Glücklich gestrandet
»Philip ist auf den Dachboden gegangen, um meine Nähmaschine zu holen.«
»Eine Nähmaschine!«, rief Samantha. »So eine habe ich mir immer gewünscht.«
»Philip wird Ihnen sicher eine kaufen, wenn Sie ihn darum bitten«, erwiderte Jo, die langsam die Geduld verlor.
»Oder Sie könnten sich selbst eine kaufen«, schlug Dora vor, die einer anderen Generation angehörte.
»Ich würde dem Baby gern kleine Kleider nähen«, erzählte Samantha vertraulich. »Ich habe früher Kleider für meine Barbiepuppe genäht.«
»Ach ja?« Jo verspürte einen gewissen widerstrebenden Respekt. »Das ist wirklich kniffelig. Ich hätte gedacht, dass man solche Dinge überwiegend von Hand nähen muss. Ich habe einmal eine Wildlederjacke für Karens Cindy genäht …«
»Ich war so neidisch darauf!«, erklärte Dora in der Erinnerung an ihre Jugend.
»Es war nur Wildleder-Imitat«, entgegnete Jo. »Oh, da ist Philip.«
»Schnuckelchen! Ich habe gerade gesagt, dass ich schrecklich gern auch eine Nähmaschine hätte.« Samantha erinnerte sich offensichtlich ebenfalls an eine glückliche Kindheit, während der sie mit Puppen gespielt hatte.
»Könntest du sie für mich in den Wagen bringen?«, bat Jo Philip. »Ich nehme dann die Kleider.«
»Die kann ich nehmen«, erbot sich Dora, »oder die Nähmaschine.«
»Es ist schon gut, ich bringe sie euch raus«, erklärte Philip. »Sammy, Liebling, du hättest nicht vielleicht Lust, etwas zum Mittagessen zu kochen, oder?«
Sie marschierten allesamt nach draußen, eingeschlossen Samantha, die offensichtlich sicherheitshalber in Philips Nähe bleiben wollte.
Er stellte die Nähmaschine auf die Rückbank des Wagens. »Ich hoffe, du kommst zurecht, Jo. Ich mache mir Sorgen um dich.«
»Mir geht es absolut blendend«, erklärte Jo entschieden.
»Und du wirst diese lächerliche Fahrt nach Holland nicht mitmachen, oder? Michael hat mir davon erzählt. Ich war entsetzt. Es klingt unfassbar verantwortungslos. Ihr könnt natürlich bei uns wohnen, alle beide, während jemand anderes das Boot nach Holland bringt.«
Unter normalen Umständen hätte Samanthas entsetzte Miene angesichts dieser Aussicht Jo zum Lachen gebracht. Jetzt konnte sie sich nicht daran erinnern, was normale Umstände waren.
»So eine Reise«, fügte Philip mit übertriebenem Eifer hinzu, »ist etwas, das eine Frau deines Alters wirklich nicht mehr in Angriff nehmen sollte.«
Einen schauderhaften Moment lang fürchtete Dora, Augenzeugin eines Mordes zu werden, aber Jo wirkte sehr ruhig.
»Oh, ich finde nicht, dass ich mir eine Chance auf ein Abenteuer entgehen lassen sollte, nur weil ich keine zwanzig mehr bin, oder? Ich meine, ich brauche mich jetzt nur noch um mich selbst zu sorgen, und es wäre eine Schande, mir eine solch einmalige Gelegenheit entgehen zu lassen!«
»Aber du weißt, wie übel dir wird, und du würdest es hassen.«
»Oh, ich fahre definitiv mit.« Sie stieg in den Wagen, schlug die Tür zu und öffnete das Fenster. »Jetzt, da ich nicht mehr fest gebunden bin, habe ich die Chance, ein wenig zu leben. Das will ich voll auskosten.« Sie lächelte. »Oh, und übrigens, erinnerst du dich an Marcus? Er fährt als Skipper mit.«
Jo verspürte ein boshaftes Vergnügen, als sie zuerst Philips Verwirrung und dann einen Anflug von Missfallen sah. Das entschädigte sie ein wenig für das Grauen der letzten halben Stunde. »Danke, dass du mir meine Nähmaschine geholt hast«, fügte sie honigsüß hinzu, während sie den Motor anließ.
Dora erkannte an Jos und Philips Mienen, in welche Richtung das Gespräch sich bewegen würde, und sprang, einen schwarzen Plastiksack an ihre Brust gedrückt, eilends in den Wagen.
Als sie ein kleines Stück die Straße hinuntergefahren waren, bemerkte Dora: »Diese Samantha ist ein Fall für sich! Es muss absolut schrecklich für dich gewesen sein. Soll ich dich zum Mittagessen in einen Pub einladen?«
Jo seufzte. »Das wäre schön! Suchen wir uns etwas mit einem Garten, wo man die Schuhe ausziehen kann. Mir ist furchtbar heiß.«
Nachdem sie den perfekten Pub gefunden hatten und unter einem Sonnenschirm im Garten saßen, sagte sie: »Das ist so lieb von dir, Dora, doch du brauchst nicht für mich zu bezahlen. Wir können das von deiner Miete abziehen.«
»Kommt nicht infrage. Ich verdiene jetzt Geld. Ich kann mir ein paar Extras leisten. Außerdem muss ich dir ein Geständnis machen.«
»Oh, was?«
Dora nippte an ihrer Apfelschorle. »Ich habe Samantha erzählt,
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