Glückskekssommer: Roman (German Edition)
ging es ja nicht nur um mich. So viele Leute hatten mitgeholfen und mich unterstützt. Wir waren ein Team und durften einander nicht im Stich lassen. Vielleicht würde etwas schiefgehen. Aber so schlimm, wie im Traum, würde es bestimmt nicht werden. Dafür hatten wir viel zu hart gearbeitet.
Basti küsst mich auf die Nasenspitze.
»Ich muss noch mal weg«, sagt er. Er ist schon angezogen. »Ich bin rechtzeitig zurück.«
Ich finde es schade, dass er geht. Aber mit mir ist sowieso nicht viel anzufangen. Außerdem muss ich selbst gleich los, weil schon bald die Mädchen kommen und sich anziehen, schminken und frisieren lassen.
»Drück mir die Daumen«, sage ich.
Er lächelt und weg ist er. Ich bleibe noch einen Moment im Bett und denke nach.
Keine Ahnung, wie es nachher gelingen wird. Mal sehen, ob die Schau vor fünf oder 500 Leuten stattfindet. Aber wie auch immer, für mich ist heute ein großer Tag. Es macht mich froh, dass ich durchgehalten und mein Ziel erreicht habe. Ich bin glücklich. Und deshalb sollten eigentlich die Menschen nicht fehlen, die bisher jeden besonderen Tag in meinem Leben begleitet haben. Ich greife zum Telefon und wähle die Nummer meiner Eltern. Egal, was geschehen ist. Ich möchte sie heute dabei haben, genau wie Oma, Tante Susanne und Onkel Thorsten. Sie sollen wissen, dass sie mir wichtig sind.
Während das Telefon klingelt, rast mein Herz. Keine Reaktion. Meine Eltern sind nicht zu Hause. Nur der Anrufbeantworter geht ran und begrüßt mich mit fröhlichem Hundegebell. Mir fällt fast das Ohr ab.
»Pinkie hat gesagt, es ist niemand zu Hause. Wenn ihr uns wirklich sprechen wollt, müsst ihr noch mal anrufen. Eure Simone, Thomas und Pinkie Redlich.«
»Hallo Pinkie, hier ist Rosa. Sag Mama und Papa, dass ich sie sehr lieb habe und dass sie mir heute sehr fehlen werden, wenn ich meine erste Modenschau mache. Vielleicht wollt ihr ja auch vorbeikommen. Das … Das wäre schön.«
Dasselbe bei Susanne und Thorsten, nur dass dieses Mal Purple bellt. Auch hier spreche ich auf das Band. Oma ist ebenfalls nicht da. Ich hätte mich eher überwinden sollen. Jetzt ist es zu spät.
Als ich in die Küche gehe, um mir Kaffee zu machen, höre ich Daniel und Vicki flüstern. Als ich reinkomme, verstummen sie.
»Hallo, Süße«, sagt Vicki.
Es klingt so künstlich, dass ich mich frage, was sie eigentlich auf dem Kerbholz hat.
»Alles okay mit euch?«
»Jaaa!«, kommt es unisono. »Wieso denn nicht?«
Schon klar. Sie verbergen etwas vor mir. Na gut! Solange sie nicht heute Nacht meine Kleider zerschnitten haben, soll es mir egal sein. Warum soll ein verlobtes Pärchen auch keine Geheimnisse haben?
Nach dem Kaffee gehe ich duschen, werfe mich in Jeans und Top und fahre mit der U-Bahn in den Wedding. Nachher ziehe ich mich um. Ich werde auch eines meiner Modelle tragen – ein rosa, schulterfreies Abendkleid mit Spitzenoberteil, einem schwingenden, kniekurzen Rock aus glänzendem Chiffon und einer überdimensionalen Blume am Gürtel.
Schon als ich in die Malplaquetstraße einbiege, höre ich Baulärm. Auweia und das am Samstag. Vor dem ›Schraders‹ hämmert, sägt und feilt es, dass es eine Freude ist. Rob und seine Kollegen sind wirklich gekommen. Der Laufsteg ist so gut wie fertig. Aus den umliegenden Häusern gucken die Anwohner. Keiner motzt. Die Polizei ist auch nicht da. Das ist großartig. Soll noch mal einer sagen, die Berliner sind grantig.
Mein Zeitungsmann grüßt mich freudig.
»Viel Glück heute, Rosa!«, ruft er. »Meine Frau und ich, wir kommen auch vorbei.«
An seinem Kiosk hängen vier Modenschau-Flyer aus, an jeder Scheibe ein anderer. Ich winke ihm zu. Dann begrüße ich Lila und ihr fleißiges Handwerker-Team.
»Danke«, sage ich gerührt.
Die 20 Meter lange Holzkonstruktion, die nicht schnurgerade ist, sondern in einem eleganten Bogen verläuft, sieht einfach toll aus.
»Ich gebe euch ein Bier aus, ja?«
Mein Vorschlag findet Anklang. Ich setze mich ein wenig dazu, bis mich Margret in den Laden winkt. Auch hier herrscht schon Hochbetrieb. Eingehüllt in eine Parfüm- und Haarspraywolke betrete ich meinen Modesalon. Als ich die ganzen aufgeregten Mädchen sehe, die zufrieden ihre Kleider an sich pressen und sich damit vor dem Spiegel drehen, bin ich plötzlich ganz sicher. Hier und heute wird nichts mehr schiefgehen.
*
Ein paar Stunden später stehen sie vor mir – 20 Weddinger Großstadtgören, die mittels Schminke, Haarlack und meinen
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