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Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen

Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen

Titel: Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Scherer
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sie die Angst, vielleicht nicht das gelebt zu haben, was ihnen wirklich wichtig ist im Leben.
    Nein, es geht dabei auch nicht um das Geld. Geld ist lediglich ein Symptom dessen, dass man etwas gut und leidenschaftlich macht. Es ist eine gute Messgröße für Erfolg. Mehr nicht.
    Das, was Menschen wirklich antreibt im Leben, ist entweder Freude auf oder Angst vor etwas. Es gibt keine andere Variante. Und ich neige dazu, zu glauben, dass Angst ein noch viel stärkerer Antreiber ist als die Freude. Oder anders gesagt: Die meisten Menschen kommen in den Himmel, weil sie der Hölle entkommen wollen. Ich war mit den besten, beeindruckendsten, charismatischsten Typen im Seminar – und das waren genau diejenigen, die die größten Sorgen und Ängste hatten. Wenn sie damals bei einem unserer »Sorgenabende« davon berichteten, standen uns allen beim Zuhören die Tränen in den Augen. Ich erinnere mich beispielsweise an eine wahrhaft tolle Frau, die für uns alle mit ihrer Lebensleistung Vorbild war, die ihre Werte lebte, sich enorme Ziele steckte und sie erreichte. Eines Abends berichtete sie uns von ihrem Sohn, von seiner Hirnoperation, von seinem offenen Schädel, wo ein Ventil drin ist, damit man permanent das Hirnwasser ableiten konnte. Das war noch nicht alles, es war eine furchtbare Leidensgeschichte. Die dazu geführt hatte, dass sie einen unglaublichen Reifeprozess durchlaufen hatte. Ein Leben voller Sorgen, aber ein großes Leben.
    Vielleicht ist sogar jede Vision eine verkappte Angst, wer weiß.
    Vielleicht ist sogar jede Vision eine verkappte Angst, |206| wer weiß. Auch im Kleinen funktioniert das, so wie bei mir zum Beispiel. Seit meinem Schuldendilemma habe ich große Angst, kein Geld mehr zu haben. Und verrückterweise lässt das nicht nach. Ich habe auch furchtbare Angst, vor Publikum zu versagen – so wie bei meinem ersten Vortrag. 700 Leute waren zu Beginn im Raum und empfingen mich mit warmem Applaus. Nach einer Stunde waren es noch 300. Und die applaudierten nicht mehr. So etwas will ich nie wieder erleben. Mein Ego hat sich erst Jahre später davon erholt. Aber dieses Trauma hat mich nicht daran gehindert, eine Karriere als Redner zu starten und mittlerweile darin besser zu sein als die meisten. Für meinen eigenen Anspruch bin ich noch immer nicht gut genug, noch lange nicht, aber genau das ist eine solche Vision.
    Thomas Alva Edison, ein Mann, der das Gesicht des Planeten verändert hat wie kaum ein anderer, antwortete auf die Frage, was ein Genie ausmacht, trocken: »1 Prozent Inspiration. 99 Prozent Transpiration.« Wer einmal sein Winterhome in Fort Myers Florida in den Vereinigten Staaten besucht hat, bekommt einen kleinen Eindruck, was außer genialen Ideen nötig ist, um es neben Jahrhundert-Erfindungen wie Glühbirne, Telegramm und Schreibmaschine auf 1093 Patente zu bringen.
    Lichterfinder wird, wer die Nacht fürchtet.
    Seine Werkstatt ist ein Labyrinth von Werkzeugen, Versuchsaufbauten, Messanordnungen und Arbeitsplätzen. Das Labor sieht aus, als hätten hier 30 Menschen Tag und Nacht gearbeitet. Doch außer ihm war da niemand. »There is no organization. I am the organization«, beantwortete er die Frage nach der Formel, mit der er seinen Kosmos geschaffen hatte. Woher kommt eine solche Kraft? Edison hatte Angst im Dunkeln. Lichterfinder wird, wer die Nacht fürchtet.
    Heilende Bilder
    Eine Ratte huscht durch welkes Laub über verrottetes Parkett. Der Putz über der Fußleiste platzt in großen Blasen von einer Wand und gibt die nackte Backsteinmauer frei. Eine Schabe streckt ihre Fühler |207| hinter dem zerbrochenen Drehknopf des Gaslichtes hervor. Lacksplitter spritzen zu Boden, als sich die Dielentür knarrend öffnet. Ein Mann steckt den Kopf herein und betritt eine gespenstische Bruchbude.
    Als er die zerfallenen Stufen der Treppe betritt, greift er in die Luft. Auf dem Weg nach oben lässt er die Hand einen Handlauf emporgleiten, der schon längst verfault ist. Oben angekommen betritt er einen leeren Raum. Nur ein verrostetes Rohr ragt aus der Wand, von der die Tapete in großen Fetzen zu Boden hängt. Er greift über seinen Kopf und zieht die Hand durch die Luft, als würde er einen Schrank öffnen. Wieder greift seine Hand ins Leere, dann bewegt sie sich über das Rohr, dreht an der Stelle im Nichts, wo der Rost vor 15 Jahren schon den Hahn abgefressen hat, und führt seine Hand darunter, als würde er ein Glas mit Wasser füllen. Er trinkt.
    »Du kannst es dir vorstellen. Also

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