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Glueck allein

Glueck allein

Titel: Glueck allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Halcour
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Wenn man die Liebe nicht schon, wie meistens, in den vielen scheuen Blicken und sentimentalen Berührungen des anderen erkennt, dann wohl spätestens in seiner Bereitschaft, alles für einen zu tun. Und Maria hatte alles für Jakob getan, sogar, wenn er mit seinem Mitbewohner feiern ging, das Badezimmer seiner Wohngemeinschaft geputzt, um in seiner Wohnung auf ihn warten zu dürfen. Nach Marias später Offenbarung ihrer Gefühle schliefen sie miteinander. Es sollte das letzte Mal sein, aber das ahnte meine Freundin unter ihren erlösten Tränen nicht.
    Das ist also Jakob Baldeaux.
    Was sollte ich nun bloß machen?
    Nach Hause gehen?
    Aber es war doch erst kurz nach eins.
    Einen anderen finden?
    Unweigerlich musterte ich jeden von Jakobs Kollegen. Der eine war mir mit seinen zurückgegelten Haaren zu schmierig, der andere schien bei jedem Luftzug zu schwanken, der Tintenfisch wirkte alt und abgespannt und der letzte erinnerte mich mit seiner Knollennase auf einmal an einen Hobbit im Anzug. Unter dem Tisch könnte ich sicherlich seine dunkel behaarten Füße sehen. Glasauge war Glasauge und von vornherein nicht dabei.
    Und Jakob? Er lachte laut und frei und eine Locke hüpfte ihm dabei ins Gesicht. Und als ich so zu ihm aufschaute, war mir klar, warum Maria ihr Herz an ihn verloren hatte.
    Zaghaft zog ich meine Finger aus seiner Hand und verrührte mit dem Strohhalm das Eis in meinem Glas.
    Er wusste nicht, was ich wusste. Er wusste nicht, dass ich wusste, dass er bei seiner alleinerziehenden Mutter aufgewachsen war. Er wusste nicht, dass ich wusste, dass sein Vater seinen ersten Sohn anscheinend vergessen hatte. Er wusste nicht, dass ich sein Verhalten analysiert und interpretiert hatte, ihn besser zu kennen meinte, als er sich selbst. Angst vor Bindung wegen Trennung der Eltern, hatte ich damals gesagt. Wenn er wüsste, dachte ich.
    »Alles in Ordnung bei dir?«, fragte Jakob nach einer Weile. Ich war still geworden.
    »Ja«, antwortete ich schnell, ohne ihn anzusehen. Er schaute mich an, holte kurz Luft, als wollte er etwas sagen, doch Glasauge funkte dazwischen: »Du bis’ wirklich eine Süße«, sagte er schielend, wobei er das »s« auffallend weich und das »t« gar nicht mehr aussprach.
    »Is’ sie nicht eine Süße«, fragte er in die Runde und alle stimmten ihm zu und ich wurde rot. Jakob lächelte mich entschuldigend an. Als ich das Sanfte in seinen Augen sah, wusste ich, dass ich ihn nun verlassen musste, wenn ich Maria nicht verraten wollte.
    »Ich schau mal nach meiner Schwester«, sagte ich leise in Jakobs Ohr und roch einen unerwarteten Moment lang seinen Duft, der mich einfing, festhielt und nur seufzend gehen ließ.
    Meine Schwester saß mit dem Fremden auf den weißen Sofas. Sie waren da, wo Jakob und ich bis eben gewesen waren und es erschien mir eigensüchtig, sie nun zu stören. Ich ging an die Bar und kramte in meiner Tasche nach Kleingeld.
    Leo ist unten!, fiel es mir plötzlich ein und in mir wurde der Gedanke wach, eine Nacht Nähe, unsere Nähe, die keines einzigen Wortes bedurfte, zurückzurufen.
    Da drängte sich jemand neben mich und wärmte meinen Arm.
    »Was ist eigentlich mit dir los?«, fragte Jakob. Ich bewunderte ihn für seinen Mut, denn ich wäre nicht nachgekommen. Und ich bewunderte ihn für seine Ehrlichkeit, denn wäre ich gekommen, hätte ich nichts gesagt.
    »Ach, ich fühl mich gerade nicht gut«, sagte ich leise.
    Fürsorglich sah er mich an. »Willst du ein Wasser trinken? Oder... oder sollen wir raus gehen?«
    Ich wusste, raus gehen sollten wir auf keinen Fall.
    »Ja, ein Wasser wäre gut.«
    Jakob bestellte.
    Ich fixierte eine Whiskeyflasche. Ihr Etikett war schwarz-weiß. Jack Daniels, las ich. Mineralwasser wurde mir angereicht und ich trank es langsam. Jakobs Blick brannte auf meiner Seite. Ich kann schweigen, setzte ich dem innerlich entgegen, aber er zog es vor zu reden: Sein Mitbewohner habe vor kurzem seine Wohngemeinschaft aufgelöst. Wegen des Badezimmers, dachte ich spöttisch und verschluckte mich am Wasser. Nachdem ich aufgehört hatte zu husten, fuhr Jakob fort: Er habe kaum Geld und müsse nun wieder bei seiner Mutter einziehen, die darüber ganz glücklich sei. Aber er könne es sich im Moment überhaupt nicht vorstellen, wenn auch nur vorübergehend, wieder bei ihr zu leben.
    Ich widmete ihm einen kurzen, mitfühlenden Blick und fixierte wieder die Whiskeyflasche.
    Ten-nes-see Whis-key. Hatte ich schon mal gehört.
    Sein Zimmer sei noch genauso, wie er

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