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Glueck allein

Glueck allein

Titel: Glueck allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Halcour
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war aber noch immer nicht gesund. Damit man mir dies nicht ansah, hatte ich meinen Wangen mit Rouge einen rötlichen Schimmer verliehen und meine Schnupfnase mit Camouflage hell geschminkt.
    »Ich will doch nur was trinken«, wandte meine Freundin lustlos ein, »das lohnt sich doch gar nicht.«
    »Klar, da gibt es auch günstige Cocktails«, erwiderte ich und war erleichtert, als sie meinen flehenden Blicken nachgab.
    Es war noch nicht lange her, seitdem wir das letzte Mal hier gewesen waren, wohl kaum mehr als zwei Monate. Die gedämpfte Musik aus dem Innern, das warme Licht vom Boden, die Kiesel unter meinen Füßen, vieles erinnerte mich an meinen ersten Abend nach den Prüfungen, nach Leo, an dieses erwartungsvolle Glück, das ich in mir trug, bis ich mich immer mehr verlor, Paul zurückwies, Sascha hinterherlief und schließlich aus Verzweiflung Christian mit nach Hause nahm. Hitze schoss mir ins Gesicht, als ich mich an den Morgen danach erinnerte.
    »Hier«, sagte Hanna und reichte mir einen Erdbeercocktail. Er schmeckte fruchtig, genauso wie damals, nur war er weniger süß. Auch war es deutlich kühler geworden, so dass ich bei jedem Windzug eine Gänsehaut bekam. Immer wieder schaute ich mich um, auf der Suche nach einem längeren Blick, einem offenen Lächeln, doch es war, als würde mich keiner sehen.
    »So...«, sagte Hanna nach dem zweiten Cocktail und ich wusste, sie wollte gehen. Unser Gespräch war dahin gebröckelt, als kannten wir uns kaum.
    »Einen noch?«, fragte ich und versuchte dabei ein freundliches, einladendes Gesicht zu machen, aber meine Augen blieben starr, lachten nicht mit.
    Skeptisch blickte sie auf die Uhr und seufzte. »Na gut. Aber hol schon mal die Jacken.«
    Und so besiegelte sie unser Gehen. Auf dem Weg zur Garderobe schaute ich mich ein letztes Mal um. Ein rothaariger Mann, sein Gesicht war birnenförmig, oben schmal, unten breit, lachte mich freundlich an. Ich musterte ihn, sah eine Möglichkeit, nicht alleine zu bleiben, und ging direkt auf ihn zu.
    »Ich bin nicht von hier«, sagte er gleich.
    »Bist du nicht?«
    »Aber ich wäre es gern.«
    »Weil die Leute so nett sind?«
    »Weil du so hübsch aussiehst!«
    Ich lächelte und beschloss, dass es passte.
    Kurzerhand meinte ich: »Ich mag dich und du magst mich. Wenn uns, unserem Zusammensein, heute, in dieser Nacht, irgendetwas entgegensteht, dann sag es bitte sofort.«
    Langsam hob er seine Hand. Ich sah den goldenen Ring an seinem Finger und gratulierte mir. Wahrscheinlich war er der einzige verheiratete Mann in diesem Laden.
    »Na, dann hier noch viel Spaß«, rief ich lachend und ging zur Garderobe. Aber die Enttäuschung ließ sich nicht so einfach herunterschlucken.
    Mit den Jacken überm Arm kehrte ich auf den Hof zurück. Erfreut blickte ich auf: Zwei Männer, neben Hanna. Der eine, mit kleinen, dunklen Augen, dürrem Hals und vorspringender Nase, der mich unweigerlich an eine Krähe erinnerte, spielte ungeduldig mit einer Zigarette zwischen seinen Fingerspitzen und Hanna kramte angestrengt in ihrer großen Lederhandtasche. Die Krähe gefiel mir nicht, aber den Mann neben ihr, sportlich, schwarzes Shirt, mit längerem blonden Haar, fand ich gut. Er war mir ein bisschen zu jung und zu bullig, um der Richtige zu sein, aber heute Nacht war alles besser als allein.
    Ich stellte mich neben Hanna, die in diesem Moment triumphierend das Feuerzeug aus ihrer Tasche zog. Die Augen des blonden Mannes wurden größer, als er mich sah. Ich strich mir eine Strähne aus dem Gesicht, lächelte ihn an, fühlte mich schlank, fühlte mich schön und als er seinen Blick nicht von mir abwandte, war ich mir sicher, ich könnte ihn verführen.
    »Ich bin Emilia. Und wer bist du?«, fragte ich und streckte ihm ganz sanft meine Hand entgegen.
    »Ben«, antwortete er.
    Wir lächelten schüchtern und ließen uns los.
    Die Krähe rauchte mit kurzen, hastigen Zügen ihre Zigarette, wobei immer wieder ein wenig Rauch aus ihrer Schnabelnase trat. Ben wippte auf seinen Ballen auf und ab. Hanna schlürfte ihren Erdbeercocktail aus. Neben uns lachte jemand laut auf, ich räusperte mich, wollte gerade ein Gespräch beginnen, da ließ Bens Freund seine Zigarette fallen und verabschiedete sich mit einem kurzen Nicken nach drinnen. Enttäuschung huschte über mein Gesicht und auch Ben blieb zögernd stehen.
    »Kommt ihr mit rein?«, fragte er schließlich, während sich seine Finger krümmten.
    »Ja, klar«, rief ich schnell, bevor Hanna widersprechen

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