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Glückliche Ehe

Glückliche Ehe

Titel: Glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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spielst in einer anderen Liga als ich.« Enrique grinste. »Vielleicht rufen dich ja die Männer deshalb nicht an. Weil Bernard sie nicht lässt.«
    Margaret protestierte: »Du willst mich doch auf den Arm nehmen! Das ist ja total verrückt.« Sie schwieg, schien über diese Information nachzudenken und sagte dann: »Das kann nicht wahr sein!«
    »Doch. Er hat sich glatt geweigert. Knallhart. Ich musste im Telefonbuch nachgucken. Zum Glück wusste ich, wo du wohnst, sonst hätte ich nie rausgekriegt, welche von den zwei Dutzend M. Cohens du bist.« Er deutete auf die nunmehr rote Ampel. »Gehen wir noch einen Block weiter und dann rüber?« Währenddessen verfolgte er seinen Kurs rückhaltloser Offenheit weiter. »Bernard will offensichtlich was von dir und traut sich nicht, etwas in die Richtung zu unternehmen. Vielleicht ist das ja das Problem all der Typen, über die du dich beschwerst. Du schüchterst sie ein.«
    »Ich?«, fragte sie, und es klang aufrichtig überrascht.
    »Ja, du bist ganz schön einschüchternd.«
    »Du wirkst nicht gerade eingeschüchtert«, parierte sie.
    Sie waren jetzt an der Ecke Waverly und Sixth. Die Ampel war rot. Er drehte sich zu ihr und sah ihr direkt ins Gesicht. »Oh, doch. Ich habe eine Mordsangst vor dir. So zu tun, als ob du mich gar nicht interessierst, wäre viel leichter, als vorgeben zu müssen, dass es für mich total okay ist, einfach nur mit dir irgendwo rumzuhängen. Genauso geht es Bernard, Phil und Sam. Deshalb rufen sie nicht an – sie wollen nicht riskieren, zurückgewiesen zu werden. Wenn sie mit dir zusammen sind, sagen sie vor lauter Begeisterung, sie rufen dich an, aber dann geht ihnen auf, dass sie dabei ja herausfinden würden, ob sie bei dir eine Chance haben oder nicht, also kneifen sie.« Es entspannte ihn, das gewundene Denkendes männlichen Geschlechts zu erörtern, während er sich gleichzeitig nur allzu bewusst war, welche verrückten Überlegungen er selbst angestellt hatte (wie hatte er auch nur eine Sekunde diese italienische Hose in Erwägung ziehen können?). Er sah zu, wie ihre bodenlosen, ozeanblauen Augen seine rastlosen Gedanken begierig aufnahmen.
    Die Ampel wurde grün. Margaret rührte sich nicht. Er wartete geduldig, weil er merkte, dass sie, im Unterschied zu fast allen Leuten, die er kannte, über seine Worte nachdachte, ohne gleichzeitig zu überlegen, was sie am besten darauf antworten konnte. Er hatte sie zuerst einfach nur für eine dieser Wortfechterinnen gehalten, aber inzwischen war ihm klar, dass die Gesprächspausen in jener langen Diskussionsnacht mit ihm und Bernard nicht deshalb entstanden waren, weil ihr gerade keine witzige Replik einfiel. Er hatte das Gefühl, ihren sorgsamen analytischen Gedanken folgen zu können wie einer Straße, die auf der Landkarte eingezeichnet war. Sie bereinigte das, was er gesagt hatte, von Schmeichelei und Übertreibung. Woher wollte er wissen, ob Sam sie wirklich anziehend fand? Vielleicht flirtete Phil ja nur und wollte gar nicht wirklich etwas von ihr. Und dem kleinherzigen Bernard war es zuzutrauen, Enrique einfach keine hübsche, lebhafte Freundin zu gönnen, egal, ob er es selbst auf sie abgesehen hatte oder nicht. Als die Ampel bereits rot blinkte, hatte Margaret seine wilde Mischung aus Schmeichelei, Charme und Wahrheitsliebe demontiert. »Bernard? Sam? Nein, in den Köpfen dieser verrückten Kerle geht was anderes vor sich«, erklärte sie. »Und du hast keine Mordsangst vor mir«, fügte sie mit einem listigen Lächeln hinzu. Sie überquerten die Sixth Avenue.
    Ihre wohlüberlegte Antwort zog ihm wieder den Boden unter den Füßen weg. Er hatte seine Nerven für einen Moment in den Griff bekommen, indem er seine Absichten eingestand, aber jetzt spürte er wieder sein Verlangen und seineAngst. Er war zu verunsichert und zu aufgeregt, um seine Verwirrung in Worte zu fassen. Wenn er dazu in der Lage gewesen wäre, hätte er gefragt, was sie denn nur von ihm wollen könne außer Bewunderung und Begehren. Was sonst konnte er ihr geben?
    Er rannte ihr nach und ging dann schweigend oder vielmehr sprachlos neben ihr. Er erwog mehrere Antworten, als Erstes »Ich habe wohl eine Mordsangst vor dir«, aber Angst schien nicht die richtige Bezeichnung, da er ja nicht floh, sondern im Gegenteil alles tat, um in ihrer Nähe zu bleiben. Er konnte natürlich auch darauf beharren, dass Phil, Bernard und Sam wohl etwas von ihr wollten, aber warum sollte er sie davon überzeugen, dass bessere Männer –

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