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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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werden.«
    Quire lächelte. »Wurden diese Morde also vor einem Publikum von Ratten begangen?«
    »Es macht mich unglücklich, Quire, mein Lieber. Ich möchte nicht, daß die Wände und die verlassenen Ebenen durchforscht und durchstöbert werden und Berichte darüber aufs neue Unruhe in den Palast bringen. Ich …« Sie brach ab. Sie war jetzt in ihren Unterkleidern und stieß die Schuhe von sich. »Sie sind
    die Vergangenheit.«
    »Ihr meint, Montfallcon und Kansas würden Euren Vater noch am Leben finden?« Sie kam zu ihm und setzte sich zu seinen Füßen auf den Teppich, und er strich ihr über Hals und Schultern und winkte die Frauen hinaus. Die Tür wurde geschlossen. Er verspottete sie, war aber freundlich.
    »Seinen Geist«, sagte sie. »Es gibt dort Dämonen.« »Dämonen?«
    »Ich erzählte es dir. Armselige, elende Schattengestalten. Ich bedauerte sie, konnte es aber nicht ertragen, über sie nachzudenken oder etwas für sie zu tun. Es sind die Opfer meines Vaters. Sie hausen in Kerkern. Leben wie Ungeziefer.« »Dann verbietet Montfallcon, in jene Welt einzudringen.«
    »Ich versuchte es, konnte ihm aber keinen vernünftigen Grund nennen. Ich weiß auch, daß es meine eigene Schwäche ist, die sagt, wir sollten die Wände vergessen und was darin ist. Darum kann ich es mir selbst nicht nachsehen … Ach, Quire!« »Ich habe Euch gesagt, es ist keine Schande, Schwäche zuzugeben. Und einmal zugegeben, müssen Schwächen manchmal hingenommen werden. Das ist vernünftig, mein liebstes Herz. Ihr müßt Euch schützen, oder Ihr könnt das Reich nicht schützen.«
    »Ja, das hast du so oft gesagt. Dennoch gab ich ihm die Erlaubnis. Er forderte meine Ablehnung geradezu heraus. Um zu zeigen, daß ich dir vertraue, mußte ich ihn gewähren lassen.« »Wie viele Leute nehmen daran teil?«
    »Montfallcon, Kansas und einige Bewaffnete – Angehörige der Stadtwache. Ich vermute, daß sie einen Führer haben, bin aber nicht ganz sicher. Montfallcon drückte sich einigermaßen geheimnisvoll aus.« »Einen Bewohner der Wände?«
    »Es gibt welche. Una und ich sind einmal einem begegnet. Vielleicht ist es derselbe.«
    Sie konnte sein Gesicht nicht sehen, also erlaubte er sich ein
    versonnenes kleines Lächeln. »Nun«, sagte er, »glaubt Ihr, sie werden mit einem Dutzend Zeugen zurückkommen, welche sahen, wie ich die Rhoones zu vergiften suchte?«
    »Du hast sie gerettet. Das ist wohlbekannt.« Sie streichelte sein Bein. »Fürchte nichts, mein Lieber. Es soll ihnen nicht erlaubt ein, dich weiter zu beschuldigen. Schon jetzt gibt Montfallcon Erklärungen ab, die mein Vater fraglos verräterisch genannt haben würde. Aber in dem Maße, wie er seinen Kummer vergißt, wird er sich beruhigen. Und genauso verhält es sich mit den anderen, die gegen dich sprachen.«
    »Ich habe noch andere Feinde?« fragte er mit gespielter Fröhlichkeit. »Ich bin geschmeichelt.«
    »Und viele Freunde. Dr. Dee achtet dich und spricht für dich im Staatsrat. Sir Thomasin Ffynne, der jetzt gleichfalls dort dient, hält dich für einen Schelm, aber einen gutherzigen …«sie lächelte –, »wie auch ich es tue. Und Sir Amadis will kein böses Wort über Euch hören. Ebenso Lord Gorius – dabei weiß der ganze Hof, wie sehr die zwei einander in diesen Tagen zum Verdruß werden. Und Meister Wallis. Und mehrere andere sind im Hinblick auf dich zumindest vernünftig. Von den Mitgliedern des Staatsrates steht nur Hawes fest auf Montfallcons Seite, während Sir Vivien zu diesem Standpunkt neigt, aber nicht mit Entschiedenheit. Die beiden sind von ähnlichem Temperament.«
    »Ich bin erstaunt über die Aufmerksamkeit, die mir zuteil wird«, sagte Quire sinnend.
    »Wieso? Sie sind eifersüchtig. Sie sehen einen Gemeinen,
der vor ihren Augen eine Machtposition usurpiert, die nach
ihrem Empfinden nur dem Adel gebührt.«
»Macht! Welche Macht habe ich?«
    »Sie denken, daß du mich beherrschst – und darum eines Tages das Reich beherrschen könntest. Ähnlich ist es in früherer Zeit mit den Mätressen von Königen gewesen, argumentieren sie.«
    »Wer bringt solche Argumente vor?«
    »Nun, hauptsächlich Sir Orlando. Aber mit der Zeit wird auch er von deiner vernünftigen Natur überzeugt sein.« »Vielleicht haben sie recht«, sagte Quire, als kämpfe er mit seinem Gewissen. »Helfe ich Euch in Euren Entscheidungen? Indirekt, meine ich? Wenn ich für Eure Gesundheit spreche, für Euer Privatleben, spreche ich dann nicht gegen die Sicherheit des

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