Glücklich gestrandet
rücksichtsvoll.
»Es würde einige Mühe bedeuten, alles hier heraufschleppen zu müssen, nicht wahr?«
»Nicht, wenn alle sich selbst bedienen«, wandte Tom ein. »Ich könnte ein paar Sofakissen heraufbringen.«
»Das klingt wunderbar!«, meinte Carole. »Ich nehme nur Gemüse oder Salat, was immer es gibt, das kein Gesicht hat.«
»Der Plan ist der, dass wir uns selbst unser Essen holen«, sagte Jo sanft und hoffte, nicht so herablassend zu klingen. »Also, wenn Sie hier draußen bei uns anderen essen wollen, müssen Sie sich an die Regeln halten.«
Carole und Jo sahen Marcus an und hofften beide auf seine Unterstützung. Sie sollten enttäuscht werden. Er stand mit Ed am Bug und betrachtete die Navigationslichter. Jo wünschte um ihrer aller willen, er würde seine Freundin endlich in den Griff bekommen.
Dora wachte auf, als Ed ins Badezimmer ging. Es war am nächsten Morgen, und da Marcus darauf bestanden hatte, dass alle nicht zu viel tranken und einigermaßen früh zu Bett gingen, hielt sich ihre Müdigkeit in Grenzen. Sie stellte sich auf ihre Koje und blickte aus dem Fenster. Ein weiterer vollkommener Tag stand bevor, und die Morgendämmerung ließ sogar die Marschlandschaft am Ufer rosig und romantisch wirken. Sie beschloss, Jo einen Tee ans Bett zu bringen, falls sie nicht schon aufgestanden war und in der Kombüse herumwerkelte.
Am vergangenen Abend hatten sie Monopoly gespielt, das Jo mitgenommen hatte.
Marcus hatte nicht mitgespielt. Er hatte sich mit den Karten und vermutlich mit einem guten Buch in seine Kabine zurückgezogen, aber alle anderen hatten mitgespielt. Es hatte Spaß gemacht. Nun, es hätte Spaß gemacht, überlegte Dora, wenn ihr nicht die ganze Zeit über etwas zugesetzt hätte. Hatte es daran gelegen, dass Tom sich Carole gegenüber so hilfsbereit gezeigt und ihr geholfen hatte zu gewinnen, oder hatte es sie gestört, dass Carole sich ihm gegenüber so kokett gegeben hatte?
Jetzt schob sie den Gedanken weit von sich. Wenn Tom kokette, klammernde Frauen mochte, wollte sie dann wirklich etwas mit ihm zu tun haben? Während sie ihre Jeans anzog, rief sie sich energisch ins Gedächtnis, dass sie nur Freunde waren und es sie daher nichts anging, mit wem er flirtete.
Jo war dankbar für den Tee. »Ich war gestern wirklich früh auf den Beinen. Heute fühle ich mich, als wären meine Glieder aus Blei.«
»Nun, es ist nicht nötig, dass du jetzt schon aufstehst. Ich werde den Jungs das Frühstück zubereiten.«
»Setz ihnen einfach Toast und Müsli vor. Den Schinken können sie zum zweiten Frühstück bekommen.« Jo ließ sich wieder in ihre Kissen sinken. »Ich hätte daran denken sollen, Sojamilch zu kaufen. Viele Leute sind gegen Kuhmilchprodukte allergisch.«
»Ja, aber normalerweise teilen sie es einem vorher mit. Sie tauchen nicht einfach auf und verlangen spezielle Speisen.«
»Die arme Carole«, murmelte Jo, während sie mit geschlossenen Augen an ihrem Tee nippte. »Wir dürfen nicht so schlecht über sie reden.«
»Warum nicht?«, fragte Dora und huschte zurück ins Badezimmer, sobald sie hörte, dass Ed es verließ.
An diesem Tag waren alle ein wenig stiller. Die erste Aufregung, nun endlich unterwegs zu sein, hatte sich gelegt, und vielleicht schüchterte sie die Aussicht, die Nordsee zu überqueren, ein wenig ein. Marcus hielt einen Vortrag über das Thema Sicherheit und sprach über Rettungswesten und darüber, wie sie würden reagieren müssen, falls jemand über Bord ging. Er erklärte ihnen auch, wie das kleine Beiboot zu Wasser gelassen wurde – damit schien auch Tom sich bestens auszukennen – und wie wichtig es war, dass in der Kombüse nichts lose herumlag. Dora und Jo gestanden einander ihre Nervosität, während sie das Mittagessen vorbereiteten. Sie wollten ihre Sorgen mit niemandem sonst teilen.
»Wenn Carole keine Angst hat, sollten wir sie auch nicht auf die Idee bringen«, meinte Jo.
»Ja, Unwissenheit ist ein Segen«, erwiderte Dora, »oder zumindest scheint es in ihrem Fall so zu sein.«
»Ich glaube nicht, dass sie besonders glücklich ist«, erwiderte Jo.
»Nein? Sie hat Marcus, den sie anhimmelt, sie braucht keinen Finger zu rühren, und sie sieht aus wie ein Supermodel. Was kann eine Frau sich mehr wünschen?«
»Vielleicht ein wenig Erfüllung«, antwortete Jo. »Doch vermutlich bilde ich mir das alles ja nur ein. Kümmer dich nicht darum. Ich hätte nur selbst keine Lust, mit Marcus zusammen zu sein.«
»Wirklich? Ich finde, für
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