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Gluecklich, wer vergisst

Gluecklich, wer vergisst

Titel: Gluecklich, wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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Hände, die das Lenkrad umklammerten, feucht. Ich wurde noch langsamer. Doch der Fahrer traf keine Anstalten, mich zu überholen. Beinahe intuitiv schaltete ich den Blinker ein und riss das Lenkrad nach rechts, verließ die Autobahn bei der Abfahrt Regau.
    Auch hier empfing mich Nebel. Dicker, undurchdringlicher Nebel. Der Geländewagen hinter mir nahm ebenfalls die Ausfahrt. Ich beschloss, ihn nicht weiter zu beachten, und stürzte mich in die diversen Einkaufszentren von Vöcklabruck. In einem großen Baumarkt erstand ich einen günstigen elektrischen Heizstrahler. Ich hatte es satt, dauernd zu frieren. Eine Erkältung würde mir gerade noch fehlen. Als nächstes plünderte ich die Regale in einem großen Supermarkt. Ich wollte Walpurga keinen Tag länger auf der Tasche liegen, ich kam mir schon die ganze Zeit wie eine Schnorrerin vor. Ich kaufte lauter überteuerte Delikatessen, die sich Walpurga und Albert nicht leisten konnten. Zuletzt erstand ich in einem kleinen Blumenladen einen schönen orange-gelben Strauß für meine Gastgeberin.
    Etwas besser gelaunt fuhr ich auf über Lenzing nach Seewalchen. Der Nebel hatte sich inzwischen verzogen. Es regnete wieder. Als ich zur Agerbrücke kam, sah ich unzählige Boote auf dem See. Auch am Ufer des Flusses trieben sich auffallend viele Menschen herum.
    Ich fuhr weiter zur Marina in Kammer. Seit dem Vortag war das einer meiner Lieblingsplätze am See. Eine Zigarettenlänge lang genoss ich den schönen Blick. Dann rief ich meinen Vater an. Im Schloss konnte ich nirgends ungestört telefonieren, fühlte mich überall belauscht und beobachtet.
    Ich berichtete Victor kurz von meinem Gespräch mit Franzi. Ich erwähnte, dass sie sehr gereizt auf meine Frage nach Marios Alibi reagiert hatte. „Mario ist für die Polizei genauso verdächtig wie Franzi. Er hat kein richtiges Alibi für die Tatzeit. Vielleicht hat sie sich für ihren Sohn geopfert?“
    Prompt reagierte Victor ebenso hysterisch wie Franzi. Er bestand darauf, sofort anzureisen. „Mein Enkel, mein eigen Fleisch und Blut, ist kein Mörder! Du bist unfähig, Joe! Eifersüchtig wie eh und je.“ Obwohl ich beteuerte, Mario nicht für einen Mörder zu halten, brüllte er weiter: „Hol gefälligst deinen Neffen aus diesem Schlamassel raus!“
    „Er steckt noch gar nicht wirklich drin“, brüllte ich zurück. In knappem Ton teilte ich ihm mit, dass Major Serner wahrscheinlich am Mittwoch an den Attersee kommen würde. „Und wenn du dich bis dahin beruhigt hast, kannst du ihn ja fragen, ob er dich mitnimmt.“ Dann legte ich einfach auf.
    Jan würde mich entlasten. Seine ruhige, besonnene Art hatte eine besänftigende Wirkung auf meinen hysterischen Vater. Das hatte ich in Griechenland festgestellt. Damals hatte Jan mir nicht nur geholfen, zwei mysteriöse Todesfälle aufzuklären, sondern auch meinen Vater in Schach zu halten.
    Seit ich den Parkplatz beim Supermarkt in Vöcklabruck verlassen hatte, war mir derselbe schwarze Geländewagen, der schon auf der Autobahn hinter mir hergefahren war, gefolgt. Er hätte mich auf der Bundesstraße locker überholen können. Es war nicht viel Verkehr, und ich war eher langsam unterwegs gewesen. Nun parkte dieser Geländewagen als einziger ebenfalls vor der Marina. Niemand war ausgestiegen. Da der Wagen mit Privacy-Glas ausgestattet war, konnte ich nicht sehen, wie viele Leute darin saßen. Von dem Fahrer sah ich nur eine undeutliche Silhouette.
    Ich ging in die Apotheke und besorgte mir Vitamintabletten, Ascorbinsäure und eine Packung Aspirin. Seit meiner ersten Nacht im Schloss verspürte ich ein unangenehmes Kratzen im Hals. Auch meine Nase war leicht verstopft.
    Als ich die Apotheke verließ, stand der Geländewagen noch immer da. Ich behielt ihn im Rückspiegel im Auge, als ich losfuhr. Er folgte mir tatsächlich. Deshalb bog ich, sobald ich das große Polizeiaufgebot erblickte, auf den Parkplatz neben der Agerbrücke ab. Der Geländewagen verlangsamte sein Tempo, fuhr aber weiter.
    Auf dem Parkplatz standen einige Einsatzwagen. Das Flussufer war mit rot-weiß-roten Bändern abgesperrt. Taucher, Uniformierte und Männer in dunklen Anzügen standen in kleinen Grüppchen beisammen und diskutierten. Ein Dutzend neugieriger Passanten hatte sich ebenfalls am Agerufer eingefunden.
    Mir war sofort klar, was dieser Rummel zu bedeuten hatte. Natürlich zeigten die Medien großes Interesse an diesem spektakulären Mordfall. Eine Wasserleiche wurde nicht alle Tage gefunden. Es

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