Glücksgriff
einfach zum Du übergegangen.
»Super. Was macht deine Brust?«
»Immer noch von deiner Telefonnummer bedeckt.« Er klang reumütig. »Es war unlöschbare Tinte, weißt du. Ich musste gestern dreimal duschen.«
»Du brauchst Brillo«, sagte Miranda. »Damit schaffst du es. Oder du könntest eine von diesen Schmirgelscheiben benutzen«, fügte sie munter hinzu. »Du setzt sie einfach auf deine Black and Decker, und los geht’s …«
Hoppla, unabsichtliche Doppeldeutigkeit. Miranda hielt den Atem an und betete, dass Greg sie nicht enttäuschte. Wenn er jetzt irgendetwas auch nur im Entferntesten Anzügliches sagte, würde sie auflegen.
Nur weil sie sein Hemd aufgerissen und auf seine nackte Brust gekritzelt hatte, hieß das nicht, dass er grob werden durfte.
Sie hüpfte fast vor Freude, als Greg den unausgesprochenen Test bestand.
»Vielleicht muss ich das.« Er klang belustigt. »Adrian fragt sich schon, warum ich dauernd im Haus einen Bademantel trage.«
»Sag ihm, du seist Jungfrau und dass Nacktheit eine Sünde ist«, riet ihm Miranda. »Hat er schon versucht, mich zu erreichen?«
»Gestern. Er hat eine Mrs Finkelstein am Apparat gehabt.«
»Was hat er gesagt?«
»Also«, erwiderte Greg. »Er war zwanzig Minuten am Telefon, hat erst gebettelt, wurde dann immer saurer. Als sie schließlich aufgelegt hat, schrie er: ›Glaubt man das? Mirandas Mutter will mich nicht mal mit ihr sprechen lassen, nur weil ich kein Jude bin.‹«
Miranda, die sich die Nummer einfach ausgedacht hatte, schickte im Geiste eine Entschuldigung an die arme, geplagte Mrs Finkelstein.
»Egal«, fuhr er fort, »genug von Adrian. Wann kann ich dich sehen?«
Miranda, die auf Nummer Sicher gehen wollte, fragte: »Spielen wir eindeutig nicht mehr die Coolen?«
»Eindeutig.«
»Nun ja, in dem Fall«, sagte sie fröhlich, »wie wäre es mit heute Abend?«
Vierzig Minuten später stand Miranda eingezwängt in der U-Bahn und schwankte im Einklang mit allen anderen im Waggon, als sie ein bekanntes Gesicht entdeckte.
Sie duckte sich und blickte noch konzentrierter auf die
Daily Mail
, die die Frau neben ihr hochhielt. Das Mädchen, das sie auf dem Foto entdeckt hatte, war Daisy Schofield.
Die Frau, der die Zeitung gehörte, las die andere Seite. Ärgerlicherweise verdeckte sie mit den Fingern den Teil, den Miranda sehen wollte. Aber Daisy Schofield sah sicher ziemlich glücklich aus, ihre dünnen Arme umschlangen irgendeinen Mann – also los, Finger da weg –, und obwohl der Begleittext nur teilweise zu sehen war, konnte Miranda ganz klar die Worte »in blendender Form«, »heiße Romanze« und »Mittwochnacht« ausmachen.
So viel also zum Virus, dachte Miranda. Elizabeth Turnbull hatte Recht gehabt.
»Lügnerin«, murmelte sie leise.
Als die Frau zusammenzuckte und verblüfft zur Seite schaute, merkte Miranda, dass die Worte nicht so leise ausgesprochen worden waren, wie sie gedacht hatte. Nun ja, egal, vielleicht würde die Frau, wenn sie sich entschuldigte, ihre Finger wegbewegen und sie den Rest des Artikels lesen lassen.
Doch die Besitzerin der Zeitung war zu schnell für Miranda. Bevor sie auch nur die Chance hatte, den Mund aufzumachen, hielt der Zug quietschend an. Die Türen gingen auf, und die Frau sprang raus.
Jetzt muss ich mir selber eine kaufen, dachte Miranda empört. Ehrlich, manche Leute waren einfach Egoisten.
12
»Wuff, wuff«, sagte Miranda, als Fenn eine Stunde später im Salon eintraf.
»Ich habe es geahnt.« Fenn hob die Augenbrauen. »Jetzt bellt sie auch noch.«
»Gott, bist du heute langsam«, protestierte Miranda. »Es ist doch Freitag, oder? Tabitha-Tag. Du hast gesagt, ich könnte dein Wachhund sein.«
Tabitha Lester, im Salon bekannt als Probier-es-mal-Tabitha, war in den Siebzigern eine sehr erfolgreiche Schauspielerin gewesen. Jetzt hatte sie ihr Verfallsdatum überschritten, weigerte sich aber standhaft, dies einzugestehen; sie ließ sich das Gesicht liften und Fett aus den Schenkeln saugen, und abends stakste sie am Arm von peinlich jungen Männern zu Filmpremieren.
Sie war außerdem heftig verknallt in Fenn, der einmal allein zu ihr nach Hause gegangen und gerade so mit heiler Hose entkommen war. Seit damals wurden seine regelmäßigen Besuche bei Tabitha in St. John’s Wood streng überwacht, sehr zu ihrem Missfallen und seiner Erleichterung.
Miranda ging auch liebend gerne dorthin. Wenn Tabitha Lester bereit war, ein Wahnsinnsgeld für einen Hausbesuch zu zahlen, so hatte sie
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