Glückliche Ehe
Jahren, als Max geboren wurde, hatten Margaret und ihre Eltern (nicht gegen allzu ernsthaften Widerstand von Enriques Seite) darauf bestanden, dass die junge Familie aus ihrer mietpreisgebundenen Neunhundert-Dollar-Zweizimmerwohnung in eine Dreizimmerwohnung zog, damit der viereinhalbjährige Gregory nicht außer dem Verlust seines Status als Einzelkind auch noch die Zumutung verkraften musste, sein Zimmer zu teilen. Ein paar Jahre vorher hatte Leonard seine Firma verkauft und damit Millionen eingenommen. Er und Dorothy erboten sich, eine Eigentumswohnung zu kaufen, die Margaret gern wollte, die aber mit einem Kaufpreis von achthundertfünfzigtausend Dollar Enriques Möglichkeiten weit überstieg. Ja, als Leonard fragte, ob sie die achtzehnhundert Dollar im Monat für laufende Kosten und Instandhaltungsrücklagen aufbringen könnten, und Margaret bejahte, wusste Enrique, dass dies angesichts der Wechselfälle seiner Karriere übertriebener Optimismus war. Margaret hatte einen gutbezahlten festen Job mit achtzigtausend Dollar Jahresgehalt, aber das reichte jetzt schon nicht für alle anfallenden Kosten undwürde erst recht nicht reichen, wenn sich die monatliche Belastung durch die Wohnung verdoppelte. Enrique fand es nicht richtig, in einer Wohnung zu wohnen, die Margarets Eltern gehörte, er wollte, dass sie eine Hypothek aufnahmen, wenn auch mit Leonard und Dorothy als Bürgen, da sonst keine Bank mitspielen würde. Margaret tat es ab, dass er halbherzig auf Unabhängigkeit bestand. »Das ist mein Erbe«, sagte sie. »Ich kriege es nur schon früher.«
Ihre Mutter argumentierte, indem sie erklärte, wie falsch sie es finde, »wenn reiche Leute auf ihrem Geld sitzen, bis sie sterben. Wofür? Wollen sie, dass ihre Kinder ihren Tod herbeisehnen?« Sie lachte, als wäre das eine witzige Pointe und nicht eine psychologische Einsicht, die eines perversen Balzac würdig wäre. Allerdings sparte diese Argumentation den Umstand aus, dass Margaret das Geld nicht übereignet wurde: der Nießbrauch der Wohnung war das Geschenk, die Wohnung selbst aber blieb Dorothys und Leonards Eigentum, und Enrique wusste, dass beide es auch so wollten.
Er war damals gerade dreißig geworden, sie waren sieben Jahre verheiratet, und Margarets vorsichtigen, pragmatischen, zynischen Eltern musste bewusst sein, dass diese Ehe, auch wenn sie ihnen zwei Enkelsöhne beschert hatte, durchaus mit einer Scheidung enden konnte. Es war besser, wenn die Wohnung nicht Gegenstand erbitterter Scheidungsauseinandersetzungen würde. Enrique akzeptierte ihre Vorsicht, da er als Romancier das Gewicht solch unromantischer, materialistischer Erwägungen bei Zola, Dickens und Balzac bewunderte. Er beneidete alle Schriftsteller des neunzehnten Jahrhunderts darum, dass sie in einer Zeit gelebt hatten, die es der Literatur erlaubte, sich eingehend mit derlei Dingen zu befassen. Wenn er sich selbst aus der Perspektive eines Literaten betrachtete, konnten ihm Margarets Eltern gar nicht trauen. Ein schlaksiger, egomanischer Schriftsteller, permanent in Geldnöten, der zudem noch in Hollywoodarbeitete, konnte nur zu leicht den Schmeicheleien und dem Reiz jugendfrischer Haut einer ehrgeizigen Schauspielerin oder listigen Stoffentwicklerin erliegen und Margaret mit zwei Kindern sitzenlassen. Und wenn die Wohnung offiziell ihnen beiden gehörte, würde er womöglich seine Unterhaltsverpflichtungen herunterhandeln. Wer konnte schon ahnen, auf welch raffinierte Tricks ein Scheidungsanwalt verfallen würde.
Dorothy und Leonard wussten ja nicht, dass Enrique niemals fähig wäre, so hart gegen die Mutter seiner Kinder vorzugehen. Der Stolz auf seine Söhne und die Angst, ihnen Schaden zuzufügen, würden ihn davon abhalten. Dass seine Schwiegereltern diese Facette seines Wesens nicht erkannten, schmerzte ihn nicht weiter, auch wenn es sein Ego kränkte. Sie konnten ja nicht ahnen und auch Margaret wusste nicht, dass Enrique mit dreißig bereits eine emotional gefährliche Affäre überstanden hatte. Er war vor Verlangen regelrecht verrückt gewesen. Er hatte lange und ernsthaft erwogen, wegen dieser Liaison seine Ehe zu beenden. Dann hatte er sich bewusst gegen die Leidenschaft entschieden – die schmerzlichste Entscheidung seines jungen Lebens. Er allein wusste, so sicher, wie man Zukünftiges nur wissen konnte, dass seine Ehe nicht auf diese Weise enden würde.
Als die Jungen elf und sieben gewesen waren, hatte Enrique – mit achtunddreißig – endlich finanziellen
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