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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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seinem glänzenden Auge auf, dann war er die Treppe hinunter, ihren Rat zu beherzigen. Sie vernahm ein Füßescharren, das Poltern einer umgeworfenen Bank, einen empörten Aufschrei und machte sich bereit, den soeben beraubten Gast zu

    *
    Wortspiel mit Fink und Star (Anm. d. Übers.)
    besänftigen.
    Quire eilte im gestohlenen pelzbesetzten Umhang durch den schmutzigen Schnee der Gassen Londons, wo die unsicher tappenden und ausrutschenden Gestalten fluchender Männer und Frauen und schlitternder, lachender Kinder aus dem Nebel auftauchten und in ihm verschwanden, und wo sich der Atem mit dem Dampf aus offenen Garküchen und Bratereien mischte, die der frierenden vorüberhastenden Menge zu hohen Preisen Suppen, Bratwürste und Maronen verkauften. Sein Verfolger kam zu rasch außer Atem oder fror ohne seinen Umhang zu sehr, um ihm lange nachzujagen, und Quire bog in die Leering Street, gesäumt von Haufen gefrorenen Schnees, der vermischt war mit Urin und Mist aus den Stallungen zu beiden Seiten, erreichte von dort die gedeckte Rilkes Passage und gelangte neben den gotischen Mauern der Platonischen Akademie in die Craving Lane und auf einen Platz, in dessen Mitte ein gefrorener Springbrunnen, Herkules und die Hydra darstellend, im reflektierten Laternenschein vom Haus eines angesehenen Wundarztes grün und rosa schimmerte. Ein weiterer Mauerbogen, dann durch eine Gruppe von Jungen, die eine Schneeballschlacht veranstalteten, in dunklere Nebelschwaden, vermischt mit dem Rauch aus dem Kessel eines Leimsieders, und endlich war Quire wieder in den vertrauten Gassen seines Viertels, verlangsamte den Schritt, als er die abblätternde Tür eines Bierhauses erreichte, an welchem die meisten lieber vorübergegangen wären: Bales. Quire schnüffelte die süßlich-stickige warme Luft, bevor er die Tür aufstieß und eintrat. Kälte und klamme Feuchtigkeit blieben hinter ihm, und er tauchte ein in einen Brodem von Hitze, Körperausdünstungen, Tabakgeruch und Biergestank, aus dem unrasierte Gesichter ihn über vorgebeugte Schultern hinweg mißtrauisch musterten, denn in Bales Bierhaus gab es keinen Gast, der sich nicht durch Diebstahl oder Bettelei durchs Leben schlug; das Lokal wurde von Einbrechern, Betrügern und anderen Strolchen höheren Ranges gemieden, und dies paßte Quire, denn so fand er hier keine Feinde, nur Bewunderer oder solche, die eine schwächliche, ungefährliche Art von Neid zeigten, die keine Beachtung verdiente. Am anderen Ende der langen, schmalen Gaststube, hinter seiner schmutzigen Theke, faulenzte der schädliche Bale bei seinen Kannen mit Bier und Apfelwein, seinem schmierigen Lederbeutel voller Kupfermünzen, und zu seiner Linken, wo die Theke an einen geschwärzten Stützbalken stieß, welcher aus der Fachwerkwand vorragte, lehnte Tinkler, den Degen unter dem Ledermantel des toten Wachsoldaten verborgen, und zahnte herüber.
    Quire war überrascht. Er kam an die Theke und schlug mit ungeduldiger Handbewegung den Bierkrug aus, den Tinkler ihm anbot. »Schon hier? Hast du unseren Freund besucht, wie ich dir sagte?« »Freilich. Bin gerade von dort gekommen.«
    Quire streckte die Hand aus. »Hast du die Papiere, die uns weiteres Versteckspiel ersparen?«
    Tinkler fuhr sich mit der Zunge über die vorstehenden Zähne und schüttelte den Kopf mit verwirrtem Blick.
    »Was? Sind wir auf einmal ohne einen Gönner?« Quire vermochte seine Enttäuschung und Verblüffung nicht ganz zu verbergen. Er hob den Arm und legte ihn um Tinklers knochige Schultern.
    »Er weigert sich diesmal, ein Blankoakzept zu geben. Es ist zu ernst, meint er.« Tinkler flüsterte die Worte, obwohl Bale, durch Erfahrung taktvoll geworden, zum anderen Ende der Theke gegangen war und Kupferstücke zählte.
    »Ich dachte, er wollte diesen Orientalen ausgelöscht haben.« »Er nennt unsere Arbeit ungeschickt. Er mißbilligt die ganze Geschichte ganz ausdrücklich.«
    Quire mußte dem zustimmen. Er seufzte. »Sie war ungeschickt. Aber daß die Wachsoldaten dazukamen, war ein unseliger Zufall. Hast du seinen Sekundanten bezahlt?«
    »Ein halbes Goldstück, wie ausgemacht.« Tinkler zeigte die halbierte Münze auf der Handfläche und grinste. »Da ist es.« »Du hast ihn niedergemacht?«
    »Nein. Ich nahm es ihm beim Würfelspiel ab, bevor ich zu unserem Freund ging. Er war dergestalt geängstigt wegen der Wache, die auf der Jagd nach uns ist, daß er nicht denken konnte. Ich behandelte ihn anständig, wie du vorschlugst. Er hat die ganzen

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