Glückliche Ehe
Enrique ging sich einen Kaffee holen und Luft schnappen.
Währenddessen wählte Margaret die Kleidungsstücke aus, in denen sie begraben werden wollte. Enrique war gar nicht auf die Idee gekommen, dass Margaret ihr Outfit für ihr letztes gesellschaftliches Event selbst aussuchen wollte, aber er hätte es wissen müssen. Sie hatte den Friedhof, die Synagoge, den Rabbi und die Musik ausgesucht. Lily half ihr, wie es ihrer langen gemeinsamen Geschichte entsprach. Sie waren als junge Frauen zusammen shoppen gegangen, hatten sich gegenseitig bei der Wahl des Hochzeitskleids beraten, und Margaret hatte die Sachen ihrer Söhne an Lilys Kinder, ihre Tochter und ihren Sohn, weitergegeben. Vor jedem wichtigen gesellschaftlichen Anlass hatten sie über die Kleiderfrage konferiert. Da war es selbstverständlich, dass sie auch über diese letzte Garderobe gemeinsam entscheiden müssten.
Als Enrique zurückkam, war Lily schon weg, und seine Frau saß, noch immer im Nachthemd, in einem Sessel und betrachtete einen großen Karton auf ihrem Bett.
»Meine letzte Aufgabe«, sagte Margaret und zeigte auf den offenen Karton, in dem ursprünglich ein Paar schwarzerLieblingsstiefel verpackt gewesen war, die sie sich in ihrer Remissionsphase gekauft hatte, mit schlechtem Gewissen wegen des Preises zwar, aber hingerissen von dem edlen Leder. Die Stiefel standen auf dem Fußboden. In dem Karton lagen eine weiße Seidenbluse, ein langer, schwarzer Rock, der sich einst eng um ihre schmalen Hüften und langen, schlanken Beine geschmiegt hatte, und einer ihrer Lieblingsblazer aus grauem Tweed mit gelben und schwarzen Melierungen. »In diesen Sachen möchte ich begraben werden. Okay, Puff?« Sie lächelte. »Und in den Stiefeln.« Enrique nickte. Sie machte ein verlegenes Gesicht. »Und noch was, ich hoffe, es macht dir nichts aus. Ich weiß, es ist eine schreckliche Vergeudung, ich weiß, du hast eine Menge Geld dafür ausgegeben, aber ist es okay, wenn ihr mich mit den Ohrringen begrabt, die du mir geschenkt hast?« Sie öffnete die Hand und zeigte ihm das kleine Samtkästchen mit dem ersten Geschenk, das er erfolgreich für sie ausgesucht hatte. »Ich mag sie so. Ich weiß, es ist verrückt, so eine verrückte Geldverschwendung, aber sorgst du dafür, dass ich sie anhabe?«
»Natürlich ist das okay«, sagte er schnell, ehe er in Tränen ausbrechen würde. »Ich sorge dafür.«
»Danke«, sagte sie. »Okay. Dann war’s das.« Sie hielt ihm den Karton hin. Er ging zu dem Sessel, kniete sich hin, als wollte er ihr einen Antrag machen, und nahm den Karton. »Ich hab’s geschafft«, sagte sie mit einem kleinmädchenhaften Achselzucken und einem schüchternen Lächeln, als wollte sie seine Anerkennung. »Ich habe meine letzte Aufgabe erledigt.« Sie lehnte den Kopf an seine Schulter, und so hielten sie sich eine ganze Weile umarmt. Enrique wollte etwas sagen, brachte aber kein Wort heraus. Während er ihren zerbrechlichen Körper in seinen schweren Armen hielt, konnte er nicht gegen das an, was er sich zu vermeiden gelobt hatte. Er ließ es zu, dass er in den Armen seiner Frau hemmungslos schluchzte.
»Entschuldige, tut mir leid«, murmelte er.
Sie streichelte seine rechte Wange, aber da rannen ihm die Tränen erst recht übers Gesicht. Er hielt sich die Hand vor die Augen, bis Margaret etwas Liebes, aber Absurdes sagte. »Danke, Enrique. Danke, dass du mein Leben amüsant gemacht hast. Ich hätte so ein stupides Leben gehabt, in Queens oder an sonst irgendeinem langweiligen Ort. Ein dumpfes, blödes, langweiliges Leben ohne dich.«
»Das ist nicht wahr«, sagte er, weil es nicht wahr war.
»Doch. Du hast mein Leben so amüsant gemacht.«
Er gab es auf, ihr zu widersprechen. Er wusste, sie wollte ihn trösten, indem sie ihm verzieh, was er sich nicht verzeihen konnte: all die Situationen, in denen er ihr Leben alles andere als amüsant gemacht hatte. »Hilfst du mir, mich für Maxy zurechtzumachen?«, fragte sie.
Er half ihr duschen, verpackte die Schläuche in Plastikbeutel, damit sie nicht nass wurden, half ihr, die Perücke aufzusetzen, brachte ihr einen BH und ein weißes T-Shirt, half ihr in die Jeans, die inzwischen an ihr schlackerte, und reichte ihr einen Gürtel, um sie festzuzurren.
Während der drei Stunden, die sein jüngerer Sohn mit Margaret verbrachte, saß Enrique unten im Wohnzimmer, und in dieser Zeit wurde ihm etwas Trauriges klar: Er hatte es übersehen, so dass er jetzt fast nach oben gerannt wäre und die beiden
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