Glückskekssommer: Roman (German Edition)
Konfa-Sack konnte sie allenfalls einen gottesfürchtigen Mönch dazu bringen, sie anzuschauen. Ich bot ihr an, ein wenig mehr zu ändern und erklärte ihr, wie das ihre Vorzüge herausstellen würde. Sie war einverstanden. Ein paar beherzte Schnitte meinerseits, neue Nähte und zack! Aus dem Stoffungetüm war ein schnuckliges Kleidchen geworden.
Ein paar Tage später lief Nelly strahlend wie die Sonne am Laden vorbei. Sie klopfte an die Scheibe und winkte, an ihrer Hand ein schlaksiger 16-Jähriger …
Na bitte. Es hat geklappt. Nun hat die pubertierende Nelly mehr zum Thema Liebe zu erzählen als ich. Immerhin habe ich Freunde und Familie um mich herum. Oder?
Leider Fehlanzeige. Alle sind total beschäftigt und haben keine Zeit für mich. So langsam richte ich mich in meiner Rolle als einsamer Steppenwolf gemütlich ein. Ausgerechnet da muss Margret in den Laden kommen und mich bei meinem Nickerchen erwischen.
»Mir geht es gut, Margret, wirklich«, beteuere ich.
Ich verrenke mir fast den Kiefer bei dem Versuch, ein Gähnen zu unterdrücken.
Es hat allerdings noch einen anderen Grund, warum ich heute so müde bin.
Ich habe gestern bis nachts in Vickis Buch gelesen, um schläfrig zu werden. Nach der Lektüre konnte ich jedoch erst recht nicht schlafen. Ich sah immerzu Lisa und Simon vor mir, die laufend göttergleichen Sex in einem schwedischen See hatten – in der längsten Nacht des Jahres, dann, wenn die Sonne dort gar nicht untergeht. Oder waren es Basti und ich?
Jedenfalls ist Vicki doch ziemlich romantisch. Romantisch und detailliert.
Und ich habe seit Ewigkeiten keinen Sex gehabt!
An dieser Misere soll sich Margret nun allerdings nicht schuldig fühlen.
Klar habe ich zu viel Arbeit. (Zu viel Arbeit. Zu wenig Sex. Andersrum wäre mir lieber.)
Ein geregelter Feierabend wäre schon toll. Aber ich will Margret nicht bitten, sich weniger mit Oma zu treffen. Das tut den beiden so gut.
»Ich gehe Karl besuchen«, sagt Margret jetzt. »Du machst gleich zu und ruhst dich mal richtig aus. Ich werde an diesem Wochenende einiges aufarbeiten. Und du wagst es ja nicht, dich hier blicken zu lassen.«
»In Ordnung.« Na gut, dann werde ich es mir mit einem Stapel Illustrierter im Bett bequem machen.
Und mal bei Karl vorbeischauen. Seit ich allen Bescheid gesagt habe, dass er im Krankenhaus liegt, ist er nicht mehr so viel allein. Seine Nachbarn besuchen ihn und natürlich Margret, die Jungs, Oma, Vicki und ich. Nur seine Tochter hat sich nicht blicken lassen. Ich hatte scheinbar nicht die richtigen Argumente, um sie von ihrer Hartherzigkeit abzubringen.
Ich habe Vicki die ganze Sache erzählt. Schließlich wollte ich klarstellen, warum ich nicht zu ihrer Lesung gekommen bin. Wie ich geahnt hatte, waren alle da – sogar meine Oma – und hinterher haben sie bis in die Nacht Cocktails getrunken, geredet und gelacht. Vicki war mir nicht böse. Im Gegenteil.
»Du warst mutig«, sagte sie aufmunternd. »Wer hätte gedacht, dass Karls Tochter so ein Ungeheuer ist?«
Ich schwor mir, egal was geschehen würde, niemals so mit meinen Eltern umzugehen. Fehler hin, Fehler her. Auch an Lila dachte ich wieder häufiger. Benutzte ich meine Arbeit vielleicht nur, um mich vor einem Wiedersehen und der Auseinandersetzung mit ihr zu drücken?
Mir wurde klar, dass sie und ich uns aussprechen sollten und zwar nicht erst auf Omas Geburtstagsfeier.
Da rückt Jahr für Jahr die ganze Familie an. Sie würden garantiert alle aus den Wolken fallen, wenn sie hören müssten, dass Lila und ich seit Wochen nicht mehr miteinander reden. Wir Redlichs sind eine sehr harmoniesüchtige Sippe und Weltmeister im ›Probleme-unter-den-Teppich-kehren‹.
Bisher haben unsere Eltern nichts mitbekommen. Ich habe nämlich nichts erzählt. Und Lila erst recht nicht. Sie scheut den offenen Konflikt noch viel mehr als ich.
Vor mir liegt ein entspanntes, aber wahrscheinlich etwas zu ruhiges Wochenende.
Vicki wird bestimmt bei Basti sein. Zum Trost habe ich immerhin ihr Buch.
Es geht wirklich nicht die ganze Zeit um Sex, aber ziemlich viel. Lisa und Simon reden nur das Nötigste. Manchmal kann ich gar nicht glauben, dass wirklich Vicki das alles geschrieben hat. Ich meine, die Autoszene ist nur der Anfang. Auf den nächsten Seiten werden sehr detailverliebt noch ganz andere Sachen erzählt. Jetzt, wo ich mich daran gewöhnt habe, finde ich es sogar prickelnd. Ich bin nämlich gar nicht so naiv, jedenfalls nicht immer. Ich habe
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