Glücksklee
ordentlich gewachsen.»
«Ich weiß.» Automatisch blickte Nina auf Jess’ Bauch, aber natürlich war da noch nichts zu sehen, es war viel zu früh. «Wie geht es dir denn? Ist dir morgens schlecht? Ich habe das jetzt mehr oder weniger hinter mir, aber eine Zeitlang habe ich schrecklich darunter gelitten.»
Jess wandte den Blick ab. «Nee, ich merke überhaupt nichts. Ich gehöre wohl zu denen, die Glück haben.»
«Das scheint mir auch so. Und da wir gerade von Glückspilzen sprechen, wie geht’s Brian? Ich mag ihn wirklich gern, weißt du. Er war auf eurem Fest so nett zu mir.»
«Brian geht’s gut.» Als Jess ihren Mann erwähnte, veränderte ihr Tonfall sich unüberhörbar. Nina spitzte die Ohren, doch Jess wechselte sofort das Thema. «Und konntest du alles erledigen?», fragte sie.
Nina nickte. Bei diesem neuen Gesprächsthema allerdings wurde ihr jetzt selbst mulmig. «Im Grunde ja.»
«Hattest du einen Arzttermin oder so?»
Nina verließ der Mut. «Äh, nein … ich war bloß … einkaufen.»
«Wirklich?», fragte Jess, und Nina erkannte, wie dumm diese Lüge war. Jess musste ja aufgefallen sein, dass sie keine Einkaufstaschen bei sich hatte.
Beide Frauen schwiegen ein Weilchen, bis Nina schließlich seufzte. «Ach was, ich hab gar nicht eingekauft.»
«Das habe ich mir schon gedacht», sagte Jess mit einem Grinsen. «Aber lass nur. Ich habe bloß Konversation gemacht und wollte dich nicht ausfragen oder meine Nase in deine Angelegenheiten stecken.»
«Nein, nein, ist schon gut. Eigentlich ist das sogar der Grund, weswegen ich dich angerufen habe. Ich möchte gerne mit jemandem darüber sprechen. Ja, ich hatte einen Termin, aber nicht beim Arzt.»
«Ach so.»
Nina seufzte wieder. «Du wirst ganz schlecht von mir denken, aber ehrlich gesagt, ich glaube, ich war nicht ganz klar im Kopf.»
«Das bezweifle ich!», widersprach Jess. «Du meine Güte, wir haben doch alle mal ganz spontan etwas gemacht, was wir später bereut haben», fügte sie geheimnisvoll hinzu.
Während Nina ihr Erlebnis in der Vermittlungsstelle schilderte, entspannte sie sich ein wenig, so erleichtert war sie, dass sie sich ihrer Freundin anvertrauen konnte. Vielleicht war das ein Teil des Problems: So vieles hatte sie in letzter Zeit bedrückt – der Stress wegen der Situation mit Steve, das schlechte Gewissen, dass sie ihrer Mutter etwas verschwieg, und dann die bevorstehende Entscheidung. Ein wenig Abstand von sich selbst war vielleicht genau das, was sie brauchte.
Jess wirkte nachdenklich. «Am meisten quält dich also, dass du das Baby nie wiedersehen wirst, wenn du es zur Adoption freigibst – und dass du in seinem Leben keine Rolle spielen wirst, oder?», fragte sie, als Nina ihren Bericht beendet hatte.
Nina nickte. «Ja, das ist es im Prinzip.»
Jess holte tief Luft. «Weißt du, ich bin vielleicht genau die Richtige für so ein Gespräch, aber bevor wir weiterreden …» Sie machte eine Pause. Ihr Gesicht war ernst. «Ich habe selbst etwas, was ich loswerden möchte.»
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Kapitel 29
Als Ruth in Los Angeles landete, war sie vor lauter Grübeln ganz erschöpft. Stundenlang hatte sie alle möglichen Gedanken gewälzt, und jetzt hatte sie es eilig, die Maschine zu verlassen, damit sie sich auf etwas anderes konzentrieren konnte.
Sie freute sich natürlich darauf, nach Hollywood zurückzukehren und von Erik und den Produzenten zu erfahren, welche wunderbaren Projekte auf sie warteten. Nichtsdestotrotz nagte etwas an ihr. Eine innere Stimme hielt ihr vor, dass sie vielleicht wieder einmal die falsche Wahl traf.
Entschlossen, diese Stimme zu ignorieren, konzentrierte sie sich auf ihre Ankunft. Diesmal würde sie nicht den gleichen Fehler machen wie im Frühsommer auf dem Flughafen von Dublin. Sie hatte alles Notwendige im Handgepäck – darunter auch reichlich Make-up und Kleidung zum Wechseln. Vor allem aber hatte sie seit Ewigkeiten keinen Alkohol mehr angerührt, sodass sie heute keinen Kater hatte. Nein, diesmal würde sie einfach umwerfend aussehen, wenn sie aus dem Flieger stieg.
Ruth spürte, wie sich in ihrem Bauch etwas regte, und legte die Hände darauf. Sie stellte sich vor, dass ihr Kind irgendwann einmal auf den Fotos von diesem Tag sehen würde, wie seine Mummy triumphierend das Flughafengebäude verließ, auf dem Weg zu ihrem Agenten, um über die Filmrolle ihres Lebens zu sprechen. Als sie lächelnd über ihren Bauch strich, spürte sie weitere Bewegungen.
«Aua!»,
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