Glückskekssommer: Roman (German Edition)
vorher nur noch nie einen erotischen Roman gelesen. Solche Lektüre regt die Fantasie an und raubt den Schlaf. Wahrscheinlich ist in den Betten von Vickis Leserschaft jetzt richtig Hochbetrieb. Nur leider habe ich niemanden, mit dem ich zum Beispiel Kapitel sieben – im Wald beim Beerenpflücken – ausprobieren kann.
Manchmal muss ich an Rob denken. Er ist immerhin der letzte Mann, mit dem ich geschlafen habe. Aber nein, nein … Der wäre es jetzt nicht mehr. Der soll mir keine Himbeeren vom nackten Körper lecken, während ich mich auf einem Bett aus weichem Moos räkele und die Lust bis in die kleinste Pore spüre. Aber wer dann? Basti? Schon besser, aber der ist vergeben. Und andere Männer treffe ich nicht. Dafür habe ich nicht den richtigen Arbeitsplatz. Änderungsschneidereien werden fast ausschließlich von Frauen aufgesucht.
Mein Fazit: Erstens, man sollte keine Bücher über Sex lesen, wenn man gerade keinen Partner hat. Zweitens, mein Nonnenleben ist ein bisschen belastend, vor allem, weil ich nicht weiß, wann es endet.
Bevor wieder irgendwem einfällt, dass er für das Wochenende noch ein Hochzeitskleid braucht, schließe ich, nachdem Margret gegangen ist. Ich trinke noch einen Milchkaffee bei den Jungs und fahre nach Hause.
»Nanu, du kommst ja schon?«, begrüßt mich Vicki. Sie umarmt mich.
Ich gähne ausgiebig. Gern würde ich sie fragen, ob wir uns nicht einen herrlichen Weiberabend auf der Couch machen sollen. Mit Essen und Wein und einem schönen Film. Aber ich trau mich nicht. Bestimmt hat sie wieder etwas vor. Also stelle ich mich darauf ein, den Abend wie immer allein zu verbringen.
»Wie wäre es mit einem gemütlichen Abend? Nur wir zwei? Ich koche uns was und wir machen Wein auf. Ich habe schon angefangen, allerdings mit Caipirinha.«
Nein. Das habe nicht ich gesagt.
Das war wirklich Vicki, und dazu kichert sie vergnügt und lässt das Eis in ihrem Glas klimpern. Ich glaube, sie hat schon mehr als einen Caipi getrunken. Und das am hellen Nachmittag? Aber egal. Vielleicht brauchen Schriftsteller das, zu ihrer Inspiration oder so.
Ich nicke, begeistert vor Freude über ihren Vorschlag. Dann gehe ich schnell ins Bad, damit sie nicht merkt, dass ich mal wieder ein paar Tränen in den Augen habe. Da sieht man es mal – Steppenwölfe haben auch Gefühle!
Als ich wieder ins Wohnzimmer komme, hat Vicki noch eine Überraschung für mich. Auf dem Tisch liegen fein säuberlich meine Zeichnungen von ihr.
»Ich habe sie aus deinem Papierkorb gefischt und gebügelt«, sagt sie und schaut mich lächelnd an. »Sie sind wirklich wunderschön.«
»Warum hast du das gemacht?«, frage ich verwundert. »Du warst so sauer damals.«
»Ich habe dir das doch schon erklärt«, antwortet Vicki. Sie nimmt einen Schluck von ihrem Drink. »Das bin gar nicht ich, die so sauer war.«
Aha? Wer denn dann?
»Das ist so ein Etwas in mir drin. Das sagt ›Rosa hat dich nur gemalt, weil sie dich noch immer hässlich findet. Genau wie früher.‹ Na ja und dann war ich eben sauer, weil ich dachte, wir sind Freundinnen und du magst mich, wie ich bin, was du ja auch tust, nicht wahr?«
Ich nicke. »Und wie«, sage ich ohne Umschweife. »So ’n Ding habe ich übrigens auch.«
»Was für ein Ding?«
»Na, so eine komische Stimme, die laufend dazwischenquatscht, wenn ich sowieso schon nicht weiß, was los ist. Die mich ganz unsicher macht …«
»Nervig, oder?«
»Was wollen wir dagegen tun?«
»Wir ersäufen unsere Zweifel in Caipirinha«, schlägt Vicki vor.
Gesagt, getan.
Nach meinem ersten Glas und Vickis x-tem breitet sich eine wohlige Wärme in mir aus. Ich bin total entspannt und lümmele auf der Couch. Mein Kopf liegt auf Vickis Schoß. Sie betrachtet ausgiebig meine Zeichnungen.
»Das ist schick«, sagt sie. Sie hält mir ein Bild vor die Nase, auf dem sie einen silberbeigen Overall trägt – schulterfrei, im Nacken gebunden, weit geschnitten und mit einem breiten, weißen Gürtel, der ihre schmale Taille betont. Dazu braune Stiefeletten.
»Mmh.« Ich wage gar nicht zu atmen, geschweige denn, etwas zu sagen. Will sie wirklich, dass ich ihr dieses Teil nähe? Meine Leidenschaft für Mode, die ich in den letzten Wochen ziemlich unterdrückt habe, ist sofort wieder geweckt.
»Ich habe demnächst einen Termin. Der ist ziemlich wichtig«, sagt Vicki. Sie dreht und wendet das Bild, als hoffte sie, der Overall würde gleich herausfallen. »Bist du sicher, dass mir das steht?«
»Und wie!«,
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