Glücklich gestrandet
Marcus schmiedeten alle Pläne für ihre Abreise. Wohin würde sie gehen? Sie konnte wahrscheinlich für einige Tage bei Tilly auf der Appalachia unterkommen, aber Jo wusste, dass ihre Nachbarin in Kürze Gäste erwartete. Dann waren da noch die beiden Räume über Mirandas Laden, die ihre Freundin ihr angeboten hatte, doch sie befanden sich derzeit nicht in bewohnbarem Zustand. Sie tadelte sich dafür, nicht vorausgedacht zu haben, weil sie sich solche Sorgen wegen der Reise gemacht hatte. »Ich werde uns Kaffee kochen«, erklärte sie in der Hoffnung, dass einige Minuten des Alleinseins ihr zu einer Eingebung verhelfen würden.
»Ich komme mit!«, erklärte Dora und stand auf, wobei sie die Tatsache ignorierte, dass Carole in Toms Glas mehr Wein schüttete als in ihr eigenes.
»Kann ich ein Wort mit dir reden?«, wollte Dora wissen, als sie in der Kombüse waren.
»Ja, natürlich. Worum geht es denn? Machst du dir Sorgen wegen dieses Musikfestivals? Du brauchst nicht hinzugehen, wenn du es nicht willst. Lass dich nicht unter Druck setzen.«
»Es geht nicht um mich, sondern um dich!«
»Wie meinst du das?«
»Ist es in Ordnung, wenn du mit Marcus allein bleibst? Wir anderen machen uns alle aus dem Staub, wenn wir Dordrecht erreichen, und dann wirst du mit ihm allein sein. Kommst du damit klar?«
Jo seufzte. »Ich denke, ja. Außerdem habe ich keine Ahnung, wo ich sonst hingehen könnte.« Sie ging mit Dora ihre Liste möglicher Gästebetten durch, und sie gelangten beide zu der Ansicht, dass keins davon wirklich infrage kam.
»Und du kannst nicht bei dir zu Hause wohnen, jetzt, da die Perle schwanger ist und alles.«
Jo schauderte sichtlich. »Auf keinen Fall.«
Dann wurde die Tür geöffnet, und Marcus erschien. »Was heckt ihr zwei hier aus?«
Sie zuckten beide schuldbewusst zusammen. »Wir hecken nichts aus«, erwiderte Jo entrüstet.
»Ich hoffe doch, du hast nicht die Absicht, das Schiff im Stich zu lassen, Joanna. Ich brauche immer noch eine Köchin. Außerdem wirst du auf diese Weise die Chance haben, dich ein wenig umzusehen. Ein kleiner Urlaub vor der Rückreise.«
Dora hörte, wie Jo die Luft einsog, obwohl sie wusste, dass ihre Vermieterin sich zu beherrschen versuchte.
»Ja«, antwortete Jo schwach.
Dora traf eine Entscheidung. Es war offenkundig, dass Marcus Jo aus dem Gleichgewicht brachte, aber trotz allem, was Jo bisher über ihn gesagt hatte, war es möglich, dass sie ihn recht gern hatte. Sie kannten einander von früher, und Jo hatte sie nicht gebeten, sie auf keinen Fall mit ihm allein zu lassen. Und es würde ihr guttun, ein wenig Zeit mit einem Mann zu verbringen, der nicht ihr Ehemann war und der ihre Gesellschaft anscheinend zu schätzen wusste. Jo konnte im Augenblick einen weiteren Freund gut gebrauchen. »Du hast mal gesagt, es sei eine Schande, dass du keine Zeit haben würdest, mehr von Holland zu sehen.«
»Ich habe das gesagt?«
»Bleib bei mir, Jo.« Marcus hatte etwas sehr Überzeugendes, wie Dora bemerkte. »Ich verspreche dir, mich von meiner besten Seite zu zeigen.«
Jo lächelte vage. »Also schön. Außerdem kann ich sonst nirgendwohin.«
»Dann werde ich mir die Tatsache, dass du nicht gleich bei der ersten Gelegenheit davonläufst, nicht zu Kopf steigen lassen.«
Dora lachte. »Es gibt in Holland wunderbare Flohmärkte. Ich habe darüber gelesen.«
»Und Amsterdam ist eine großartige Stadt. Wir können uns einen Wagen mieten und dort hinfahren.«
Solchermaßen überstimmt, gestand Jo ihre Niederlage ein, und da sie jetzt recht glücklich mit dem Gedanken schien, an Bord zu bleiben, fragte Dora sich, ob sie ihre eigenen Zweifel und Ängste, was das Festival betraf, auf Jo übertrug.
Anscheinend war sie die Einzige, die das Gefühl hatte, dass das Leben sich für alle verändern würde, sobald sie die alte holländische Stadt Dordrecht erreichten, die schon länger existierte als Amsterdam.
Ed kehrte zu einem neuen Enkelkind zurück, und Carole würde sich auf die Suche nach einem neuen Freund und Versorger machen. Jo blieb bei einem Mann, der ihnen insgeheim als der »beängstigende Marcus« bekannt gewesen war. Wie würde sie damit fertigwerden? Würde sie ihn bemuttern, bis er sich ergab? Irgendwie glaubte Dora das nicht. Im Gegensatz zu vielen Männern machte Marcus nicht den Eindruck, als wollte er bemuttert werden. Andererseits war das vielleicht nur die kühne Fassade, die er der Welt zeigte. Dora hätte Jo, die in der Stunde ihrer Not so gut zu
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