Glücksgriff
zugewandt. Er war mit der Stereoanlage beschäftigt, drückte Knöpfe und sah einen Stapel CD s durch.
»Okay, drücken wir es so aus«, sagte Miranda. »Hast du ihre Anzeige beantwortet oder sie deine?«
44
Miranda beobachtete, wie Johnnies Nacken puterrot wurde. Schließlich drehte er sich um.
»Verdammter Miles. Ich habe ihm doch gesagt, er soll nichts verraten.«
»Hat er auch nicht. Vor allem da keiner, der euch beide kennt, jemals versuchen würde, euch zu verkuppeln. Außerdem«, fügte Miranda hinzu und kam sich vor wie Sherlock Holmes, »war der Grund, weshalb du sie nicht heimfahren wolltest, der, dass du ihre Adresse nicht wusstest.«
Johnnie seufzte und schob eine CD ein. Er setzte sich neben sie.
»Lach mich nicht aus, ja? Es ist nicht leicht, Miles Harpers bester Kumpel zu sein. Wenn wir ausgehen, neigen die Mädchen nicht dazu, uns beide anzuschauen und zu sagen: ›Klar, ich bin in den Fetten, Hässlichen verknallt.‹«
Er sagte es scherzhaft, doch seine grauen Augen blickten düster.
»Du bist nicht fett!«, protestierte Miranda. Eilig fügte sie hinzu: »Und auch nicht hässlich.«
»Verglichen mit Miles schon. Ach, zum Teufel.« Johnnie schüttelte den Kopf und bereute eindeutig diesen Moment der Schwäche. »Es ist ja nicht so, dass ich unbedingt sesshaft werden will. Dafür habe ich noch genug Zeit, wenn ich alt und kaputt bin. Ich war betrunken, als ich auf die Anzeige geantwortet habe.« Er sah reumütig drein. »Ich nehme an, alle lügen wie gedruckt, aber Alice klang auf dem Papier toll. Keine Rede davon, dass sie wie ein Gorilla lacht und das Charisma eines abgetrennten Fußes besitzt – um Himmels willen, was ist das?«
Er starrte Miranda verblüfft an. Ihr Bauch, der wie ein mit Ziegeln gefüllter Betonmischer rumpelte, machte es gehorsam wieder.
»Für dich ist es okay.« Gerade wollte sie seinen hervorstehenden Bauch anstupsen, besann sich aber noch rechtzeitig. »Du hast schon gegessen. Aber es ist sechs Stunden her seit meiner letzten Magnum, und ich liege hier praktisch auf den Knien.«
»Um die Ecke gibt es einen wirklich guten Chinesen«, erwiderte Johnnie. »Sag mir, was du willst, und ich hole was.«
Miranda, die gerne jede Einzelheit auf der Karte untersuchte – wie wusste man sonst, was man versäumte? –, sprang auf.
»Ich komme mit. Hast du einen Stift?«
Als sie wiederkamen, lag Miles auf dem Sofa, schaute sich die Höhepunkte von Wimbledon an und runzelte die Stirn über einem Kreuzworträtsel. Er hielt Mirandas Nachricht hoch und las laut vor: »Lieber Miles, ich habe dich verlassen und bin mit deinem viel besser aussehenden Freund abgehauen. In Liebe, Miranda. P.S. Wo bewahrst du deine Stäbchen auf?«
Sie ließ eine glühend heiße Tragetasche in seinen Schoß fallen.
»Du kannst nicht erwarten, dass du ein Mädchen mit einem leeren Kühlschrank beeindruckst. Wir brauchen mehr als Eis, um uns am Laufen zu halten.«
»Ich wollte dich zu Orsini ausführen«, protestierte Miles. »Ein romantisches Abendessen zu zweit, Hummer und Champagner …«
»Zu spät, wir essen stattdessen Pilz-Dim-Sum und Hühnchen Teryaki. Und wir gehen nirgends hin«, entschied Miranda. »Johnnie und ich spielen Trivial Pursuit.« Sie beugte sich vor, zog einen Krabben-Cracker aus der Tüte und zerbiss ihn genussvoll. »Du kannst mitmachen, wenn du magst.«
Johnnie war endlich um elf Uhr gegangen.
»Was machst du?« Miles sah verblüfft aus.
Miranda, die auf den Knien unter dem Sofa nach ihren Schuhen forschte, fand sie endlich.
»Heimgehen.«
»Kannst du nicht bleiben?«
»Nein, es war ein langer Tag.«
»Es war eine lange Verabredung.« Miles zog sie auf das Sofa neben sich. »Eine Einunddreißig-Stunden-Verabredung. Ich kenne Ehen, die kürzer waren.«
»Ich muss trotzdem nach Hause.« Hilfe, jetzt kitzelte er ihren Nacken. Miranda unterdrückte ein lustvolles Beben und zwang sich, stark zu sein. »Könntest du mir ein Taxi rufen?«
Er nahm ihr Kupferschwein aus seiner Hemdtasche und drehte es in seiner Hand; sein Gesichtsausdruck war zweifelnd.
»Bist du sicher, dies hier ist ein Glücksschwein? Es scheint mir keinen Gefallen zu tun.«
»Du bist ihm gerade erst begegnet«, erwiderte Miranda. »Lass ihm Zeit, dich kennen zu lernen.«
»Ich habe dich gerade erst kennen gelernt.« Miles lächelte. »Jedenfalls richtig. Aber ich weiß schon, wie sehr ich dich mag.«
O nein, das war mehr, als sie verkraften konnte. Miranda bemühte sich, ihn zum Lachen
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