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Glück muß man haben

Glück muß man haben

Titel: Glück muß man haben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ball in aller Ruhe annehmen, ihn unter Kontrolle bringen und ins Gehäuse Udos bugsieren konnte. Für Udo, den Kapitän der Elektriker, gab es nicht die geringste Chance, das Verhängnis abzuwenden.
    Doch nicht genug damit. Kaum sechs Minuten später spielte sich fast genau dasselbe noch einmal ab. Der einzige Unterschied war der, daß der Angriff von rechts kam. Die entscheidende Schwachstelle war wieder der Libero, der einfach keinen Blick für das Spielgeschehen hatte: der es völlig an dem fehlen ließ, was der Fachmann ›Stellungsspiel‹ nennt. Ein Libero ohne Stellungsspiel ist soviel wie ein Fischer ohne Netz. Auf keinem anderen Posten ist das Stellungsspiel auch nur annähernd so wichtig wie auf dem des Libero.
    Nun stand es also 2 : 0 für die Bäcker, und das Match war erst neun Minuten alt. Die übrigen 81 Minuten konnten ja noch ›lustig‹ werden – für die Elektriker.
    Wilhelm Thürnagel hatte noch keinen einzigen Ball bekommen. Er war ja im Sturm eingesetzt, stand einsam vorne, wartete darauf, angespielt zu werden, was nicht erfolgte, und mußte mitansehen, wie über der eigenen Abwehr die Angriffswellen des Gegners zusammenschlugen.
    Dann wäre um ein Haar das 3 : 0 gefallen, wenn nicht ein Bäcker das Kunststück fertiggebracht hätte, aus einer Entfernung von vier Metern am Tor Udos vorbeizuschießen. Das geht nicht so weiter, sagte sich Wilhelm und wandelte aus eigener Initiative seine Aufgabe eines beschäftigungslosen Stürmers um in die eines überlasteten Abwehrspielers. Und damit setzte die schon erwähnte Sensation ein.
    Beim ersten Fallrückzieher, mit dem Wilhelm in Mannshöhe einen Ball von der Torlinie wegholte, nachdem Udo schon geschlagen war, neigten die Zuschauer noch dazu, an das berühmte Korn zu glauben, das auch mal von einer blinden Henne gefunden wird. Nur einer öffnete seiner Begeisterung schon ein kleines Ventil, indem er hervorstieß: »Habt ihr das gesehen?« Dieser eine war Stummel.
    Wilhelms zweite Großtat ließ nicht lange auf sich warten. Mit einem Flugkopfball quer durch den Fünfmeterraum machte er einen gefährlichen Schrägschuß des Gegners unschädlich. Schon jetzt stand fest, daß das Spiel – nicht eine Wende, aber eine Änderung erfahren hatte. Die Angriffswogen der Bäcker brachen sich plötzlich an einem sogenannten Felsen in der Brandung.
    Bis zur Halbzeit änderte sich das Ergebnis nicht mehr, obwohl das ganze Spielgeschehen nach wie vor in der Hälfte der Elektriker stattfand, die Bäcker also allein am Drücker waren. In der Pause drehten sich die Gespräche aller sowohl in den Kabinen der Mannschaften als auch unter den Zuschauern draußen am Spielfeldrand ausschließlich um Wilhelm Thürnagel.
    »Sagt mal«, fragte der Kapitän der Bäcker-Elf seine Teamkameraden, »kennt einer von euch den mit der Nummer neun von denen? Ist der schon mal wo aufgetreten? Oder haben sich die den für heute gekauft? Spielt er schwarz?«
    Der Kapitän blieb ohne Antwort. Alle schüttelten entweder die Köpfe oder zuckten die Achseln.
    »Dagegen könnten wir nämlich protestieren«, sagte der Kapitän.
    In der Kabine der Elektro-Mannschaft selbst gab Udo der Meinung aller Ausdruck, indem er sagte: »Mensch, Wilhelm, du bist der Größte! Hast du in der russischen Nationalmannschaft gespielt?«
    Schwer atmend antwortete Wilhelm: »Ich bin jetzt fertig, das sage ich euch. Es hieß, ich soll eine Halbzeit spielen. Darf ich euch daran erinnern?«
    In dem Stimmengewirr, das ihm entgegenschlug, drang mit seinem Organ einer durch, der rief: »Du willst aufhören?«
    »Ich muß!«
    Derselbe Mann fragte alle: »Hat einer eine Spritze für den?«
    Kurzes allgemeines Gelächter.
    Dann sagte Udo: »Im Ernst, Wilhelm, wir brauchen dich. Wir sind ohne dich hinten vollkommen aufgeschmissen, das hat sich doch gezeigt.«
    Wilhelm schüttelte den Kopf. Daraufhin sprach Udo das entscheidende Wort: »Du darfst uns jetzt nicht im Stich lassen!«
    Wilhelm schaute ihn mit vorwurfsvoller Miene an, sah in die Runde, bemerkte die Blicke aller, die auf ihn gerichtet waren, ließ sich von der Bank, auf der er saß, rutschen, legte ich auf den Boden, schloß die Augen, blieb regungslos liegen und sammelte so neue Kräfte.
    Unter den Zuschauern draußen führte Stummel das große Wort. Eine Gruppe, die sich verfünffacht hatte, umgab ihn. Kein einziger war dabei, der ihn nicht um mindestens zwei Köpfe überragt hätte.
    »Na, ihr Würstchen«, sagte er, »ich hoffe, ihr habt euer Geld schon

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