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Glückliche Ehe

Glückliche Ehe

Titel: Glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Verhaltensmuster schien plausibel zwischen Leuten wie der langweiligen Pam und dem schüchternen Enrique, der sich nichts aus räuberischem Sex machte. Phil mit seinem getrimmten Bart und seiner Stentorstimme war doch wohl Raubtier genug, um auch Frauen nachzustellen, die ihm nicht wirklich etwas bedeuteten – und Margaret wäre doch allemal eine verlockende Beute. Und er hatte sie wirklich nicht angerufen? Enrique war verwirrt. Sie hatten doch in Margarets winziger Küche Hüftschubsen und Korkenzieher-Tauziehen gespielt. Enrique war sich sicher, dass Phil Margarets Nummer mindestens einmal gewählt haben musste.
    Sam lachte über Phils Verlegenheit. Prompt stürzte sich Margaret auf ihn. »Und was ist mit dir? Du hast auch gesagt, du rufst mich an. Jedes Mal, wenn wir uns begegnet sind – bei Mindys Party und bei der von Joel –, hast du gesagt, du rufst an, aber getan hast du’s nie. Was war denn? Hat AT & T dein Telefon gesperrt?«
    »Ich … äh … ich … äh … ich«, stammelte Sam und schaffte es dann, über sich selbst zu grinsen, als der Rest der Runde in schallendes Gelächter ausbrach. In ernstem Ton sagte er: »Ich ruf dich an, dann reden wir drüber.«
    Alle wieherten wieder los. Margaret lächelte, als wäregenau das die ganze Zeit ihre Absicht gewesen: die etwas eingeschlafene Tischrunde zu beleben. »Nein, bloß nicht!«, protestierte sie und hakte das rechte Bein über die Armlehne ihres Stuhls – genau so hatte sie auch in Enriques Apartment auf dem Stuhl gesessen. »Ruf nicht an! Schreib mir einen Brief! Das ist heutzutage das Problem zwischen Männern und Frauen. Man schreibt keine Briefe mehr. Wir müssen es wieder so machen wie zu Jane Austens Zeiten.«
    »Aber dann würden die Briefe sich überschneiden oder verlorengehen, und es gäbe eine einzige Verwirrung«, wandte Lily ein.
    »Ist aber doch besser, als nicht angerufen zu werden!«, erwiderte Margaret. »Vielleicht sind ja auch nur die Cornell-Männer so«, sagte sie und sah Enrique am anderen Tischende an. »Ist das das Problem?«, fragte sie ihn. Wollte sie ihm verklickern, ihrer Freundin Pam ja nicht zu versprechen, sie anzurufen, wenn er es nicht ernsthaft vorhatte? Hatte sie nicht gerade die Situation noch peinlicher gemacht? Er warf einen Seitenblick auf Pam und sah, dass ihr ernstes Gesicht jetzt strahlte; sie freute sich sichtlich über das, was Margaret da eben geschafft hatte: die jungen Löwen in Verlegenheit zu bringen. Pam musterte Enrique, und ihre schwarzen Augen glitzerten vor gespannter Erwartung, was er jetzt sagen würde.
    Phil verkündete laut, was Enrique dachte: »Also, jetzt hast du uns total irre gemacht. Was sollen wir denn nun tun? Anrufen oder schreiben oder sagen, wir rufen nicht an, oder sagen, wir schreiben, statt anzurufen?«
    Margaret antwortete nicht gleich, sondern langte nach dem Päckchen Zigaretten, das auf dem Tisch lag. Sie musste sich danach recken, was sie mit der lasziven Geschmeidigkeit einer Katze tat. Sie steckte sich eine Camel Light zwischen die Lippen und wartete, dass Phil ihr Feuer gab, ein Szenario, das Enrique zu seiner Bestürzung an dieChoreographie eines schicken Liebespaars in einem Dreißigerjahre-Film erinnerte. Dann blies sie ein Rauchwölkchen aus und sagte: »Ihr sollt nicht sagen, dass ihr anruft« – sie machte eine Pause, um die Spannung zu steigern – »und dann sollt ihr anrufen!«
    Und daran hielt sich Enrique, als er ging und den anderen Männern das Feld räumte. Er sagte zu Pam: »War schön, dich kennenzulernen«, und versprach gar nichts. Dann ging er zu seiner entsetzlich selbstlosen Gastgeberin, die ihn genügend mochte, um ihn mit ihrer Freundin zu verkuppeln, aber nicht genügend, um ihn selbst haben zu wollen. Sie stand am Garderobenschrank und reichte Enrique seinen voluminösen Army-Parka, während sie weiter mit dem gutaussehenden Phil herumplänkelte, der ihr gefolgt war wie ein Hündchen an der Leine. Enrique hielt sich nicht an Sals Rat, Margaret auf den Mund zu küssen. Er streckte ihr die Hand hin. Sie ergriff sie mit so überraschter Miene, als wäre das ein Ritual, das sie noch nie ausprobiert hatte. »Ich werde dich nicht anrufen«, sagte er. »Aber danke für das Essen. Es war köstlich.«
    Lily zwitscherte hinter ihm: »Du musst aber trotzdem noch einen Dankesbrief schreiben.«
    »Kommt nicht in Frage«, sagte Enrique, drehte sich um und streckte der fröhlichen Lily die Hand hin. »Schreiben ist mein Beruf«, sagte er. »Ich rühre keine

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