Glückliche Ehe
absurde Angst, da sein Zustand irreversibel schien. Gern hätte er hineingefasst und das fordernde Ding irgendwohin geschoben, wo es Platz hätte, sich auszudehnen, aber er traute sich nicht, Margaret seine Erektion einzugestehen. Warum er sich für sein Verlangen nach ihr schämen sollte, wusste er nicht, und er ging dem Gedanken auch nicht weiter nach. Vielmehr war er mit einem Szenario beschäftigt, in dem der Ledergürtel ihm einen dauerhaften Schaden verursachte und er wie der traurige Held ausHemingways Fiesta unfähig wäre, mit der Liebe seines Lebens den Akt zu vollziehen, in seinem Fall allerdings nicht aufgrund der Entmannung durch eine Kriegs-, sondern wegen einer nicht weniger katastrophalen Knutschverletzung.
Mutig riskierte er weiteres Leid und wanderte mit seinen Lippen ihren Arm hinauf, der noch auf seiner Schulter lag, um sie endlich dort zu küssen, wo er sie schon seit Stunden berühren wollte – auf ihren glatten, zarten Hals. Sie ließ es zu, obwohl sie erschauerte, als er seine kaffeegewärmten Lippen in ihre Halskuhle presste und mit der Zunge ihre süße Haut kostete. Er erschrak, als sie ihn mit dem Kinn wegstupste, aber sie beugte sich schon zu ihm herab, um ihn leicht in die Unterlippe zu beißen und dann ihren Mund auf seinen zu legen, während ihre dünnen Arme ihn mit verblüffender Kraft emporzogen, als wollte sie ihn am Stück verschlingen.
Selbst dem tief verunsicherten Enrique schien dies ein klares Zeichen, dass sie ihn wollte. Hier und jetzt. Außerdem musste er jetzt wirklich etwas unternehmen, zumindest seine Hose zurechtziehen. Die Beengung war inzwischen eindeutig schmerzhaft, und er fürchtete wirklich, dass seinen rätselhaftesten und anspruchsvollsten Körperteil mehr als nur imaginärer, literarisch inspirierter Schaden treffen würde, wenn er das Feld nicht umgehend eroberte oder räumte. Er musste die Sache vorantreiben und riskieren, alles zu verlieren – dieses unerkannte Genie von einem schönen Mädchen, diesen unendlichen Quell guter Laune, dieses schwarzhaarige, blauäugige, eiskremweiße Geschenk, das ihm irgendein Autor, der mit ihm weit großzügiger war als er mit seinen eigenen Figuren, vorgesetzt hatte wie eine Oase in seiner Ödnis.
Margarets Gesicht schwebte dicht über seinen Lippen. Sie sah ihn mit einem erwartungsvollen Ausdruck an, der mit der Neuheit ihrer Bekanntschaft zusammenhängen musste –sie wollte wohl, dass er irgendetwas von sich preisgab. Ihre Gefühle waren für ihn nicht klar zu deuten, aber er empfing zwei verwirrende Botschaften: dass sie alles wollte, was er zu geben hatte, und dass sie gleichermaßen bereit war, entsetzt wie erfreut zu reagieren.
Er wusste nicht, was er tun sollte. Und ohne vorher die Klugheit dieser Worte abgewogen zu haben, hörte er sich sagen: »Ich habe Angst.«
Sie nickte, als hätte sie es die ganze Zeit gewusst. »Ich auch«, sagte sie, als hätte das, wovor sie Angst hatten, nichts mit ihnen zu tun, als lauerte es irgendwo draußen im dunklen, schwarzen New York.
»Wovor hast du Angst?«, fragte Enrique. Er konnte sich nicht vorstellen, was für sie an der Situation beängstigend sein sollte. Er war ganz und gar verliebt in sie, und wenn er vielleicht nicht auf ihr Geheiß aus dem Fenster springen würde, würde er es doch ernsthaft erwägen.
»Du weißt schon«, sagte sie stirnrunzelnd, als wollte er sie aufziehen.
Was zum Teufel meinte sie? Doch nicht den Sex? Der konnte ihr doch keine Angst machen: Er musste die Sache in die Hand nehmen, sie war hinreißend schön, sie brauchte doch nur dazuliegen, während er sie, sorgsam auf ihre Reaktionen achtend, gekonnt bis zu feuchter Bereitschaft erregte und selbst zu mächtiger Größe anwuchs, dabei aber aufpasste, sich nicht so fortreißen zu lassen, dass es ihre Vereinigung vorzeitig beendete. Er hatte es mit Sylvie unzählige Male geschafft, allerdings erst nach mehreren katastrophalen Anfangsversuchen. Was, wenn Margaret weniger geduldig war? Was, wenn sie entdeckte, dass die Vorstellung, die sie sich von ihm gemacht hatte – dass er leidenschaftlich, sicher und entschlossen wäre –, falsch war und sie ihm das niemals verzieh? Würde sie ihn nicht von sich stoßen, wenn sie herausfand, dass er trotz der drei Jahre mit einer anderenFrau im Herzen immer noch Jungfrau war? »Nein, weiß ich nicht«, sagte er. »Ich weiß, warum ich Angst habe, aber ich habe keine Ahnung, warum du Angst hast.«
Ihre Stimme klang ein bisschen genervt. »Na ja … Ich
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