Glücksklee
Paparazzi auf der Lauer. Nein, sie würde Chloe bitten müssen, ihr etwas zum Anziehen zu bringen.
Ruth ließ den Kopf zurück aufs Kissen sinken und schloss die Augen.
Allmählich fielen ihr noch mehr Einzelheiten vom gestrigen Abend ein. Troy hatte sich seinen Ruf als Playboy wahrlich verdient. Der Sex war unglaublich gut gewesen, und Ruth fühlte sich merkwürdig befriedigt – aber gleichzeitig war sie auch ein bisschen verlegen.
Und noch etwas anderes quälte sie, ohne dass sie es richtig zu fassen kriegte. Was war nur mit ihr los? Es gehörte absolut nicht zu ihren Gewohnheiten, mit anderen Schauspielern ins Bett zu gehen, schon gar nicht mit Männern wie Troy. Aber es war eine so aufregende, berauschende Nacht gewesen und hatte sich irgendwie … richtig angefühlt. Und es war ja nicht so, als ob –
Schlagartig setzte Ruth sich auf. Plötzlich wusste sie, was an ihr genagt hatte. Und mit einem Mal waren die angenehmen Träumereien wie weggeblasen. Ruth begann, schwer zu atmen. Ach du lieber Gott!
Sie sprang aus dem Bett und erfasste mit einem Blick die Überbleibsel der vergangenen Nacht: leere Champagnerflaschen, zerwühltes Bettzeug, ihr Portemonnaie, sein Handy … und das Kondom.
O Gott, plötzlich fielen ihr alle Details wieder ein: Wie er sich auf ihr bewegt hatte. Wie sie gelacht und die Beine fest um ihn geschlungen hatte, als könne sie nicht genug von ihm bekommen. Wie das Kondom geplatzt war. Wie sie beide kurz innegehalten und dann trotzdem weitergemacht hatten …
Ruth spürte, wie ihr die Galle hochkam. Sie sauste ins Bad und betrachtete sich voller Entsetzen im Spiegel. Die leuchtende Göttin von gestern Abend war längst verschwunden. Mascara und Lippenstift waren über ihr Gesicht verschmiert. Das stumpfe Haar hing in wirren Zotteln herunter, und sie spürte einen klebrigen Schweißfilm auf der Haut. Sie stützte sich auf den Marmorwaschtisch und drehte das Wasser an. Während sie sich das Gesicht wusch, wiederholte sie das immer gleiche Mantra: Das kann nicht wahr sein! Es ist nicht wahr. Es ist nichts passiert. Nicht jetzt, nicht nach der letzten Nacht, nicht mit Troy.
Ruth unterdrückte ein Schluchzen. Sie musste hier weg, und zwar schnell.
Leise schlich sie ins Schlafzimmer zurück und schlüpfte in einen der luxuriösen weißen Frotté-Bademäntel, die vom Hotel gestellt wurden. Troy schien immer noch fest zu schlafen.
Behutsam holte Ruth ihr Handy aus der Handtasche und trat auf den Balkon.
Gleich beim ersten Klingeln ging ihre Assistentin dran. «Chloe, hier ist Ruth. Du musst mir was zum Anziehen ins Chateau Marmont bringen. So schnell wie möglich, bitte.»
«Alles in Ordnung?» Die Besorgnis in der Stimme ihrer Assistentin war unüberhörbar. «Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Auf der Party warst du plötzlich verschwunden, und dein Flug geht doch heute, und ich …»
«Ich weiß. Bitte, mach einfach schnell, ja?» Ruth schaute auf ihre Armbanduhr. Am liebsten hätte sie geweint. In ein paar Stunden musste sie im Flugzeug nach Dublin sitzen. So ein verdammter Mist.
«Klar, aber wie bist du denn bloß im Chateau Marmont gelandet?»
Ruth biss sich auf die Unterlippe. «Ich habe, na ja … jemanden kennengelernt.»
«Kenne ich ihn auch?», neckte Chloe sie, und ihre spielerische Art beruhigte Ruth ein wenig. Als wolle ihre Assistentin andeuten, dass echte Hollywood-Stars ständig in solche Situationen gerieten.
«Na ja … irgendwie schon, es ist Troy Valentine», gestand sie voller Unbehagen, doch gleichzeitig war sie auch irgendwie stolz.
Wie erwartet reagierte Chloe beeindruckt. «Troy Valentine? Das ist ja toll! Klingt nach einer supertollen Nacht.»
Ruth zwang sich zu einem Lächeln. Ja, dachte sie, es wäre eine Wahnsinnsnacht gewesen, wenn nicht …
«Ja, war es auch», sagte sie knapp, «aber ich muss hier jetzt wirklich raus. Könntest du also bitte –»
«Kapiert», unterbrach Chloe sie. «Bin sofort da. Keine Sorge, deine Sachen sind schon gepackt. Wir kriegen dich rechtzeitig zum Flughafen. Und vergiss nicht, in die Manolos zu schlüpfen!»
Ruth schluckte ihre Tränen hinunter. Ihr wurde klar, dass sie diese Highheels nie mehr sehen wollte.
«Chloe, da ist noch was … Ich brauche noch was anderes.»
«Ja, klar. Was denn? Was kann ich tun?»
Ruth überlegte. Sie konnte Chloe doch vertrauen, oder? Doch, natürlich. Sie befanden sich hier in Los Angeles, und ihre lebenskluge Assistentin würde wahrscheinlich nicht mal mit der Wimper
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