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Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen

Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen

Titel: Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Scherer
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daran teil, einfach mal ausprobieren. Nun fand er die Geschichte zwar äußerst interessant, war aber hoch enttäuscht, dass er an diesem Abend nur acht Damen kennenlernen konnte und dann eine Woche warten musste, bis die nächste Speed-Dating-Veranstaltung lief. Das war ihm entschieden zu langsam. Frustriert über die langen Wartezeiten kaufte er gleich die ganze Firma und führte dann Speed-Dating durch, wie er es sinnvoller fand: Mit Speed eben! Also täglich und das mit erhöhter Teilnehmerzahl. Auf diese Weise dauerte es auch nicht lange, bis er die Frau gefunden hatte, die ihm gefiel. Also verkaufte er das Unternehmen wieder. Was nicht schwer war, denn jetzt lief es ja richtig.
    Für Glückskinder sind Realismus und Relevanz kein Kriterium.
    Mein Freund war ein Getriebener, er lebte das Unmögliche – und zwar schnell. Leider durfte ich ihn vor kurzem auf seiner letzten Reise begleiten. Ich habe seine Grabrede gehalten. Er war mit gut 40 Jahren gestorben. Er ging so schnell, dass einer der Beerdigungsteilnehmer sagte, es sei kein Wunder, dass er an akuter Leukämie gestorben ist, eine normale Leukämie wäre ihm zu langsam gewesen.
    Für Glückskinder sind Realismus und Relevanz kein Kriterium. Der Lehrer sagt: falsch. Denn sowohl die Lösung als auch der Lösungsweg waren ja vorgegeben. Der Schüler hätte beides einfach nur wissen sollen. Vom Lösen eines Problems war nie die Rede gewesen. |204| In der Grundschule bedeutet die Aufgabe, einen Brief zu verfassen bei der freundlichen Lehrerin, Blümchen neben den Text zu malen, um deutlich zu machen, dass der Schüler sich auch um die Gestaltung gekümmert hat. So war es eingeübt. Der Schüler, der die Aufgabe, einen Brief zu schreiben, mit Bravour gelöst hat, der aber den Lösungsweg »Blümchen« ignoriert hat, darf darum keine Eins bekommen. Egal, was die engagierte Lehrkraft damit im Seelenleben des Jungen anrichtet. Aus ihrer Perspektive ist es doch auch ein klarer Fall: Der Junge soll gefälligst machen, was verlangt ist! Wo kämen wir denn hin, wenn jeder Schüler einen eigenen Kopf hätte! Dann wären 30 Kinder pro Klasse schlicht unmöglich!
    Andersticker will in der Schule keiner. Aber wer verdient später die Millionen? Die Blümchenmaler oder die Andersticker? Nur weil unser Bildungssystem regelkonformes Verhalten fördert und lösungsorientiertes Verhalten sanktioniert, heißt das noch nicht, dass das Leben es genauso hält. Wer früh aneckt, ist gezwungen, Wege zu suchen, um trotzdem durchzukommen, das kann eine hervorragende Schule fürs Leben sein.
    Ich will ja beileibe nicht behaupten, dass das Versagen in der Schule die Voraussetzung für Erfolg im Leben ist. Tatsache aber ist, dass überraschend viele tolle Unternehmerpersönlichkeiten schwache Schüler und viele Milliardäre Schul- oder Studienabbrecher waren. Beispiele gewünscht? Steve Jobs, Gründer von Apple, Vermögen über 6 Milliarden US-Dollar, Abbrecher nach dem ersten Semester. Richard Branson, Gründer von Virgin, Vermögen über 4 Milliarden US-Dollar, Legastheniker und Schulabbruch ohne Abschluss. Larry Ellison, Gründer von Oracle, Vermögen über 39 Milliarden US-Dollar, Studienabbrecher. Aber auch im Kleinen und in Deutschland, nicht gerade als Gründerparadies bekannt, lassen sich Beispiele finden: René Marius Köhler schmiss die Schule ohne Abschluss nach der zehnten Klasse, heute ist er noch keine 30 Jahre alt und erwirtschaftet mit seiner Firma Internetstores AG mit rund 120 Mitarbeitern über 30 Millionen Euro Umsatz.
    Ja, natürlich gibt es erfolgreiche Unternehmer, die die Schule mit Einser-Abi abgeschlossen und eine Promotion
summa cum laude
abgeschlossen haben. Aber ich glaube trotzdem, nachdem ich viele |205| Unternehmer kennenlernen durfte, dass Angepasste, Duckmäuser, Ja-Sager und Buckler es zum einen leichter haben, zu guten Schulnoten zu kommen und zum anderen schwerer haben, im Berufsleben überdurchschnittlich erfolgreich zu sein.
    Außer der Anlage zum Regelbruch gibt es häufig noch einen anderen Unterschied. Erfolgreiche Andersticker ordnen ihre Handlungen Werten unter – nicht Zielen. Erst daraus entsteht der unbändige Wille, der nötig ist, um Probleme zu lösen und sich große Lebensziele zu setzen und zu erreichen, die auf dem Weg zur Erfüllung der Vision liegen. Herbert von Karajan, auch ein Andersticker, sagte: »Wer all seine Ziele erreicht, hat sie zu niedrig gewählt.« Anstatt von der Angst geleitet zu sein, vielleicht zu scheitern, treibt

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