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Glückliche Ehe

Glückliche Ehe

Titel: Glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Glasdach dieses ältesten Teils des Hotels, eines umgebauten Palasts aus dem vierzehnten Jahrhundert, zu gelangen. In der Hotelbroschüre hatte er gelesen, dass hier die französische Schriftstellerin George Sand mit ihrem Liebhaber Alfred de Musset gewohnt hatte. Diese vier Tage in Venedig würden deutlich über zehntausend Dollar kosten, bei der Buchung hatte er sich über die Einwände des sparsamen Queens-Mädels Margaret hinweggesetzt. »Wir können uns komisch und knauserig aufführen, während wir dort sind«, hatte er gesagt, »aber ich habe nicht jahrelang diesen ganzen Mist geschrieben, um Touristenklasse zu fliegen und in einem Day’s Inn zu übernachten.« Sie hatte gelacht und gesagt: »Einem venezianischen Day’s Inn«, als ob das eine amüsante Vorstellung wäre. Sie hatte seine Extravaganzen abgesegnet, noch einpaar eigene hinzugefügt, darunter den morgigen Lunch in der Locanda Cipriani auf der Insel Torcello, wo Prinzessin Di immer gespeist hatte und Hemingway und noch jemand, den auf den ersten Blick wenig mit Papa Hemingway oder königlichen Hoheiten zu verbinden schien, Madonna oder Stephen Hawkins, er wusste nicht mehr, wer.
    Oben im Zimmer las er das Fax noch einmal genauer durch. Das Studio akzeptierte seine Honorarforderungen, unter der Bedingung, dass er am Montag zu- oder absagte, so dass er am Wochenende nach LA fliegen könne, um sich mit dem Regisseur zu besprechen und sich mit den Anmerkungen der Produktionsfirma zum Drehbuch vertraut zu machen. Anmerkungen, bevor er überhaupt mit dem Schreiben anfing. Das war so eine dieser grandiosen Neuerungen in Hollywood: dass sie einen Autor schon kritisierten, bevor er loslegte. Sie bräuchten das Drehbuch schnell, behaupteten sie, damit sie im neuen Jahr gleich mit dem Drehen beginnen könnten. Das beeindruckte ihn wenig. Die Studios verlangten immer, dass sich der Autor beeilte, weil die Dreharbeiten unmittelbar bevorstünden, und sobald sie das Drehbuch hatten, ging alles nur im Schneckentempo voran.
    »Sie zahlen mein Honorar«, sagte Enrique bekümmert.
    »Gut«, antwortete Margaret knapp – sie wollte nicht darüber reden.
    »Sie wollen, dass ich nächstes Wochenende nach Los Angeles fliege, zu einer Besprechung am Montag.«
    »Wir sind am Mittwoch zurück.« Sie zuckte die Achseln. »Du hast Zeit genug zum Packen.«
    »Du meinst, ich soll es machen?«, fragte er.
    »Tu, was du willst.«
    »Komm«, beschwor er sie. »Sag schon. Was denkst du?«
    Sie beachtete ihn nicht, stand in der Mitte des rostbraunen Wohnzimmers und blickte zwischen einem unbequemen kleinen Sofa und einem üppigen Ohrensessel hin und her,als könnte sie sich nicht entscheiden, wohin sie sich setzen wollte. »Es ist verrückt, aber ich will noch mal baden«, verkündete sie und machte damit klar, dass es unromantisch war, sie mit beruflichen Fragen zu nerven. Aber er hasste es, solche Entscheidungen ohne sie zu treffen. »Soll ich mit dir baden?«, fragte er nicht ganz aufrichtig.
    »Du passt gar nicht mit rein, Puff«, erwiderte sie lachend. »Hast du nicht gesehen, wie winzig die Wanne ist? Da passe ja ich kaum rein.« Sie trat zu ihm und streichelte ihm die Wange. »Armer Liebling«, neckte sie ihn, »du bist zu groß für diese Welt.«
    Er entkleidete sich, zog den flauschigen Hotelbademantel an und ließ sich in dem Ohrensessel nieder. Er hörte das Badewasser leise plätschern und las das Fax noch einmal. Ein winziges Stück Treibholz, das vor ihm schwamm. Er tat sich nicht leid, es war ihm eher peinlich. Er hatte einen großen Vorsprung bekommen, als er schon mit siebzehn einen Roman veröffentlicht hatte, und trotz der tröstenden Worte von Porter, Margaret, Familienmitgliedern und Freunden quälte ihn der Verdacht, dass er sein Los verdient hatte.
    Er steckte das Fax zu seinem Pass, um es bis Montag aus den Augen zu haben, aber doch an einem sicheren Ort zu wissen. Ich muss dieses Wochenende genießen, befahl er sich und ging ins Bad, um einen ausgiebigen Blick auf seine nackte Frau, die in der Wanne lag, zu werfen.
    Sie war siebenundvierzig. Unterhalb der Schlüsselbeine war ihre weiße Haut sommersprossig. Eine unregelmäßige Linie, die er gern mit dem Finger nachzog, lief quer über ihre Brüste und außen ihre glatten, haarlosen Arme hinab; dann verlor sie sich in den zarten Kuhlen an den Ellbogen und auf den sahnefarbenen Unterarmen. Die Innenseiten ihrer weichen, schlanken Oberschenkel waren hie und da gesprenkelt. Er erinnerte sich, wie erstaunt er

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