Glücklich gestrandet
Sonnenbad nehmen«, meinte Carole weiter.
»Aber es ist immer noch ein wenig kühl, oder?« Warum muss ich eigentlich alle so behandeln, als wäre ich ihre Mutter?, tadelte Jo sich. Warum sollte es sie interessieren, wenn Carole fror?
Einige Sekunden, bevor Dora mit dem Tee kam, war Carole bereits in ihre Kabine zurückgelaufen. Dora klopfte an die Tür. »Soll ich Ihnen den Tee hinunterbringen?«
»Oh. Nein, danke. Ich habe gerade etwas Wasser getrunken. Mehr brauche ich nicht«, rief Carole nach oben.
»Wir haben eine Tasse Tee übrig«, bemerkte Dora, die, wie Jo fand, bemerkenswerte Selbstbeherrschung an den Tag legte.
»Ed wird den Tee trinken«, sagte Marcus.
»Dann werde ich Zucker hineingeben«, erwiderte Dora.
»Das erledige ich!«, erbot sich Jo, die nicht mit Marcus allein bleiben wollte. Sie fühlte sich noch immer eigenartig, was ihn betraf, und wollte noch nicht die Gründe dafür analysieren müssen.
»Nein, du bleibst hier oben.« Dora war energisch; langsam behandelte sie Jo ganz ähnlich, wie Karen es tat.
Statt gespreizte Konversation zu machen, grübelte Jo darüber nach, wie es möglich war, dass Carole in Bezug auf alle anderen so absolut selbstsüchtig war, während sie andererseits so viel Rücksicht auf Marcus und sein Wohlbehagen nahm. Die Liebe entfaltete manchmal merkwürdige Wirkungen, vermutete sie.
Etwa zehn Minuten später erschien Carole in einem kanariengelben Bikini, der dazu geschaffen war, ein Maximum an Fleisch zu zeigen und den Mythos zu beweisen, dass die Beine einiger Frauen von der Taille bis zu den Füßen reichten, ohne durch Hüften verbunden zu sein. Sie trug eine große Strandtasche über der Schulter.
»Du brauchst bestimmt nichts, Marcy, oder?«, fragte sie ihn, als sie vorbeikam. »Ich bin gleich draußen, wenn du doch etwas brauchst, aber ich bin sicher, dass Jo und Dora dich mit allem versorgen können.«
Nachdem sie diese Erklärung abgegeben hatte, stieg sie auf Deck. Während alle – insbesondere Tom, wie Dora bemerkte – fasziniert zusahen, legte sie ein riesiges Strandhandtuch auf den Boden und setzte sich darauf. Dann förderte sie einen Sonnenhut zutage, eine Sonnenbrille und mehrere Flaschen Sonnencreme. Sie trug die Creme in einer dicken Schicht auf, sodass ihre Haut fast weiß wirkte, dann legte sie den Kopf auf einen Rettungsring. Aber nur für einen Augenblick.
»Das ist ein wenig hart. Könnt ihr mir ein Kissen zuwerfen?«, rief sie.
Jo und Dora sprangen beide diensteifrig herbei, aber Dora erreichte sie als Erste.
»Warum nimmst du nicht auch ein kleines Sonnenbad?«, schlug Jo ihr vor, »wenn du ohnehin schon nach draußen gehst?«
»Ich habe nichts Passendes zum Anziehen da«, bekannte Dora. »Ich habe meine Zahnseide im Badezimmer liegen lassen.«
Tom und Marcus warfen ihr verwirrte Blicke zu, und Jo runzelte die Stirn. »Hm, tank einfach ein bisschen Sonne, solange du kannst«, erklärte sie energisch. Sie fand es nicht fair, herabsetzende Bemerkungen über Marcus’ Freundin vor ihm zu machen.
Jo kam zu dem Schluss, dass Ed ihre Informationsquelle sein würde. Sie hätte Tom dazu benutzt, aber er stand im Ruderhaus am Steuerrad, und Marcus war bei ihm und überzeugte sich wahrscheinlich davon, dass er der Aufgabe gewachsen war. Also goss Jo Ed eine neue Tasse Tee auf und ging zu ihm.
Ed leerte entgegenkommend seinen Becher und nahm den vollen entgegen, den Jo ihm hinhielt.
»Also, was geht hier vor, Ed? Ich möchte Tom nicht ablenken.«
»Es sieht so aus, als hätte er das Ruder gut im Griff. Marcus wird zufrieden sein.«
»Erzählen Sie mir, wo wir sind und so weiter.« Jo hatte das Gefühl, dass sie Ed ihre Unwissenheit offenbaren konnte, ohne in Verlegenheit zu geraten.
»Sie haben sich das Bootsrennen zwischen Cambridge und Oxford im Fernsehen angesehen, nicht wahr?«
Jo nickte.
»Nun, wir werden an denselben Stellen vorbeikommen, an Harrods Depository und all den Brücken. In zwei Stunden werden wir unten in Westminster sein, um aufzutanken. Es ist wunderbar, das Parlament vom Wasser aus zu betrachten.«
»Meine Güte! Das klingt wirklich aufregend«, erwiderte Jo, die immer noch zwischen den beiden Extremen schwankte – dem Angsthasen, der am liebsten zu Hause geblieben wäre, und dem ein wenig zuversichtlicheren Seemann, den Marcus aus ihr gemacht hatte. Bei näherem Nachdenken erklärte dies tatsächlich, warum Marcus so verärgert über sie gewesen war. Wenn er wirklich gedacht hatte, sie habe gekniffen,
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