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Gluecklich, wer vergisst

Gluecklich, wer vergisst

Titel: Gluecklich, wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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Quaken der Frösche am Abend oder das Vogelgezwitscher am frühen Morgen.
    Irgendwann dürfte ich eingenickt sein. Plötzlich schreckte ich auf. Ich hatte das Gefühl, dass gerade jemand in meinem Zimmer herumgeschlichen war. Rasch machte ich Licht an und schaute zur Tür. Die Klinke bewegte sich leicht nach oben.
    Hatte ich vorhin abgesperrt? Nein, es gab ja keinen Schlüssel. Walpurga hatte ihn angeblich verlegt, hatte aber versprochen, ihn zu suchen.
    Ich begann zu zittern, nicht nur wegen der Kälte. Trotzdem verließ ich das Bett, schnappte mir den schweren Kerzenhalter, der sozusagen als Notlicht auf meinem Nachtkästchen stand, und holte mein Handy aus der Handtasche. Serners Nummer hatte ich an erster Stelle gespeichert. Ich drückte nicht auf die Anruftaste, sondern schlich mit dem Handy in der Linken und dem Kerzenhalter in der Rechten zur Tür.
    Ich bildete mir ein, leise Stimmen auf dem Gang zu hören. Vorsichtig öffnete ich die Tür. Das Licht meiner Nachttischlampe warf einen schwachen Schein hinaus auf den Gang. Der Rest lag im Finstern.
    Ich hörte jemanden atmen.
    „Wer ist da?“, fragte ich laut und mit fester Stimme.
    Der Schalter für das Ganglicht befand sich ein paar Meter schräg gegenüber. Das Licht ging von alleine an.
    „Mein Gott, Joe, hast du mich erschreckt.“
    Walpurga stand in einem bodenlangen, zart geblümten Morgenrock vor mir und sah mich mindestens so entsetzt an wie ich sie. Ihr Blick blieb an dem Kerzenhalter hängen, den ich bedrohlich in meiner erhobenen Hand hielt.
    „Was machst du hier?“, fragte ich sie unwirsch.
    „Ich habe mir eingebildet, die Haustür zu hören, und wollte nachsehen, ob du gut heimgekommen bist.“
    Da ich vor eineinhalb Stunden zurückgekommen war, log sie entweder, oder jemand anderer war später als ich nach Hause gekommen. Oder fürchtete sie sich ebenfalls? Ich war zu müde, um diese Frage jetzt zu klären.
    „Alles in Ordnung“, murmelte ich. „Schlaf gut. Bis morgen.“
    Auf Schloss Welschenbach haben alle Angst, dachte ich. Bevor ich endgültig zu Bett ging, stellte ich den Stuhl unter die Türklinke.
    Obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass nicht Walpurga in meinem Zimmer herumgeschlichen war, wollte ich die andere Möglichkeit noch viel weniger in Betracht ziehen. Albert war mir unheimlich, ich begann, mich ernsthaft vor ihm zu fürchten.
    Unwillkürlich musste ich an Gustavs Worte denken. Beim Abschied hatte er mich noch einmal eindringlich gebeten, mich ja nicht einzumischen. Vor allem der zweite Mord wäre eine sehr heikle Geschichte. Man würde hier im Salzkammergut ganz schnell eine verpasst kriegen, wenn man sich aus den privaten Angelegenheiten der Dorfbewohner nicht raushielt.
    Ich nahm seine Warnung nicht ernst. Der Arme war nach wie vor ein bisschen verliebt in mich und wollte mir im Grunde noch genauso imponieren wie damals, als er mitten in der Nacht vom Zehn-Meter-Brett gesprungen war.
    Sommer 1979
    Die Tage sind zu lang, die Nächte zu kurz, um verschlafen zu werden. Sobald es dunkel wird, gehen die Lichter am See an.
    In einer lauen Sommernacht schleichen sich Franzi und Joe heimlich aus dem Haus. Die Erwachsenen sitzen auf der Terrasse. Sprechen heftig dem Wein zu und unterhalten sich lautstark.
    Die Mädchen machen einen Umweg durch das benachbarte Wäldchen, um nicht ins Blickfeld der feuchtfröhlichen Runde zu geraten.
    Die Nacht ist sternenklar, der Vollmond scheint, doch im Wald ist es stockfinster. Joe hat eine kleine Taschenlampe dabei.
    „Warum schaltest du sie nicht ein?“, fragt Franzi.
    „Ich will erst sicher sein, dass sie den Lichtschein von der Terrasse aus nicht mehr sehen können.“
    Kichernd stolpern sie die ersten hundert Meter durch den Wald. Franzi hat sich bei Joe eingehängt. Flüstert ihr alberne Geschichten ins Ohr.
    „Hör auf“, bittet Joe sie. „Mir tut schon der Bauch weh. Willst du, dass sie uns erwischen?“
    Doch Franzi ist ausgelassen und übermütig. Sie kann nicht aufhören zu lachen. Joe lässt sich von ihrer guten Laune anstecken. Erzählt nun selber blöde Witze und versucht krampfhaft, ihr Lachen zu unterdrücken.
    Die Burschen warten vor den verschlossenen Toren des Strandbades.
    „Wo bleibt ihr so lange“, fährt Willi die beiden Mädchen an. „Wir haben dreiundzwanzig Uhr ausgemacht. Es ist fast halb zwölf.“
    „Alte Meckerziege“, sagt Franzi und drückt ihm ein Busserl auf die Wange.
    Gustav hat sich bereits am Eingangstor breitbeinig in Position gestellt.

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