Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gluecklich, wer vergisst

Gluecklich, wer vergisst

Titel: Gluecklich, wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
Vom Netzwerk:
stieß ich ihn weg und sprang aus dem Wagen.
    „Wir sehen uns morgen“, rief ich ihm zu, bevor ich die Autotür zuknallte.
    Ich ging sofort hinauf ins Zimmer meines Vaters. Victor sah mir in die Augen, fragte nichts, bot mir eine Zigarette an. Wie zwei Verschwörer stellten wir uns ans offene Fenster, rauchten und tranken Wein.
    Nachdem ich ihm pflichtbewusst über unseren Besuch bei Franzi Bericht erstattet hatte, erzählte er mir Walpurgas Familiengeschichte. Und zum ersten Mal sprach er ehrlich über sein Verhältnis mit ihr: „Unsere Affäre war eine besoffene Geschichte. Walpurga ist nie ernsthaft in mich verliebt gewesen. Sie war eine sehr schöne junge Frau, aber ziemlich unnahbar. Ihr Vater hatte darauf bestanden, dass sie die Matura in einer Klosterschule machte und danach studierte. Als der alte Baron um sie zu werben begann, witterte nicht nur die Frau Mama die große Chance ihres Lebens, auch Walpurga wollte um jeden Preis Baronin werden und brach, gegen den Willen ihres Vaters, ihr Lehramtsstudium ab. Sie heiratete den zwanzig Jahre älteren Herrn von Welschenbach, als sie von ihm schwanger wurde.“
    „Oh la la … hat sie trotzdem in Weiß geheiratet?“, fragte ich belustigt.
    „Keine Ahnung. Die Arme stand total unter dem Einfluss ihrer Mutter. Während ihrer Ehe mit dem Baron ließ sie sich auf eine Affäre mit Braunsperger ein. Und eines Nachts flüchtete sie sich eben in mein Bett. Ihr hat vor dem perversen Baron geekelt. Außerdem hat dieser degenerierte Trottel bald nach der Geburt seines Stammhalters sowieso das Interesse an ihr verloren. Seine seltsamen Gelüste wurden in den diversen Puffs der Umgebung besser befriedigt. Ich war damals ihr bester Freund. Sie hatte mir bereits kurz nach ihrer Heirat erzählt, wie sehr sie die ungustiösen Spielchen des Barons anwiderten. Er sagte dauernd Mama zu ihr, und sie musste ihn zärtlich in den Armen wiegen wie ein Baby oder ihm den schlaffen Popo verhauen. Als sie verheiratet waren, verweigerte sie sich ihm, so gut es ging, und schlief mit Heinrich und einmal auch mit mir.“
    Seine Offenheit war mir peinlich. Ich bemühte mich, einen relativ neutralen Gesichtsausdruck beizubehalten, wagte es allerdings nach wie vor nicht, ihm die alles entscheidende Frage zu stellen.
    „Nach dem Selbstmord des Barons hatte sie überhaupt keine Lust mehr auf Männer, wärmte auch ihre Affären mit mir und Doktor Braunsperger nicht mehr auf, obwohl wir beide nur allzu gern zur Verfügung gestanden hätten. Erst Philip schaffte es, ihre Leidenschaft aufs Neue zu entfachen. In den ersten Ehejahren war Walpurga sehr eifersüchtig und verhinderte tatsächlich, dass Philip auf Tournee ging. Er war finanziell total von ihr abhängig.“
    Diese Geschichte kannte ich bereits. Mich interessierte viel mehr die Rolle meines Vaters in dieser tragisch-komischen Operette.
    „Und Mama?“
    „Gisela wusste nichts von unserem Verhältnis. Sie ahnte daher, genauso wenig wie ich, dass Franzi meine Tochter ist. Franzi sieht heute ihrer Mutter angeblich sehr ähnlich. Stimmt das? Du hast sie ja inzwischen gesehen. Du warst jedenfalls ein Wunschkind. Wir wollten dich beide …“
    „Ja, ist schon gut. Erzähl mir lieber vom Selbstmord des Barons. Was ist damals wirklich passiert? Warum hat sich der Alte umgebracht?“
    „Keine Ahnung. Es war grauenhaft. An einem heißen Sommertag hat er sich unten im Verlies, wo ihr als Kinder immer so gern gespielt habt, aufgehängt. Walpurga hatte ihm bei einem fürchterlichen Streit an den Kopf geworfen, dass Franzi nicht seine Tochter war.“
    „Das hat sie dir jetzt erzählt. Und du glaubst ihr natürlich nach wie vor jedes Wort. Oh Papa, dir ist nicht mehr zu helfen! Hast du einen Vaterschaftstest machen lassen? Nein, natürlich nicht.“
    Ein verletzter Blick aus seinen dunkelbraunen Augen war seine einzige Reaktion.
    „Einmal Sex und schon gibt’s ein Baby? Mit dem Braunsperger hatte sie offensichtlich eine längere Affäre. Und Franzi sieht ihm sogar ein bisschen ähnlich. – Sei still“, zischte ich ihn an, als er ansetzte, mir zu widersprechen. „Du hast sie nicht gesehen. Sie ist genauso grobknochig gebaut wie er, sie hat keinerlei Ähnlichkeit mit dir.“ Ich war stinkwütend auf meinen Vater und wollte ihn um jeden Preis verletzen.
    „Den Braunsperger hat Walpurga bereits ausgenommen bis aufs letzte Hemd. Jetzt hofft sie auf den nächsten Trottel, der ihr kostbares Schlösschen erhält.“
    Victor war endgültig beleidigt. Er

Weitere Kostenlose Bücher