Glücksboten
herbeigesehnt hast.« Er stieß einen leisen, verärgerten Seufzer aus. »Du weißt, was ich meine. Das Alter kann sehr grausam sein, und du möchtest sicher nicht, dass Kitty leiden muss.«
»Nein, natürlich nicht.« Ein Weilchen später fügte sie hinzu: »Es war sehr nett von dir, mich holen zu kommen.«
»Es schien das Geringste zu sein, was ich tun konnte. Unter den gegebenen Umständen.«
»Und die wären?«
»Ein verzweifelter Telefonanruf von den Leuten, bei denen Kitty zu Gast ist. Eine Mrs Lettum-Havvit oder so etwas.«
»Ledham-Gold«, seufzte Perdita.
»Ja, so etwas in der Art. Sie hatte meine Telefonnummer von Michael Grantly.«
»Aber wie um alles in der Welt ...? Warum du?«
Lucas zuckte mit den Schultern und schaltete einen Gang runter, um den Wagen vor ihnen zu überholen. »Wie es aussieht, war ich der Einzige, von dem Kitty glaubte, dass er vielleicht in der Lage sein könnte, Kontakt zu dir aufzunehmen.«
»Dann wollte sie mich also bei sich haben, ja?« Das verhieß nichts Gutes. Kitty hasste es, anderen Ungelegenheiten zu bereiten. Und jetzt hatte sie Perdita am zweiten Weihnachtstag von Shropshire holen lassen - das war so ungefähr das Letzte, was sie tun würde, es sei denn, sie war sehr krank und verängstigt.
»Ich glaube nicht, dass es ihr ausdrücklicher Wunsch war. Aber ihre Gastgeberin wollte es.« Er zögerte einen Augenblick lang. »Wenn ich recht verstanden habe, hielt es auch der Arzt für eine gute Idee.«
Perdita musste diese Worte erst einmal verdauen. Sie versuchte zu entscheiden, ob das ein gutes Zeichen war oder ein schlechtes. »Es ist wirklich sehr, sehr nett von dir, alles stehen und liegen zu lassen, was auch immer du gerade getan haben magst ...«
»Ich habe gekocht.«
»... um nach mir zu suchen.«
»Du hast verdammt Recht, es war nett von mir. Gott weiß, was in der Küche los ist. Diese Idioten haben inzwischen wahrscheinlich meinen Ruf vollends ruiniert.«
»Welche Idioten?«
»Greg und Janey.«
»Aber heute ist der zweite Weihnachtstag. Da hat das Restaurant doch sicher nicht geöffnet? Armer Greg, arme Janey.« In diesem Augenblick fiel Perdita wieder ein, bei wem Lucas den ersten Weihnachtstag verbracht hatte, und all ihre Befürchtungen diesbezüglich kehrten zurück. Aber nicht einmal unter den gegenwärtigen Umständen war es ihr möglich, Lucas zu fragen, ob er Janey auf dem Sofa verführt hatte, während ihre Familie zum Tee zu Tante Susan gegangen war.
»Es sind nicht viele Gäste da, nur ein paar Leute, die über Weihnachten im Hotel wohnen. Die beiden Tunichtgute in meiner Küche werden die Sache restlos verpfuschen, aber wen schert das schon? Die Gäste wissen gutes Essen sowieso nicht zu schätzen.«
»Sie haben doch nicht etwa nach Ketschup gefragt?« Perditas Entsetzen war vielleicht eine Spur übertrieben.
»Nein.« Er warf ihr einen bitterbösen Blick zu. »Sie waren allerdings nicht besonders scharf auf die Kardonen.«
Perdita hielt es für das Beste, diese Bemerkung zu ignorieren. »Aber wie sind die Leute denn zu ihrem Weihnachtsessen gekommen? Du hattest doch gestern frei, oder?«
»Wir haben ihnen das Weihnachtsessen am Abend serviert. Bis dahin war ich wieder zurück.«
»Dann hast du also den Tag bei Janeys Familie verbracht?«
»Das weißt du doch.«
»Hm, hast du dich gut amüsiert?«
»Es war sehr nett.« Er seufzte abermals. »Und nein, ich habe Janey nicht verführt, falls es das war, worüber du dir Sorgen gemacht hast.«
»Ich weiß nicht, wieso du annimmst, dass ich auch nur auf den Gedanken kommen könnte, du würdest so etwas tun«, sagte sie. »Du bist sicher viel zu professionell, um Geschäft und Vergnügen zu vermischen.«
»So ist es, und zu deiner weiteren Information: Sex mit halb flüggen Entchen fällt für mich nicht in die Rubrik >Vergnügen<.«
»Das war aber mal anders«, erwiderte sie und errötete in der Dunkelheit.
»Das ist lange her, und damals ging es um dich.«
Lucas füllte das plötzliche Schweigen mit einem ziemlich komplizierten Jazz, den Perditas müdes und schwer schockiertes Gehirn nicht recht zu entwirren vermochte. Sie schloss die Augen und döste ein.
»Also«, fragte Lucas ein Weilchen später, als sie wieder erwacht war. »Welcher dieser Männer war dein Freund? Der Dicke oder der mit dem ungewaschenen Haar?«
Jetzt, da Kitty krank war und vielleicht sterben würde, erschienen Perdita Lügen und Ausflüchte mit einem Mal nur noch töricht. Sie seufzte. »Keiner von
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