Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen
schon, dann richtig« gelesen.
Nun weiß inzwischen auch der letzte Hardliner zwischen Engelsburg und Kaaba, dass wir nicht in sieben Tagen aus dem Nichts gestampft wurden. Samt Heimatplanet. Vom Urschleim an hatte die Evolution da ein Wörtchen mitzureden. Aber die richtige Grundeinstellung ist im Buch der Bücher doch relativ deutlich niedergelegt: Erst mal anpacken, die Sache – wird schon werden.
|98| Und wir? Wir vermurksen, verbiegen, verwässern und verwalten jede Idee, bis sie zuletzt verworfen wird. »Nach zu kommt ab« sagt der Handwerker. Wer es besser als gut machen will, macht alles kaputt. Deshalb vergammeln unsere Business-Pläne in der Schublade. Deshalb bleibt die Weltreise Top der To-do-Liste und der Brief an den Vater ungeschrieben.
Der beste Plan, der nie erfüllt wurde
»Hallo? Wir brauchen jetzt den Bagger!«
»In Ordnung. Ich bringe sofort den Bagger rüber, wenn der Berg weg ist, dann kann ich geradeaus zu euch rüberfahren, dann bin ich am schnellsten bei euch. Das ist perfekt. Okay?«
»Negativ.«
»Was?«
»Negativ, du Schwachkopf! Grad weil der Berg doch noch da ist, brauchen wir den Bagger! Fahr halt außen rum, aber beweg deine Schüssel endlich her!«
»Aber …«
Viele Menschen verhalten sich mit ihren Aufgaben so, dass sie dann anfangen wollen, wenn der Berg weg ist, dann mit Networking anfangen, wenn der Job verloren und es zu spät ist, oder dann den Berater holen, wenn die Firma kurz vor dem Ende ist und sie ihn nicht mehr brauchen.
Das ist so, als würde ein Start-up-Unternehmen die Gründungsberatung nicht beanspruchen wollen, solange sie sich nicht am Markt etabliert hat. Absurd!
Ich erlebe beispielsweise viele Menschen, die eine Karriere als Redner anstreben und mich um meine Hilfe bitten. Doch dann sagen sie, dass Sie meine Beratung noch nicht in Anspruch nehmen wollen, weil sie als Redner ja noch nicht erfolgreich sind. Ja aber genau deshalb will ich sie ja beraten. Das ist so, als würde ein Start-up-Unternehmen die Gründungsberatung nicht beanspruchen wollen, solange es sich |99| nicht am Markt etabliert hat. Absurd! – Das ist die Haltung des Perfektionisten.
Perfektionisten sind perfekt – im Verhindern von Ergebnissen. Keine andere Grundeinstellung als das ultimative Streben nach »Perfektion von Anfang an« ist besser geeignet, die Welt auf dem Status quo einzufrieren. Darum sind Perfektionisten in Wahrheit meistens furchtbar schlecht, wenn man sie nach ihrer Leistung, nach ihren Resultaten beurteilt. Eine von zehn Aufgaben gelöst, die dafür zu 100 Prozent – macht im Ergebnis 10 Prozent.
Perfektionisten sind perfekte Problembeschreiber. Angenommen, es gibt zwei Türen. Auf der einen steht »Tür zum Himmel«, auf der anderen steht »Diskussionen über die Tür zum Himmel«. Welche Tür öffnet der Perfektionist? Na klar, lasst uns erst einmal diskutieren, und wahrscheinlich gibt es eine ganze Menge zum Diskutieren: Ob wir überhaupt in den Himmel wollen? Und wenn ja, wann? Und ist der auch wirklich blau? Man könnte ja auch noch schnell eine Projektgruppe gründen, die das Ganze untersucht. Und wenn die nichts findet, dann machen die eben einen neuen Termin, ein neuer Termin ist immer gut.
Wenn Sie ein mutiges Unternehmen haben wollen, ein Unternehmen voller Ideen, eines, das sich stetig weiterentwickelt, eines, das Worten Taten folgen lässt, das verbindlich und verlässlich Zeitpläne einhält, ja dann kann ich Ihnen nur einen Rat geben: Schicken Sie die Perfektionisten in Urlaub! Sie brauchen sie nicht gleich zu entlassen, denn vielleicht brauchen Sie sie noch. Aber wenn Sie versuchen, mit ihnen etwas auf die Beine zu stellen oder ihnen gar das Ruder zu überlassen, dann werden Sie den Vorteil, künftig keinen Fehler mehr zu machen, mit dem Preis der Stagnation bezahlen. Und Stagnation bedeutet auf dieser Welt, in der alles wächst, was lebendig ist, den Tod. Perfektion ist bestens geeignet, um fehlerlos unterzugehen.
Ich will niemandem Unrecht tun. Perfektion ist keine schlechte Sache, bisweilen können wir sie gut gebrauchen. Aber wenn Perfektionismus regiert, nicht nur an den wenigen Stellen, wo er Gutes tut, dann ist er eine Fehlhaltung. Um Perfektionismus nicht nur zu belächeln, sondern zu verstehen, müssen wir diese Grundhaltung sogar |100| als Selbstbetrug einstufen. Nach außen und vor uns selbst behaupten wir mit Stolz: »Wenn ich was mache, dann aber richtig!« – Aber in Wahrheit scheuen wir nur den Anfang. Denn wer anfängt,
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