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Glückliche Ehe

Glückliche Ehe

Titel: Glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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steif blieb, scheinbar riesig unter der dünnen Baumwollmembran, die ihn von ihrer kühlen Haut trennte.
    Da sie so unbefangen Lust zu empfinden schien, ging er mit dem Kopf weiter hinab, kam aber nicht weit. Kaum dass er ihre Brüste erreicht hatte und den BH-Verschluss zuöffnen versuchte, setzte sie sich auf, öffnete ihn selbst, ließ den BH auf den Parkettboden fallen, griff dann mit beiden Händen hinab, streifte ihren Slip ab und schleuderte ihn weg, als würfe sie einen Hut. Er tat dasselbe mit seiner Unterhose und fühlte sich ganz und gar nackt. Er konnte sich nicht erinnern, sich je so schutzlos gefühlt zu haben. Als sie ihn wieder umarmte, sich an ihn presste, an ihm herumrutschte, ihn an ihre jetzt warme Haut zog und die zierlichen Finger um seinen schmerzhaft gespannten Schwanz schloss, war er so verwirrt und empfindlich wie ein Neugeborenes.
    Wieder ging er mit dem Kopf tiefer, um sie mit dem Mund zu lieben, aber sie zog ihn wieder hinauf, als wäre sie schon zu erregt, um noch mehr Erregung zu ertragen, drehte sich auf den Rücken und zog ihn auf sich. Er war beinhart, so steif wie am ganzen Körper. Doch kaum dass er auf ihr war, verlor er dort unten jedes Gefühl; er spürte sein Glied nicht. Er stieß gegen sie, weil es sich so gehörte. Dort, wo eigentlich eine Öffnung sein sollte, prallte er ab wie ein zu zögerlich geworfener Ball. Kein präziser Korbwurf, nur ein schlapper Rebound.
    Die Traurigkeit überwältigte ihn fast. Er trauerte um das, was er wegen dieses unerklärlichen Versagens verlieren würde. Gerade, als alles Schwierige überstanden schien. Seinen Hafen gefunden zu haben und doch nicht anlegen zu können, der Erfüllung so nah zu sein und begreifen zu müssen, dass man dazu verurteilt war, ihr Mysterium nie begreifen zu können! Er stieß noch mal zu. Doch noch bevor er an der Wand, die ihr Körper war, zerschellte, wusste er, dass es nicht klappen würde.
    Verwirrt runzelte Margaret die Stirn. Sie griff hinab und nahm seinen Penis in die Hand. Er wurde gerade weich und in ihrer prüfenden Hand noch weicher. Er fühlte sich garantiert widerlich an.
    »Tut mir leid«, sagte er, und das stimmte. Er bedauertesein Versagen, wie er noch nie etwas bedauert hatte, denn gerade hatte er das Glück seines Lebens verloren.
    Sie drehte sich auf die Seite, wälzte seinen enttäuschenden Körper ab. Enrique flappte auf die Matratze wie ein nach Luft schnappender Fisch, sie berührten sich nicht mehr, und er fühlte den ganzen Schmerz dieser Einsamkeit – er war auf eine Art verwaist, wie nicht einmal Dickens es sich hätte ausdenken können.
    Aber sie ließ ihn gar nicht los. Sie kroch zurück in seine Arme, küsste ihn sachte und flüsterte ihm ins Ohr: »Komm, wir schlafen.« Langsam und tröstend strich sie ihm mit den Fingern über den verspannten Rücken. »Wir liegen einfach nur da und schlafen.«
    »Ich …«, begann er gequält und wollte sich entschuldigen. Er brachte nur das eine Wort heraus, und es klang wie das Heulen einer verlorenen Kreatur. Margaret unterbrach ihn schnell.
    »Schsch«, beruhigte sie ihn und fuhr ihm mit ihrer kleinen flachen Hand den Rücken auf und ab. »Mach die Augen zu«, sagte sie. Da ließ das kalte Entsetzen ihn los, und er sank in ein Gefühl warmer Erschöpfung. Seine Muskeln schmerzten wie nach einem Marathon, und seine Augen brannten, als wäre er durch Feuer gegangen. Er schloss die Lider, und das tat gut.
    Auch seine Gedanken kamen zur Ruhe, ließen die beängstigende Landschaft ihres Bettes hinter sich. Es war, als käme er an einen Strand, er spürte den heißen Sand und betrachtete ein sanft wogendes Meer, das sich zu einem endlosen blauen Horizont erstreckte. Sie murmelte: »Komm, wir schlafen«, und er ließ los. Er ließ alle Erwartungen los, ließ sein Ich los. Zum ersten Mal in den Stunden, die er mit Margaret verbracht hatte, vielleicht zum ersten Mal in den langen einundzwanzig Jahren seines Lebens, ließ er die Zukunftssorgen und den Ehrgeiz fahren.

14 MUTTERLIEBE
    A m Tag nachdem ihre Eltern Margarets Wünsche bezüglich des Trauergottesdienstes und der Beerdigung akzeptiert hatten, erschien der gesamte Cohen-Pulk wieder. Die Brüder hatten, jeweils mit Frau, getrennte Audienzen oben bei Margaret – um Abschied zu nehmen. Die Schwägerinnen verschwanden vor ihren Männern wieder, so dass jeder Bruder etwas Zeit mit Margaret allein hatte. Dorothy und Leonard gingen ebenfalls jeweils allein hinauf, Enriques Ansicht nach allerdings

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