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Glückliche Ehe

Glückliche Ehe

Titel: Glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Schreibmaschine an, wenn ich nicht dafür bezahlt werde.« Lily ignorierte seine Hand, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange, während Margaret konterte: »Du hast von uns ein Abendessen gekriegt«, sagte sie, »und musstest nicht mal dafür singen.«
    Als Enrique hinausging, fühlte er sich hoffnungslos plump und trampelig. Doch als er dann durch die Kälte heimwärts ging – vorbei an den kahlen Bäumen der Ninth Street, den Müllsäcken der geschlossenen Läden am University Place,dem verstreuten Müll der Eighth Street –, beschloss er, Margaret trotz aller entmutigenden Anzeichen doch anzurufen. Ihre frechen Klagen über die Männer ließen ihn das Ganze fatalistisch sehen: Auch wenn er höchstwahrscheinlich eine Abfuhr bekommen würde, wäre es doch eine Abfuhr, für die er sich nicht zu schämen bräuchte. Er hatte zwei autobiographische Romane veröffentlicht und darin viele peinliche Wahrheiten über sich preisgegeben. Er war in Zeitungen und Zeitschriften und direkt von Lesern verhöhnt worden. Und wenn Margaret sich über einen Mann lustig machte, den sie ganz offensichtlich toll fand – den selbstbewussten Phil –, was konnte es ihm da anhaben, wenn sie auch ihn verspotten würde?
    Mit dem Mut der Verzweiflung also hatte er es tatsächlich geschafft, ihre Nummer zu wählen und sie zu fragen, ob sie mit ihm ausgehen wolle. Doch jetzt, da die Stunde des Dates nahte, ließen ihn seine Nerven wieder im Stich. Die Kleidungsfrage entschied sich schließlich, weil er sich so wenig Chancen bei Margaret ausrechnete, dass seine Stimmung immer schlechter wurde und die Hose, die ihm passend schien, immer dunkler. Er zog am Ende die schwarze Levi’s und einen schwarzen Rollkragenpullover an. Er hätte auch noch eine schwarze Jacke gewählt, hatte aber nur das Nato-Oliv seines Army-Parkas zur Verfügung.
    Um 19 Uhr 43 klingelte Margaret – das verabredete Signal, dass er herunterkommen und zu Fuß mit ihr zum Restaurant gehen würde. Sie hätte eigentlich schon dreizehn Minuten früher da sein sollen. Enrique hatte in vielen Romanen gelesen, dass man bei Frauen mit einer gewissen Verspätung zu rechnen hatte; dennoch war er um 19 Uhr 35 davon ausgegangen, dass sie ihn versetzte, so dass er das Klingeln acht Minuten später als dramatische Schicksalswende erlebte.
    Diese Art der Verabredung hatte ihn gleich skeptisch gestimmt. Sein Angebot, sie abzuholen, hatte Margaretabgelehnt, als wäre das albern. In romantischer Hinsicht kein gutes Zeichen, hatte er befunden. Es roch nach kumpelhafter Freundschaft, obwohl ihr Vorschlag geographisch eine gewisse Logik hatte, da sie ins Buffalo Roadhouse in der Nähe des Sheridan Square wollten und Enriques Haus am Weg lag. Er hatte es sich verkniffen, hinunterzugehen und ungeduldig auf dem Bürgersteig auf und ab zu tigern, stand aber schon im Parka an der Sprechanlage, als sie klingelte. Er rannte die fünf Treppen hinunter. Trotz der Winterluft war da ein Schweißfilm auf seiner Stirn. Er begrüßte sie verlegen und versuchte der Frage, ob er sie küssen sollte, und sei es nur keusch auf die Wange, dadurch auszuweichen, dass er gleich losmarschierte. »Lass uns schnell machen, bevor uns Bernard sieht«, sagte er, um zu rechtfertigen, dass er sie nicht richtig begrüßt hatte.
    »Bernard soll uns nicht sehen?«, fragte Margaret und ging munter neben ihm her. Obwohl sie einen Kopf kleiner war als er, hatte sie ihn schon nach wenigen Schritten abgehängt. Er eilte hinter ihrer dicken Daunenjacke her, um sie wieder einzuholen, nicht ohne vorher registriert zu haben, wie hauteng sich ihre Jeans um ihr ansprechendes Hinterteil schmiegte. Ein Anblick, der sein vom Treppenhausspurt hämmerndes Herz auch nicht gerade beruhigte. Er sagte etwas, was er nicht hatte sagen wollen und schon nach minimalem Nachdenken auch nie gesagt hätte – doch der Impuls, alles über sich mitzuteilen, ob potentiell peinlich oder nicht, war nun mal charakteristisch für ihn. »Bernard passt es nicht, dass ich mich mit dir treffe.« Er sah zu ihr hinüber: Ihre runden blauen Augen waren untertassenartiger denn je, ihre Lippen verdutzt geöffnet. »Er hat sich geweigert, mir deine Telefonnummer zu geben.« Das veranlasste sie, stehenzubleiben. Sie waren jetzt zwar an der Ecke Eighth Street und Sixth Avenue, aber die Ampel war grün. Sie machte keinerlei Anstalten hinüberzugehen.
    »Was?«, sagte sie in einem Ton, der irgendwie empört und amüsiert zugleich war.
    »Er sagt, du

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