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Glück muß man haben

Glück muß man haben

Titel: Glück muß man haben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gezählt. Oder besitzt noch einer die Kühnheit zu behaupten, daß ich derjenige bin, der eine Lage schmeißen muß.«
    Anerkennendes Geschrei antwortete ihm. Einen Fehler, hieß es aber schließlich, habe er dennoch gemacht.
    »Welchen?« wollte er wissen.
    Nachdem ihm Wilhelms fußballerische Qualitäten bekannt gewesen seien, hätte er dafür sorgen müssen, daß der Libero-Posten von der ersten Minute an die einzig richtige Besetzung durch diesen Mann gefunden hätte. Dann stünde es jetzt nämlich nicht 2 : 0 für die Brotfritzen, sondern immer noch 0 : 0.
    »Bin ich Jupp Derwall?« antwortete Stummel. »Ich rede in Udos Aufstellungskompetenzen nicht hinein.«
    Die Mannschaften kamen wieder. Überraschenderweise wurden die ›Stormer‹ von ihren Anhängern mit dem größeren Beifall begrüßt. Die Fans der Bäcker-Elf dachten wohl, daß es nicht mehr nötig wäre, ihre Jungs noch besonders anzufeuern. Die Partie sei ja schon gelaufen.
    An diesem Eindruck änderte sich zunächst auch nichts, nachdem der Schiedsrichter die zweiten 45 Minuten angepfiffen hatte. Wieder rollten die Angriffe der Spieler von der Brotfabrik, wieder hatten sich die Elektriker ihrer Haut zu wehren. Im Strafraum vor Udos Tor brannte es oft genug lichterloh, doch Hand in Hand damit rückte auch immer mehr die Rolle des großen Feuerwehrmannes in den Vordergrund, der dort am Löschen war.
    Langsam ermüdeten die Bäcker. Ihr Druck ließ nach, ihr Schwung war weg. Mehr und mehr machte sich besonders unter ihren Stürmern, an denen es gelegen hätte, die Trefferquote noch zu erhöhen, eine Stimmung breit, der ihr Torjäger Nr. 1, der Mann im Angriffszentrum, Ausdruck gab, indem er zu einem seiner Mitspieler sagte: »Hat ja doch keinen Zweck gegen den.«
    »Weißt du was?« entgegnete der andere. »Da hilft nur Härte, um dem den Schneid abzukaufen. Dann steckt er schon zurück. Anders geht's nicht.«
    Und schon machte in den Reihen der Bäcker die Losung die Runde: ›Auf die Knochen von dem!‹
    Doch sehr rasch zeigte sich, daß dieser Schuß ganz enorm nach hinten losging. Nachdem zweimal hintereinander über die Grenze des Erlaubten hinaus gegen ihn ›eingestiegen‹ worden war, wußte Wilhelm, zu welchem Kurs der Gegner sich entschlossen hatte, und erteilte die entsprechende Antwort. Von nun an fand kein Zweikampf mit ihm mehr statt, aus dem nicht sein jeweiliger Kontrahent als derjenige hervorgegangen wäre, der sich glücklich preisen mußte, daß sein Skelett nicht innerlich auseinandergefallen war.
    »Mann«, klagte der Spieler der Bäcker, der die Losung zur Härte ausgegeben hatte, dem Torjäger sein Leid, »hast du schon mal versucht, einen Hydranten zu rempeln. Jetzt weiß ich, wie das ist.«
    »Ja, Mann«, entgegnete der Torjäger, »ich auch. Ich habe doch gleich nach dir dasselbe unternommen, als dir noch schwarz vor den Augen war. Du mußt mir deshalb nichts erzählen.«
    »Mann«, seufzte der andere noch einmal. Dabei tastete er sich an den Rippen, am Brustkorb, an den Hüftknochen, am ganzen Rumpf ab.
    Die Bäcker kehrten rasch wieder zu einer Spielweise zurück, die Stummel, der Wortführer unter den Zuschauern, als ›gesittet‹ bezeichnete. Es trat aber dann zutage, daß die Mannschaft einen Knacks davongetragen hatte. Ihre Offensivkraft war endgültig gebrochen. Das hatte Folgen.
    Die Elektriker spürten, daß das nicht mehr nur das Spiel des Gegners war, sondern auch ihres. Erst unmerklich, dann deutlicher kam ein anderer Wind auf, ein Wind, der in die Segel der Elektriker blies. Ganz klar war das zu erkennen, als sich zum erstenmal über die Bäcker Gelächter der Zuschauer erhob. Entzündet wurde dies von Wilhelm. Umgeben von vier gegnerischen Spielern kam er als Schnellster an den Ball, trickste auf engstem Raum alle vier aus, degradierte sie zu Statisten, irritierte sie mit Körpertäuschungen und glänzender Balltechnik, schickte sie dadurch in die verschiedensten Richtungen auseinander, schüttelte sie ab, stempelte sie, wie Stummel verlauten ließ, zu ›Hampelmännern‹. Damit noch nicht genug. Im direkten Anschluß an diese Szene leitete er den ersten gefährlichen Angriff seiner Mannschaft im ganzen bisherigen Spiel ein. Er kam mit dem Ball am Fuß aus dem eigenen Strafraum heraus, den er vorher kein einziges Mal verlassen hatte, seit er vom Sturm in die Libero-Position zurückgegangen war. Das wäre aufgrund der stürmerischen Daueroffensive der Bäcker auch gar nicht möglich gewesen. Doch nun schien sich

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