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Glueck allein

Glueck allein

Titel: Glueck allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Halcour
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Tagesdecke lag.
    Als ich saß, erfasste mich sofort eine kribbelnde Unruhe, ein nervöses Knistern, das die Erfüllung alter Träume versprach. Und tatsächlich, als ob es nun soweit wäre, klickte er sich noch für einen Moment durch die Musiklisten, stimmte eine Ballade an und setzte sich neben mich.
    Da wir bisher mehr verlegene Blicke als Worte miteinander gewechselt hatten, fühlte ich mich ihm immer noch fremd, so dass ich ihn, selbst wenn er ganz nah an mich herangerückt wäre, nicht einfach hätte küssen können. Doch nun hielt er, als er sich setzte, auch noch einen gewissen Abstand zu mir ein, der uns jede Möglichkeit nahm, zueinander zu finden. Und auch wenn ich versuchte, mir die Verwirrung über seine Distanz nicht anmerken zu lassen, versandete unser Gespräch über das Lied, das gerade lief, nach wenigen Sätzen, so dass wir steif und kerzengerade nebeneinander saßen und wohl beide den letzten Akkord herbeisehnten.
    Als das Lied zu Ende war, erhob sich Florian eilig vom Bett und nahm auf dem Schreibtischstuhl seine vorherige Haltung wieder ein. Erneut gab es für ihn nichts anderes mehr als die Musik.
    Verwirrt starrte ich seinen Rücken an. Wollte er mich verführen? Wollte er mit mir zusammen sein? Was wollte er eigentlich?
    Zwei Männer streckten ihre Köpfe ins Schlafzimmer. Sie nickten einander zu und ließen sich auf die Ledersessel unterm Fenster plumpsen. Nachdem der eine mit erhobener Nase noch einmal die Umgebung begutachtet hatte, zog er behutsam einen krummen Joint aus seiner Jeanstasche hervor, den er sorgfältig mit seinen Fingerspitzen gerade strich. Er zündete die weiße Papierrolle paffend an, bis ihre Spitze orange aufglühte. Ich roch den beißenden Geruch, fragte mich, ob ich nun auch benebelt würde und beobachtete die schmalen Rauchschwaden, die sich langsam durch den Raum zogen.
    Ein Mann mit altmodischem Zylinder betrat das Zimmer. Es musste der Gastgeber sein. Die Rothaarige hatte mir von diesem Hut erzählt, den sich ihr Freund partout nicht hatte ausreden lassen wollen. Er war sichtlich angetrunken und tanzte bei jedem Schritt, wobei er wie bei einer Gymnastikübung das eine Bein Richtung Bauch zog und auf dem anderen mit kleinen Sprüngen vorwärts hüpfte.
    »Ich liebe spitze Schuhe bei Frauen«, sagte er und deutete auf meine. Er klopfte Florian auf die Schulter, sah den Joint, hüpfte zu ihm hin, zog gierig drei, vier Mal, gab ihn mit einer Verbeugung zurück und holte hinter einem der Sessel eine Gitarre hervor. Er zwinkerte mir zu und setzte sich auf eine Kommode. Die Gitarre über das angewinkelte Bein gestemmt, wischte er ein, zwei Mal über die Saiten. Er verbesserte noch einmal rutschend seinen Sitz und begann, anfangs auf seine spielenden Finger blickend und bald mit geschlossenen Augen, zu singen. Seine Stimme war laut und die Worte empfindlich gedehnt. Es berührte mich sofort, so dass ich Florian beinahe vergaß.
    Angelockt durch die Musik kamen schon bald mehr Leute ins Zimmer, zu meinem Erstaunen ausschließlich Männer. Auf Bett und Boden nahmen sie um mich herum Platz, was genügte, um mich glücklich zu machen. Manchmal sah mich einer von der Seite länger an, aber ich erwiderte keinen Blick, denn ich war mit Florian gekommen. Aber als ein junger Mann mit offenem Hemd bis zur Brust die Gitarre an sich nahm und einen ebenso gefühlvollen Song wie sein Vorgänger zum Besten gab, ertappte ich mich, wie ich den Spielenden mit tiefen Blicken bedachte.
    Am Ende des Liedes begann unerwartet einer, der auf dem Boden saß, zu lachen. Während die anderen sich noch verwundert ansahen, erfasste es auch seinen Nebenmann. Der hickste und gluckste so seltsam, wurde dabei aber immer wieder aufs Neue erfasst, dass auch wir auf dem Bett zu lachen begannen. Gegenseitig machten wir uns das Aufhören unmöglich und lachten, bis uns die Bäuche wehtaten, ohne dass einer wusste, was nun eigentlich genau so lustig war. Nur Florian blieb die ganze Zeit in seinen Computer vertieft. Wer sollte es ihm verdenken? War er doch der einzige im Raum, der nüchtern war.
    Wäre Florian nicht da gewesen, wäre ich nach diesen Minuten bis zum Morgengrauen zwischen den Männern auf diesem Bett sitzen geblieben. Wir hatten zusammen gelacht und zwar so, wie man nur selten lacht, waren einen kostbaren Moment zusammen glücklich gewesen, was jeder noch eine Weile spürte und uns als Gruppe verband.
    Nur Florian wollte nicht Teil von dem sein und um kurz nach zwölf gehen. Sofort stimmte ich

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