Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen
die Öko-Richtung rennt. Und da nochmal ganz von vorn anfangen? Warum tut sich jemand so was an?
Ich glaube nur, dass die schmalen Wege meistens länger sind als die breiten.
Aber na gut, ich maße mir kein Urteil an. Es ist eine Möglichkeit. Und wenn ich es wirklich will, dann wird aus einer Möglichkeit eine Chance. Ich glaube nur, dass die schmalen Wege meistens länger sind als die breiten. Oder anders gesagt: Nischen sind interessanter.
Als ich Bill Clinton vor 10 Jahren als erster Deutscher zu einem Nicht-Regierungsanlass nach Deutschland geholt habe, ging das eigentlich leicht. Es war wirklich nicht so schwer. Warum? Weil es nur so wenige Verrückte gibt, die das machen. Ich wollte aber mal für eine Vortragsreihe Lothar Späth gewinnen. Das war fast unmöglich. Warum? Weil auf diese Idee fast jeder kommt.
Deshalb baut Burger King neben McDonald’s, Esprit neben H&M und die Sparkasse neben der Volksbank.
Nach oben wird es meistens einfacher: Oben wird zwar die Luft dünner, aber man hat mehr Platz. Der Mainstream-Effekt verstopft nämlich immer die naheliegenden Möglichkeiten. Warum das so ist, ist gut erforscht. Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler und Professor in Princeton und Stanford Harold Hotelling fragte sich vor 70 Jahren, wo der beste Platz für einen Eisstand an einem Strand sei. Klare Sache: in der Mitte natürlich. Richtig. Aber was, wenn dort schon ein Eisstand steht? Ihrer ist der zweite, Sie wollen konkurrieren. Wohin stellen Sie Ihren Eiswagen? An das eine Ende des Strandes? In die Mitte einer Hälfte, also zwischen Viertel und Dreiviertel? Oder einfach direkt neben Ihren Nebenbuhler? Hotelling wies nach, dass der beste Platz für den zweiten Eisstand direkt neben dem ersten ist. Denn hier kann er dem Platzhirsch 50 Prozent der Kundschaft abjagen. Überall sonst ist der Marktanteil |142| kleiner. – Das ist das Denken in Marktanteilen, und das führt zum Mainstream-Denken. Deshalb baut Burger King neben McDonald’s, Esprit neben H&M und die Sparkasse neben der Volksbank.
Wenn Sie es aber nicht eng, sondern weit haben wollen, dann stellen Sie neben den ersten nicht den zweiten Eiswagen, sondern einen Wagen mit Kaffeespezialitäten. Oder einen mit frischem Obst. Oder Sie machen etwas ganz anderes und bieten Ritte auf dem Banana-Boat an. Wenn Sie eine echte Chance haben wollen, passen Sie sich auf jeden Fall nicht an. Die Mehrheit hat immer Unrecht.
Jeder sucht die goldene Mitte, und wer sie gefunden hat, wird feststellen, dass sich dort viel zu viele tummeln.
Denn die Mehrheit ist Mittelmaß, und Mittelmaß gewinnt nie. Es hat nie gewonnen, und es wird auch nie gewinnen. Im Zeitalter des Überflusses steigt die Zahl der Firmen und der Angebote unaufhaltsam. Jeden Tag kommen neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt. Und selbst, wenn Sie sich heute sicher fühlen: Möglicherweise bastelt Ihr größter Konkurrent, der Sie in 10 Jahren das Fürchten lehren wird, gerade an seinem Business-Plan. Alle Organisationen möchten teilhaben, sie wollen ein Stück vom Kuchen. Um Erfolg zu haben, müssen wir also aufhören, so verdammt normal zu sein. Dort, wo alle sind, ist wenig zu holen. Wenn wir uns wie alle anderen benehmen, werden wir auch nur die gleichen Dinge sehen, die gleichen Ideen haben und die gleichen Produkte oder Dienstleistungen entwickeln. Im besten Fall führt eine normale Produktion zu normalen Ergebnissen. Solange Menschen, Marken und Unternehmen nur das bieten, was alle bieten, bekommen Sie eben auch nur das, was alle bekommen: durchschnittliche Erlöse, durchschnittliche Anerkennung, durchschnittliche Aufmerksamkeit. Jeder sucht die goldene Mitte, und wer sie gefunden hat, wird feststellen, dass sich dort viel zu viele tummeln. So ist die Ansammlung der ewigen Zweiten die immerwährende Suche nach dem ersten Platz. Oder die Suche nach Mitleid.
Wenn Sie aber einen ungewöhnlichen, wenig begangenen Weg mit dem kombinieren, was Sie sich von Herzen wünschen, dann kommt meistens etwas Gutes dabei heraus. So wie bei José und Lyndon.
|143| Frechheit!
José und Lyndon haben sich ein paar Quadratzentimeter Schatten gesucht. Die Sonne brennt fast senkrecht auf die Kalksteine der La Rambla, die berühmte Flaniermeile Barcelonas. Seit bald zehn Jahren leben die beiden Bettler nun auf der Straße. Sie hängen einfach nur ab und genießen ihre Zeit.
Arbeitslos würden sie sich nicht nennen. Aber die Arbeit überlassen sie vier abgegriffenen Kaffeebechern. Und vier
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