir Thomasin. »Er ist mein Freund. Wir sprechen über ihn, weil wir um seine geistige Gesundheit fürchten. Er sollte auf seine Güter beurlaubt werden, um sich auf dem Lande auszuruhen.« »Er würde sich in die Verbannung geschickt wähnen.«
    »Ich weiß. Ihr müßt ihm zugestehen, soviel Euch möglich ist«, sagte Tom Ffynne ernst. »Es wäre ein Unglück, sollte er Lisuarte allzu rasch folgen.«
    »Da besteht doch sicherlich wenig Gefahr?« sagte Kapitän Quire obenhin, wie einer, der nicht gut über Angelegenheiten informiert ist, die andere erörtern.
    Ffynne rieb sich die wettergegerbte Stirn. »Er schwächt sich
    selbst mit diesen Hirngespinsten. Und der Sommer ist seit jeher die Zeit für sonderbare Phantasien. Die Sonne lockt verborgene Grillen hervor wie den Schweiß.«
    »Ihr meint,

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