Glücksgriff
Journalist.«
Das war natürlich genau das, was ein Journalist sagen würde.
»Bitte«, sagte der Journalist.
Als Antwort schenkte ihm Bev einen ihrer frostigsten Blicke – einen, der so gut zu ihrem perfekt aufgelegten frostig-beigen Lippenstift passte.
»Äh … nein.«
Langsam verlor er die Geduld.
»Himmel, für wen halten Sie sich?«
»Ich?«, gab Bev zurück. »Ich bin diejenige, die Ihnen sagt, dass, wenn Sie wissen, was gut für Sie ist, Sie jetzt hier abhauen, bevor …«
»Ahhhh!«
Ein schriller Schrei aus dem hinteren Teil des Salons ließ alle zusammenfahren und Bev verstummen … Alle Blicke drehten sich in Richtung der Schreienden – einer Stammkundin, die verwöhnte junge Frau eines Zeitungsbarons.
»Ich fasse es nicht! Ich habe gesagt, einen halben Zentimeter über den Augenbrauen – und Sie haben mindestens einen ganzen abgeschnitten! Sind Sie völlig verrückt?«
Die Frau war eine von Corinnes Kundinnen. Da Corinne weg war, schnitt Lucy ihr das erste Mal das Haar. Während Lucy errötete, trommelte die Frau mit ihren hohen Hacken auf den schwarzen Marmorboden und kreischte: »Sie haben sie ruiniert, Sie haben meine Frisur völlig ruiniert … ist Ihnen klar, dass ich jetzt meinen Urlaub absagen muss, ich kann mich mit solchen Fransen nicht sehen lassen. Großer Gott, Sie haben mein Leben ruiniert – he, Sie!« Sie richtete ihren Zeigefinger auf Miranda. »Bringen Sie mir sofort meine Handtasche!«
Miranda, die Folienquadrate zurechtgeschnitten hatte, eilte gehorsam zur Theke und fand die Tasche – natürlich von Hermès. Sie kehrte zurück und überreichte sie der Frau, die sofort eine Flasche Valium herauszerrte, ein halbes Dutzend Tabletten in ihre Hand schüttete und sie auf einmal herunterschluckte. Miranda sagte beschwichtigend: »Ihr Haar sieht toll aus, es steht Ihnen so. Lässt Sie jünger aussehen.«
»Ach, machen Sie mir doch das nicht weis! Für wie blöd halten Sie mich denn? Schauen Sie es sich an, sie hat meinen Pony ruiniert!«
»Ich sage das nicht, damit Sie sich besser fühlen. Es ist die Wahrheit«, stellte Miranda fest.
»Nun ja, wenn Sie so verrückt nach der Wahrheit sind, werden Sie nichts dagegen haben, wenn ich Ihnen sage, dass Sie selbst nicht so heiß aussehen. Ein Gesicht wie eine Woche Regenwetter haben Sie«, spottete die Blondine. »Nicht gerade die fröhlichste Seele des Universums, oder? Himmel, ich habe schon glücklicher aussehende Bluthunde zu Gesicht bekommen. Was ist passiert – hat Ihr Freund Sie sitzen lassen? Kann nicht sagen, dass mich das erstaunt.«
Der ganze Salon hielt den Atem an. Es war die Art entsetztes Schweigen, die vielleicht folgte, wenn jemand vor der Königin aus Versehen einen Furz ließ. Alle warteten auf Mirandas Reaktion und fragten sich, welche Form sie annehmen würde. Würde sie die Frau vielleicht ihrerseits anschreien? In Tränen ausbrechen und aus dem Salon laufen? Oder – hoffentlich – sie in ihren Stuhl drücken, die nächste Schere ergreifen und ihr einen Borstenschnitt verpassen?
Der Journalist, der vor Wut kochte, ging auf sie zu. Nun war es an Bev, den Arm auszustrecken und zu zischen: »Wagen Sie es nicht.«
Miranda ließ zu aller Erstaunen nur eine Hand auf der Schulter der Frau ruhen und drückte sie mitfühlend. Die Frau brach prompt geräuschvoll in Tränen aus und barg das Gesicht an Mirandas Brust.
»Was ist wirklich los?«, fragte Miranda.
»O Gott, alles!«, schluchzte die Frau. »Das Kindermädchen hat heute Morgen gekündigt … meine Zähne müssen neu gebleicht werden, und mein Zahnarzt ist für einen Monat in Florida … meine Zellulitis ist wieder da … mein ganzes Leben zerbricht.«
»Kommen Sie, das tut es nicht.« Mirandas Stimme klang sanft. »Sie werden das überstehen, das wissen Sie doch. Sollen wir Ihnen ein Taxi rufen?«
Die Frau nickte wie ein kleines Kind.
»Tut mir Leid, das ich geschrien habe.«
»Das macht nichts. Aber ich habe es wirklich so gemeint, als ich sagte, Ihr Pony sei in Ordnung.«
Miranda befreite sich aus den Armen der Frau, die sich um ihre Taille schlangen, und gab Bev auf der anderen Seite des Salons zu verstehen, das erste verfügbare Taxi heranzuwinken.
»Danke.« Die Frau schniefte jämmerlich. »Und ich habe es auch so gemeint, als ich sagte, dass Sie elend aussehen. Sie waren sonst immer so fröhlich.«
»Wir tun unser Bestes.« Miranda half ihr in ihre Jacke.
»Was ist denn passiert? Hat Ihr Freund Sie sitzen lassen?«
Hinter der Theke
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